Unglückskeks - Angermüllers achter Fall
verdutzt.
»Irgendwas hat schon den ganzen Abend nicht mit ihm gestimmt«, meinte Angermüller nachdenklich. »Na, ich werd ihn morgen mal fragen, was los war.«
Die Angst in Sophies Blick war wieder da. Hatte Marlene gedacht, diese Hürde sei vielleicht genommen, so wurde sie jetzt eines Besseren belehrt. In einer ruhigen Ecke am Ende der Promenade lieà sie sich auf einer Bank nieder, Sophie saà ihr im Rollstuhl gegenüber. Marlene umfasste die Hände der Freundin, die unablässig mit eindringlichen, aber nutzlosen Gesten durch die Luft fahren wollten.
»Mamma mia! Mamma mia! Marlene!«
»Wenn ich nur wüsste, wovon du sprichst, mein Schatz! Du glaubst nicht, wie gern ich dich verstehen möchte â¦Â«
Marlene spürte Verzweiflung in sich aufsteigen. Es war wirklich ein grausamer Streich, den das Gehirn ihrer Liebsten spielte, die genau wusste, was sie sagen wollte, aber von niemandem verstanden wurde. Sophie befreite ihre gesunde Hand aus Marlenes Griff und kramte zunehmend nervös in ihren Taschen herum, erst in denen der Hose, dann in den Jackentaschen. SchlieÃlich hatte sie gefunden, was sie suchte, und beförderte das kleine bunte Päckchen heraus, welches ihr der Mann vom Asia Imbiss am Vortag geschenkt hatte.
»Da! Marlene!«
»Du willst chinesisch essen gehen?«, fragte Marlene spontan und wusste zugleich, dass diese Assoziation völlig dumm war. Natürlich regte Sophie sich sofort auf.
»Nein! Marlene! Nein!«
Bleib wenigstens du ruhig, ermahnte Marlene sich selbst, überleg lieber, was diesen neuen Angstschub bei Sophie ausgelöst haben könnte. Im Grunde ging es los, nachdem wir Sven und Alex hier getroffen haben. Alex, den hatte Sophie ja schon am Sonntag bei Mirko gesehen. Da hatte sie keinerlei auÃergewöhnliche Reaktion gezeigt. Also blieb nur Sven, aber den kannte sie ja gar nicht. Das konnte es also auch nicht sein.
»Hör mir zu, Sophie: Gerade haben wir ja zwei ehemalige Mitschüler von mir getroffen. Alex, das ist der groÃe Dicke, den kennst du ja schon. Und Sven, der andere Mann â¦Â«
»Mann!«, bestätigte Sophie, nickte ungestüm und hielt den Glückskeks in die Höhe.
»Ja, Marlene! Mann, ja!«, wiederholte sie aufgeregt.
»Aha«, machte Marlene, »ich verstehe. Das meinst du also â¦Â«
In Wahrheit verstand sie überhaupt nichts, konnte Sophies Puzzle einfach nicht zusammenkriegen. Was hatte Sophie nun wieder mit diesem dämlichen Glückskeks? In Marlenes Kopf drehten sich die Gedanken. Deshalb dauerte es auch einen Moment, bis ihr etwas anderes auffiel.
»Sophie! Du hast schon wieder ein neues Wort gesagt! Du hast gesagt: Mann! Das ist doch toll!«
»Ja, Mann«, wiederholte Sophie ungerührt, die Marlenes Begeisterung wohl nicht so richtig nachvollziehen konnte.
»Es hat lange gedauert, aber jetzt fängst du wieder an zu sprechen, Sophie! Langsam, Wort für Wort, aber es kommt. Ich freu mich so! Wollen wir jetzt erst mal was essen gehen, ja, Schatz?«
Ihre Freundin nickte, aber an ihrem aufmerksamen Blick erkannte Marlene, dass diese nicht zufrieden war. Sophie ahnte natürlich, dass Marlene immer noch nicht verstanden hatte, was sie ihr so eindringlich zu erklären versucht hatte.
Nachdem sie sich doch gegen ein Abendessen auf der belebten Dünenmeile entschieden hatten, waren sie nach Haffkrug gefahren. Mit etwas Glück fanden sie dort noch einen Tisch auf der windgeschützten Terrasse eines für seine feine Fischküche bekannten Restaurants. Marlenes Appetit hielt sich in Grenzen angesichts des nach wie vor ungelösten Rätsels zwischen ihnen beiden, und sie bestellte nur eine Vorspeise. Das Heringscarpaccio mit Honig-Dillmarinade und Rote Bete-Salat schmeckte köstlich, und auch Sophie, die eine kleine Portion gebackene Stinte mit Kartoffel-Apfel-Salat gewählt hatte, schien sehr zufrieden. Für eine kurze Zeit herrschte harmonische Ruhe, die Freundinnen genossen das Essen, den milden Abend und den Blick auf die Ostsee.
Wieder in Grootmühlen angekommen, drehte Marlene ihre mittlerweile schon routinemäÃige Kontrollrunde ums Haus, ohne irgendwelche UnregelmäÃigkeiten festzustellen. Sophie war zwar unruhig, schien aber nicht weiter mit Marlene an ihrem Problem knobeln zu wollen und zog sich nach drinnen vor den Fernseher zurück.
»Hallo, Mirko! Sag mal, hättest du vielleicht
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