Unheimliche Begegnungen (German Edition)
zu:
„Du Dreckskerl, jetzt werden wir abrechnen!“
Er legte die Armbrust an und zielte auf Vinc. Seine Frau, die Alte vom Sauermilchfass, war hinter ihm aus dem Haus gekommen. Sie schrie vor Angst laut auf und griff nach der Armbrust.
„Was willst du tun?“, jammerte sie. „Du wirst ihn doch nicht ermorden wollen?“
„Schweig! Pack dich fort!“, schrie er und gab ihr einen solchen Stoß, dass sie zur Erde fiel.
Er setzte die Armbrust erneut an.
Vinc wusste, er hatte keine Chance mehr dem Geschoss der Armbrust auszuweichen.
Doch plötzlich wankte der Wirt hin und her. Er drehte sich um und da bekam er einen erneuten Schlag, aber diesmal ins Gesicht. Er hätte wie der Erste auch eigentlich seinen Hinterkopf treffen sollen. Zubla war unbemerkt mit einem Pflock in den Händen hinter ihn geschwebt. Er hatte zugeschlagen, nachdem sie die Not Vincs erkannt hatte. Vinc war trotz des Überraschungseffekts mehr als erstaunt, denn das Zubla die Eigenschaft des Schwebens hatte, wusste er noch nicht.
Dem Wirt fiel die Armbrust auf den Boden, er schlenkerte mit den Armen fluchend hin und her und brüllte: „Habt ihr gesehen, dass er auf mich eingeschlagen hat? Er ist ein Mörder. Ergreift beide, nehmt sie gefangen!“
Die Personen, an die er den Befehl gerichtet hatte, blieben ohne Regung stehen.
„Ihr wollt ungehorsam gegen euren Herrn sein?“, rief er noch zorniger. Er wendete sich an Vinc: „Ich werde dich töten lassen, der du meine Leute aufhetzt.“
Aus seiner gebogenen Nase, die noch etwas krummer durch den Schlag geworden war, tropfte Blut. Die Augen nahmen inzwischen eine dunkelbläuliche Färbung an.
„In meiner Gegenwart lasse ich nicht solche Brutalität gegen Mädchen zu“, antwortete Vinc.
„Pah, Weibsbilder“, sagte der Wirt und spuckte verächtlich auf den Boden.
Zu seinen Leibeigenen wendend, fuhr er fort:
„Ich warne euch, sie ja nicht fortzulassen. Ich komme gleich wieder!“
„Du willst wohl aus dem nahen Ort Wachen holen?“, fragte Vinc, der vermutete, dass es eine Ortschaft in der Nähe geben musste, denn sonst hätte die Gaststätte in der Reichweite des Moors wohl keinen Sinn.
„Ja, ich übergebe dich den Wachen, die dir zeigen wie schön wohnen im Verlies ist.“
„Hole sie doch! Wir warten mit Vergnügen. Du brauchst diese Leute nicht als Wächter einsetzen. Wenn wir gehen wollten, würden wir uns von ihnen nicht aufhalten lassen. Aber wir werden bleiben, um dir zu beweisen, dass du dich selbst auf dem Weg ins Verlies, befindest.“
Vinc wollte mit dem Satz ihn nur einschüchtern, doch er bewirkte nichts. Er wusste, sein Alter konnte Erwachsenen keine Furcht einflößen, geschweige denn Respekt. Aber durch seine Abenteuer, besaß er bereits die Reife eines Erwachsenen. Auch sein Reden passte sich inzwischen dem von Arganon an. Seine Wortwahl entsprach manchmal sogar ungewöhnlichen Stils, sich dem des Mittelalters angleichend.
Der Wirt eilte durch Schmutz und Kot zum Tor hinaus.
Vinc aber öffnete die Tür, hinter der das Mädchen verschwunden war. Zubla trat mit ihm ein. Sie sahen einen Aufbewahrungsort für Ackergeräte und ähnlichen Werkzeugen.
Das Mädchen saß weinend und vor Schmerzen zusammengekauert auf einem Strohhaufen.
Vinc wollte einige Fragen stellen, fühlte sich aber von hinten gepackt. Er dachte zunächst, Zubla wollte ihn davon abhalten die Verletzte in ihrem Zustand mit Fragen zu quälen, doch als er sich umdrehte, sah er die Frau vom Wirt, die ihn zurückzuzerren versuchte. Sie schien die Mitteilungen des Mädchens zu fürchten.
„Was hast du hier zu suchen?“, fragte sie. „Heraus mit dir!“
„Nein, sondern hinaus mit dir!“, herrschte Vinc sie mit grimmigem Ton an.
Sie fuhr erschrocken zurück und rief:
„Du bist ein richtiger Menschenfresser!“
„Ja“, antwortete Vinc, „ich habe schon viele Männer und Frauen gefressen, du aber bist mir nicht appetitlich genug!“
Sie war abgeschreckt und flüchtete hinaus. Vinc aber blieb ein Wort ungeklärt in seinem Gehirn haften. Menschenfresser war eigentlich ein irdisches Wort und auf Arganon wohl nicht bekannt. Aber darüber machte er sich im Moment keine weiteren Gedanken.
„Du siehst, dass ich dir helfen will“, sagte er zu dem Mädchen, „aber du musst mir sagen, warum dein Herr dich so schrecklich züchtigte.“
„Wenn ich dir es sage, wird er mich noch mehr schlagen lassen“, antwortete sie.
„Wir werden dafür sorgen, dass er es nicht tun kann. Wer war der Fremde,
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