Unheimliche Begegnungen (German Edition)
Kenntnisse über die Beschaffenheit der Festung eindringen zu wollen, war ein Irrsinnsplan. Überhaupt, von welcher Festung sprach sie überhaupt. Damals als sie in den Abgrund der Liebe sprang, waren sie ja drinnen. Auf dem Berg des Todes. War das die Festung?
Vinc fasste sie an die Schultern und sah ihr tief in die Augen: „Ich kenne deine Tapferkeit, aber auch deinen sonst so scharfen Verstand, aber im Moment scheint er ermüdet zu sein. Was wissen wir denn? Wir müssen das Herz finden und die Geisterkinder und die Gruft, in der die Königin liegt. Wir sind in einer Gegend ausgesetzt worden, die wir nicht kennen. War das wirklich Marxusta?“
Auch Vanessa bekam Zweifel. Doch sie zeigte auf die Waffe und ihren Anzug: „Das hier beweist doch, dass er es war.“
„Und Tom? Kann er nicht genauso gut eine Geisel sein?“, fragte Vinc immer noch vollen Misstrauens und fasste sie fester an der Schulter.
Darauf konnte Vanessa auch keine Antwort geben.
„Du hast recht. Wir haben keine Beschreibungen der Gegend.“
Sie löste sich von seinen Händen. Sie hatte gehofft, er würde sie fest an sich drücken und küssen. Sie sehnte sich sehr nach seinen warmen Lippen, aber eine Liebesbezeugung wäre wohl in dieser gespannten Situation fehl am Platz, jedoch äußerst beruhigend, vielleicht für beide.
Er musste ihre Gedanken erraten haben, denn er fasste sie erneut und zog sie diesmal an sich. Er legte seine Wange an ihre und flüsterte die drei Worte, die sie schon längst vermisste: „Ich liebe dich.“
Sie spürte seinen Atem, der zart an ihrem Ohrläppchen hinunter strich. Es kam ihr vor, als habe sie mit ihm ihr erstes Rendezvous. Damals, als er sie das erste Mal in die Arme nahm, zitterte sie leicht, wie auch jetzt.
Kaum fähig zu antworten, sagte sie. „Ich dich auch.“
In diesem Moment gab es Augenblicke des Vergessens. Die Gegend erschien ihr nicht mehr so gefahrvoll. Es kam ihr in ihrer Seligkeit vor, als wäre es der schönste Ort der Welt, nachdem sich ihre Wangen voneinander lösten, er ihre Lippen suchte und sie lange küsste.
Sie hätten besser ihren Liebesbeweis an einem anderen Ort und zu einer anderen Zeit begehen sollen, denn sie brachten sich durch ihre Unachtsamkeit in höchste Gefahr.
An dem seltsamen Gebäude öffnete sich in der Hälfte eine etwa zwei Meter breite und ein Meter hohe Luke. Gelbes Licht leuchtete heraus, aus dem sich ein wurmartiges Gebilde formte. Wie eine aufgerichtete Schlange schwebte dieses Wesen auf sie zu, das den Umfang einer ausgewachsenen Boa, auch fast die Länge, hatte.
Sie sah auch einer ähnlich, nur dass sie nicht am Boden schlängelte, sondern in ihrer vollen Länge einige Meter darüber aufrecht schwebend auf sie zukam. Fortwährend blies sie gelbe Flüssigkeit aus dem Maul.
Vinc geschlossene Augen, denn auch er genoss den Kuss, waren zu dem Wesen hin gerichtet. Als er sie leicht öffnete, bemerkte er dieses Geschöpf auf sie zu schweben. Er schubste Vanessa, gröber als er wollte, zur Seite, sodass sie auf die Erde stürzte, er ließ sich ebenfalls fallen.
Verwirrt wollte sie ihn wegen dieser Grobheit tadeln, doch sie erblickte auch dieses seltsame Geschöpf und wie dieser gelbe Strahl, der wohl aus einer Flüssigkeit bestand, über ihn hinwegschoss und hinter ihm auf den Boden landete. Das in Saft stehende Gras vergilbte, um sich dann zischend aufzulösen. Sie wusste noch aus dem Chemieunterricht, dass dies nur eine Substanz konnte, das war Säure.
Zum Glück war diese Schlange schwerfällig und anscheinend konnte sie nicht kurz hintereinander die Flüssigkeit ausspeien.
Vinc überlegte nicht lange, sondern stand auf und zog Vanessa am Arm hoch und lief mit ihr in Richtung des Gebäudes. Sie konnten nicht rückwärts in den schützenden Wald, denn das Gebilde hatte ihnen dorthin den Weg verbaut.
Sie hatten das Gefühl, als treibe sie das speiende Ungeheuer zu diesem Bau. Wieder bildete sich aus dem Licht der Öffnung ein neues Wesen.
Sie wussten, hier half nur noch die wilde Flucht. Solange laufen, bis die Puste ausging.
Selbst wenn Vinc sie bekämpfen wollte, wurden es zu viele, es kamen stets neue hervor und zum anderen könnte er der Säure kaum standhalten. Vielleicht sein Anzug, aber auf keinen Fall seine verletzlichen freien Stellen. Von Vanessas Schutz ganz zu schweigen.
Irgendwann schafften sie es, dieses unheimliche Tal zu verlassen.
In diesem Land beunruhigten sie Überraschungen nicht mehr und die Urteilskraft über gefährliche
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