Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition)
herum. Er sah aus, als wäre er am liebsten sofort abgehauen.
„Nein, kann ich nicht“, sagte Joe sauer. „Aber bevor du irgendwelche falschen Schlussfolgerungen ziehst, solltest du noch einige Dinge wissen. Versuch bloß nicht, uns zu töten. Wir stehen unter dem Schutz des Pentagramm-Rituals!“
Bill sah, wenn das überhaupt möglich war, noch wütender aus und entfernte sich rasch ein paar Schritte von Joe und Michael.
„Und dein Hass gilt den Falschen! Wir sind alle Opfer eines Komplotts, geschmiedet in unseren eigenen Reihen! Findest du es nicht seltsam, dass all diese Dinge auf einmal geschehen? Das Auftauchen einer möglichen Lilie, die Zerstörung der Ordenshäuser und dann dieser verdammte Krieg?“
„Worauf willst du hinaus?“, fragte Bill und verschränkte die Arme. „Dass das etwa alles so geplant war?“
„Mit Sicherheit“, antwortete Joe.
„Dann gibst du also zu, dass ihr uns von Anfang an getäuscht habt?“
„Nicht wir. Aber einer der Unseren, ja.“
Michael war nicht wohl dabei, in welche Richtung sich diese hitzige Diskussion entwickelte.
„Hör zu, Bill“, meinte Joe nun etwas ruhiger. „Wir sollten für einen Augenblick unsere alte Feindschaft vergessen. Ich denke, wir haben einen gemeinsamen Feind.“
„Das bedeutet nicht, dass der Feind meines Feindes mein Freund ist“, knurrte Bill.
„Verdammt noch mal!“, schrie Joe. „Vergiss endlich unseren albernen Streit, hier geht es um mehr als um Rache! Wir haben große Probleme und du solltest wissen, dass du diesen Krieg nicht gewinnen kannst! Nicht, wenn die Vampire einen Venusgeist auf ihrer Seite haben!“
„Und Kyra“, fügte Michael hinzu.
„Und Kyra!“, ergänzte Joe hitzig. „Wir stehen nicht auf Seiten des Sanguinariums! Wir wollen ebenso wie du, dass die Strigoi Vii vom Erdboden verschwinden!“
„Dass du das willst wundert mich nicht“, sagte Bill erbost. „Aber was ist mit Amelie? Ich bin sicher, sie wäre nicht amüsiert über einen solchen Verrat.“
Joe mahlte wütend mit dem Kiefer.
„Ich denke nicht, dass das jetzt noch eine Rolle spielt“, sagte er. „Allein unser Erscheinen hier ist schon ein Verrat. Für uns gibt es nun kein Zurück mehr.“
Bill musterte ihn mit zu Schlitzen verengten Augen.
„Warum seid ihr hier?“, fragte er eindringlich.
Joe warf einen Blick auf Patrick und Bill verstand diesen Wink sofort.
„Du kannst gehen, Patrick“, sagte er. „Und ich möchte nicht, dass uns jemand stört. Haltet weiterhin Ausschau nach seltsamen Vorkommnissen.“
Patrick verbeugte sich und verließ dann den Raum, während Bill sich hinter seinen Schreibtisch setzte und die Fingerspitzen aneinander legte.
„Ich höre. Und wehe, es ist nicht wichtig!“
Mürrisch bot er ihnen zwei Stühle an, die sie an den Tisch heran zogen und sich setzten. Michael knetete nervös die Hände im Schoß und blickte sich nach etwaigen Fluchtwegen um.
„Also“, sagte Joe in geschäftsmäßigem Ton. „Dieser Krieg, dieser ganze Komplott, die Zerstörung eurer Orden und das Erscheinen dieses Mädchens ... ich denke, das wurde alles von langer Hand geplant. Es kann einfach kein Zufall sein, dass all diese Dinge auf einmal passieren, denn es gibt einige Ungereimtheiten.“
„Und die wären?“, fragte Bill fordernd.
Joe lehnte sich weit nach vorne, wobei Bill in seinem Stuhl ein wenig zusammensank.
„Zum einen hat es mich von Anfang an stutzig gemacht, dass Marius seine angebliche Lilie nach der Verwandlung alleine ließ. Das ist nicht üblich und obendrein noch gefährlich. Wenn sie wirklich seine Lilie wäre, hätte er doch alles daran gesetzt, sie an seiner Seite zu haben und sie entsprechend seinen Vorstellungen zu erziehen, nicht wahr?“
„In der Tat“, sagte Bill langsam. „Auch ich muss gestehen, dass ich verwundert war, als Amelie ein Mitglied ihrer Sippe in unsere Hände gab. Und dann ausgerechnet ein Mädchen, welches die Lilie des letzten Ältesten sein sollte.“
„Und damit kommen wir gleich zu Punkt zwei! Was für ein unglaublich dummer Fehler, eine Lilie in die Obhut von Menschen zu geben, die alle doch nur ihren Tod im Sinn haben! War es nicht sonnenklar, dass Kyra an so einem Ort nichts
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