Unheimliche Begegnungen (German Edition)

Titel: Unheimliche Begegnungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Vehler

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werde nicht mit dir kommen, sondern zurück zu meinem Domizil kehren. Eine Begleitung bei diesem hohen Risiko wäre unverantwortlich, das ist mir inzwischen klar geworden. Das Tor zur Unendlichkeit würde eines Tages für jeden offen stehen, auch für die Armee der Finsternis. Ich werde dir den Eingang zur Erde noch einmal öffnen.“ Er sah sie wieder an und stellte eine bedauernde Miene fest. Sie merkte seine Enttäuschung und meinte tröstend: „Ich hätte dich gerne begleitet. Wäge aber das Risiko für Arganon ab. Auch fremde Mächte aus der Unendlichkeit könnten eindringen. Meine Aufgabe ist es, den Eingang zu schützen.“
    Er nickte: „Du hast recht.“ Aber seine Einsichtigkeit hatte ihre Grenzen. „Warum versprachst du erst Hilfe und dann deine spontane Umkehr?“
    „Weil ich durch das Feuer, das mir die Energie aussaugte, gewarnt wurde.“
    „Wie aber komme ich ohne deine Hilfe zurück nach Arganon?“, fragte Vinc verzweifelt.
    „Gar nicht. Ohne deinen Geisterdolch wirst du als ewiger Geist auf der Erde weilen müssen. Nur der Dolch kann dich zurückbringen. Wenn du einmal den Eingang durchschritten hast, gibt es keine Rückkehr.“
    Vinc wurde wieder misstrauisch, was er auch in Worte fasste: „Erst lotst du mich hierher und dann lässt du mich im Stich? Bist du überhaupt Liberia? Soviel ich weiß, kann der Herr der Finsternis auch jede Gestalt annehmen.“
    Er merkte, wie sie plötzlich hektisch wurde und wie sie eine Handbewegung zu der Steinwand machte, die sich öffnete.
    „Geh!“, befahl sie. „Gehe schnell, bevor sich das Tor wieder schließt!“
    „Warum so eilig?“, wollte Vinc noch fragen, aber dann sah er sie nicht mehr. Er schwebte plötzlich vor einem glühenden Abgrund.
    Er spürte die unerträgliche Hitze. Jedoch einen Vorteil hatte die heiße aufsteigende Luft: Sie trug seinen gasförmigen Körper nach oben. Unten sah er die brodelnde Glut und oben den blauen Himmel. Er ahnte, wo er war. In einem Vulkan irgendwo auf der guten alten Erde. Er machte sich aber im Moment mehr Gedanken darüber, dass der Vulkan ausbrechen könnte, als darüber, wo er war. Doch der Vulkan blieb friedlich und die glühende Lava brodelte nur vor sich hin.
    Da Vinc bisher noch wenig Erfahrung als Geist hatte und seine Richtungssteuerung noch nicht vollständig beherrschte, ließ er sich zunächst von dem Auftrieb der heißen Luft lenken, um dann oben auf der Krateröffnung von herrschenden Winden davon getragen zu werden.
    Aber wie sollte er feststellen können, wo er war? Er überlegte, wie viele Vulkane auf der Erde noch tätig waren. Da fielen ihm die ein, die öfter im Fernsehen erwähnt wurden. Zugegeben, Geografie war in der Schule nicht gerade sein Lieblingsfach gewesen, sonst hätte er wohl alle im Gedächtnis, die von dem Lehrer genannt wurden. Wie sollte er zum Waldhaus kommen, wenn er nicht einmal seinen Aufenthaltsort kannte? Aber die Frage aller Fragen war, wie sollte er sich steuern können, wenn ihn immer wieder Luftströmungen und Winde zu einem Spielball machten?
    „Ich wollte, ich hätte das Problem gelöst“, sprach er zu sich. „Ich wollte, ich wäre am Waldhaus.“
    Da geschah etwas Seltsames. Kaum hatte er den Wunsch ausgesprochen, befand er sich genau an dem Ort, an den er sich gewünscht hatte.
    Vinc noch verblüfft, begriff plötzlich, was da vor sich gegangen war. Er konnte als Geist sich an jeden Ort wünschen. Erfreut wollte er ins Waldhaus eilen, doch die Holzwände boten ihm Widerstand.
    „Was soll das?“, fragte er sich. „Kann ich als Geist nicht durch Wände schweben?“
    Da fiel ihm der unterirdische Aufenthalt mit Liberia wieder ein, und dass sie ihm die Steinwand öffnen musste und er wusste nun auch, wieso er als Geist nicht mehr zurück konnte. Materielle Substanzen vermochte er nicht zu durchdringen, wahrscheinlich nur, wenn er den Geisterdolch besaß. Wie sehnte er sich jetzt nach der Hilfe von Liberia, die ihm die Tür hätte öffnen können.
    Da kam ihm der Zufall zur Hilfe. Die Tür ging auf und ein Junge stürmte heraus. Vinc hörte Jim rufen: „Wenn du Arsch noch einmal behauptest, ich sei so doof, wie ich lang bin, haue ich dich windelweich.“
    Vinc erkannte Jims Stimme. Er eilte, so schnell er konnte, in das Innere, denn das Auffinden der Seiten hatte den Vorrang. Vinc hatte Glück, dass es windstill war, sonst hätte er leicht abgetrieben werden können und damit den Eingang verfehlt.
    Im Inneren saßen die Mitglieder des sogenannten Klubs der