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Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition)

Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition)

Titel: Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.M. Nightingale
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Haut benetzen. In der Ferne konnte sie die Lichter einer Stadt erkennen.
         „Wieder wach?“
         Kyra wirbelte erschrocken herum. Sie hatte nicht gemerkt, dass Marius direkt hinter ihr stand.
         „Wie -“
         „Das ist nicht wichtig“, sagte Marius. „Es gehört zu meiner Natur, mich leise wie ein Schatten zu bewegen.“ Er trat an sie heran und musterte sie mit einem merkwürdigen Ausdruck. „Möchtest du trinken? Die vergangene Nacht hat dich viel Kraft gekostet.“
         „Ich ... nein, ich brauche nichts“, antwortete Kyra leise. „Ich habe erst vor kurzem getrunken...“
         Marius lachte und Kyra wusste nicht, ob er sich über sie lustig machte.
         „Ich weiß. Ich kann es riechen. Fremdes Blut in deinem Körper...“ Marius trat ganz nah an sie heran und schnupperte an ihrem Hals. „Freiwillig gegeben. Eines solltest du unbedingt wissen, mein Kind: Freiwillig gegebenes Blut schmeckt nur dann unwiderstehlich, wenn du alles an dich nimmst. Ich möchte dir ein Geschenk machen. Ich, dein Erschaffer, möchte dir mein Blut geben. Du wirst feststellen, dass es für dich nichts Vergleichbares auf der Welt gibt.
         Er trat einen Schritt zurück und lächelte. Kalte Schauer jagten Kyra über den Rücken. War es Angst? Aufregung? Sie wusste es nicht. Aber aus einem ihr undefinierbaren Grund wollte sie Marius gefallen. Sie wollte tun, was auch immer er verlangte.
         „Hier“, sagte er, rollte seinen Ärmel zurück und schnitt sich mit dem Daumennagel eine tiefe Wunde in die Pulsadern. „Trink.“
         Kyra betrachtete das dünne Blutrinnsal. Sie fürchtete sich ein wenig. Sie konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, wie Marius' Blut bei ihrer Verwandlung geschmeckt hatte, doch sie wusste noch genau, dass es in ihrer Speiseröhre gebrannt hatte wie flüssiges Feuer.
         „Du brauchst dich nicht zurückzuhalten“, sagte Marius und hob seinen Arm auf ihre Mundhöhe. „Mit jedem Tropfen meines Blutes wirst du stärker. Trink.“
         Kyra nahm seinen Arm in die Hände, zögerte jedoch.
         „Ich biete es nicht jedem an“, sagte Marius mit Nachdruck. „Trink es. Es wird dir neue Stärke verleihen, um dich an jenen zu rächen, die dich verletzt haben.“
         In tiefen Atemzügen sog Kyra den Duft des Blutes ein, dann öffnete sie die Lippen und schlug ihre Fangzähne in Marius' Arm. Er zuckte kaum merklich zusammen, als sie ihm gierig das Blut aus den Adern sog, lächelte dennoch zufrieden beim Anblick ihrer glutrot aufblitzenden Augen. Für Kyra war der Geschmack überwältigend. Ohne nachzudenken klammerte sie ihre Krallen in Marius' Haut und biss ihre Zähne so tief in sein Handgelenk, dass sie Sehnen und Fleischfasern durchtrennte und ihr das dunkelrote Blut in Strömen über das Kinn lief. Marius stöhnte und fletschte die Zähne, doch er ließ sie gewähren und wehrte sich nicht. Kyra konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, so sehr vernebelte ihr das Blut die Sinne. Nach einer Weile jedoch streckte Marius eine zitternde Hand nach ihr aus und riss seinen Arm von ihr los.
         „Genug jetzt“, sagte er bebend. „Das reicht.“
         Kyra atmete heftig und wischte sich den Mund, während ihr Blick auf Marius' Arm fiel, der rasch heilte und keine Anzeichen einer Verletzung hinterließ.
         „Du bist zu übermütig“, sagte er. „Zügle deine Begierden.“
         „Entschuldigung“, sagte Kyra tonlos, obwohl es ihr nicht Leid tat.
         „Du musst dich nicht entschuldigen. Dein Verhalten ist nur natürlich. Verleugne dich nicht selbst.“
         Kyra war froh, zur Abwechslung einmal nicht angeherrscht zu werden, weil sie das Bluttrinken genoss und lächelte. Sie fühlte sich unbeschreiblich gut und klar, spürte, wie die Energie in jede Zelle ihres Körpers drang und sie neu belebte. Eine seltsame Kraft hatte von ihr Besitz ergriffen, durchströmte ihre Venen und ließ sie erbeben. Das Gefühl war atemberaubend.
         „Du hast Fragen, nicht wahr?“, sagte Marius. „Ich werde versuchen, dir so viel zu sagen, wie es mir möglich ist.“
         Kyra überlegte angestrengt. Es stimmte, sie hatte sehr viele Fragen, doch wo sollte sie nur anfangen? Marius hob sie an den Hüften hoch und setzte sie auf der Balkonbrüstung ab.
         „Frage“, sagte er auffordernd.
         „Nun“, begann sie schüchtern. „Vielleicht zuerst ... Warum ich?

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