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Unheimliche Begegnungen (German Edition)

Unheimliche Begegnungen (German Edition)

Titel: Unheimliche Begegnungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Vehler
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zusammen, als das Flackern der Fackel den Schuppen ausleuchtete. Er erschrak, während er sich an die Helligkeit gewöhnt hatte. Vor sich sah er wieder den Richtklotz und auf ihm das Beil.
    Jetzt, da der Schuppen durch mehrere Fackeln ausgeleuchtet wurde, sah er dessen gesamtes Ausmaß. Ihm war nicht bewusst, dass er, als er das erste Mal hier war, diese große Ausweitung hatte.
    Vinc verstand die Welt nicht mehr, daher fragte er verwundert: „Willst du mich etwa köpfen?“
    „Die Strafe für Grabräuberei ist Kopf ab.“ Er lachte und die Stimme klang noch versoffener, als er befahl: „Los zum Klotz!“
    Vinc lachte.
    Irritiert fragte der Athlet: „Angesichts des Todes lachst du noch?“
    „Ihr könnt mich nicht köpfen, da ich ein Geist bin und Geister können nicht sterben.“
    Vinc wusste, wenn dieser Bluff schief ging, war es um sein Leben wirklich geschehen.
    Schweigen herrschte. Der Muskelmann schien mehr Masse in seinen Bizeps als im Gehirn zu haben, denn es dauerte einige Zeit, bis er zu der Antwort kam: „Richtig. Ich glaube, mein Herr und Meister möchte nicht, dass ich Geister köpfe. Nicht einmal Freude darf man haben.“
    Er gab den anderen den Befehl, ihm zu folgen. Sie verschwanden wie ein Spuk.
    Vinc überlegte. Er ging an die Wand, aber von einer Tür war nichts zu sehen. Aber Geister konnten es nicht gewesen sein, denn die hätte er ja nicht sehen können, zumal er ja keiner im Moment war. Er war auch nicht mehr gefesselt.
    Er dachte zunächst an eine Illusion, aber dass dies real stattgefunden hatte, erkannte er an den Fackeln, die den Schuppen noch ausleuchteten und auch an dem Richtklotz. Doch war er nicht wie auch damals wirklich nur eine Täuschung, um ihn aufzuhalten?
    Da nichts weiter geschah, schaute er nach einem Pickel und Schaufel. Er fand sie gelehnt an der Wand im Schuppen. So schnell, wie er konnte, verließ er diesen unheimlichen Ort.
    Draußen erhellte inzwischen der Stern die Nacht. Auf dem Weg zum Grab, in dem sie den Jungen beerdigt hatten, fiel ihm auf, dass etliche Grabstätten geöffnet waren. Ihm kam der Verdacht auf, dass hier keine Grabräuber am Werk waren, sondern irgendwelche Personen, die nach dem Dolch suchten. Jemand wollte verhindern, dass er gefunden würde. Wer hätte Interesse daran? Zunächst fiel ihm der Tyrann ein, doch er würde viele seiner Soldaten schicken und im Nu wären die Gräber geöffnet gewesen. Es konnten eigentlich nur Helfer des Herrn der Dunkelheit sein. Er hatte Interesse, den Dolch zu finden.
    Inzwischen hatte er das Grab entdeckt.
    Bis hierhin schienen die Sucher noch nicht gekommen zu sein.
    Der Leichnam des Jungen lag nicht tief, nur so weit unten, dass Tiere ihn nicht wittern und ausgraben konnten. Er fand denn auch den Dolch neben ihm liegen. Täuschte er sich oder lag um den Dolch ein blauer Schein?
    Aber wie sollte der Dolch ihm den Weg zum Seher weisen? Er hatte inzwischen das Gefühl, als sei er eine Marionette in einem grausamen Spiel. Aber wer zog an den Fäden?
    Wieder kamen ihm die Worte des toten Jungen in den Sinn: „Er wird dich finden.“
    Aber wie sollte er den toten Seher finden? Und wie sollte er mit einem Toten sprechen?
    Vinc schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn.
    „Bin ich blöde“, tadelte er sich. „Nicht dieser Dolch im Grab ist es, mit dem ich den Seher finden kann, sondern mein Geisterdolch.“ Er überlegte weiter: „Ich muss zu einem Geist werden, um mit Toten reden zu können.“
    Da kam ihn die Erleuchtung. So wünschte er sich wieder den Geisterzustand. Nachdem er den Geisterdolch gegen sich gerichtet und seinen Wunsch geäußert hatte, hörte er wieder den Gesang zarter Kinderstimmen. Wie einst wurden sie von einem Klang begleitet, als würden Finger am Rand von unterschiedlich gefüllten Weingläsern gerieben.
    Er sah Kinder um sich schweben. Ihre rauchigen Körper waren nicht von Wunden übersät, sondern heil, wie zu ihren noch frohen Tagen.
    Vinc sah den Jungen vor sich, den sie beerdigt hatten.
    „Ich danke euch. Ich bin bei meinen Freunden“, sagte er und schwebte näher zu Vinc, um weiter zu sagen: „Wir sind in großer Gefahr. Die dunklen Mächte wollen unser habhaft werden. Sie haben Helfer auf dieser Seite. Sie graben die Gräber auf. Sie wollen unsere Körper erwecken, denn sie brauchen uns, um die Armee wach zu bekommen. Du hast leere Gräber gesehen. Die Leichen werden an einen geheimen Ort gebracht. Dort werden sie durch das Blut Lebender wieder erweckt. Ein Tropfen

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