Unheimliche Begegnungen (German Edition)
laufen?“
Zubla erkannte, dass die Kinder den Eingang nicht sehen konnten. Aber warum nicht? „Vertraut mir! Lauft in den Fels!“
Doch sie zögerten. Plötzlich schlugen Pfeile neben ihnen ein. Sie wussten, ihr Leben hing nun an einem seidenen Faden.
Erschrocken rief Tom: „Lieber eine platte Nase als einen Pfeil im Arsch!“
Nicht nur er machte die Augen zu, als er auf den Felsen zulief, auch Vanessa und Vinc taten es.
„Stopp!“, hörten sie Zubla nach kurzer Zeit rufen. Als sie nicht reagierten, schrie er noch lauter: „Stehen bleiben! Da ist ein Abgrund!“
In der finsteren Höhle konnten sie nichts sehen, bedingt durch das Wechseln vom Tageslicht in die Dunkelheit. Doch die eindringliche Warnung des Kleinen gebot ihnen sofort Einhalt. Zublas Augen besaßen die Eigenschaft, trotz plötzlicher Veränderung der Lichtverhältnisse weiterhin in der Dunkelheit zu sehen.
Sie drehten sich geistesgegenwärtig um und machten einige Schritte zurück. Dabei sahen sie die Öffnung, durch die sie gekommen waren. Sie war nicht besonders hell, aber deutlich in ihren Umrissen. Als Silhouetten sahen sie einige Arlts. Durch die heftigen Armbewegungen folgerten sie, dass sie wild diskutierten. Für sie musste das Verschwinden wie ein Spuk gewirkt haben.
„Wenn die nun reinkommen?“ Es war nur eine Frage, die Vanessa ängstlich stellte, doch sie beschrieb ihre Situation, wobei sie nicht einmal beantwortet werden musste, denn die Antwort kannten alle.
„Sie sehen den Eingang nicht“, beruhigte Zubla.
„Wir sehen ihn doch auch“, gab Vinc zu bedenken.
Diesmal wunderte sich Zubla. Nach kurzer Überlegung hatte er eine Vermutung. „Weil es hier drin duster ist und auf der anderen Seite Helligkeit könnt ihr ihn sehen.“
„Genau, das Licht draußen macht ihn für uns sichtbar“, meinte Tom und sah in Richtung Vinc. Doch gegen seine Erwartung machte der Junge keine Bemerkung über seine Kombination. Er war zu angespannt, um seine Worte richtig in sich aufzunehmen. Ihn beschäftigte etwas ganz anderes. Die verzwickte Situation, in der sie sich befanden: hinter ihnen ein Abgrund und vor ihnen der Ausgang, davor die lauernden Arlts. Noch etwas ging ihm durch den Kopf: Die Arlts würden einige Zeit brauchen, um den Leichnam des Riesenvogels wegzuräumen. Wie lange aber konnten sie in der kalten Höhle ausharren?
Sie hörten aus Richtung des Abgrunds ein Wimmern. Zubla ordnete an, dass Vinc, Vanessa und Tom an ihren Plätzen verweilen mögen, während er nach der Ursache des Jammerns schauen wollte.
Er ging ganz nah an den Abgrund und da sah er etwas Seltsames.
Über der Tiefe schwebte ein Thron, auf dem ein Wesen saß. Obwohl Zubla in weiter Ferne noch Kleinigkeiten zu erkennen vermochte, konnte er die Gestalt nicht richtig erfassen.
„Wer bist du?“, fragte er.
Leise, aber dennoch vernehmbar kam die Antwort „Estesa. Ich bin die Eiskönigin.“
Nun wusste Zubla genau, dass die vorherige Person, die sich dafür ausgab, jemand anderes gewesen sein musste. Aber wie konnte er so getäuscht werden, dass er meinte, die Eishexe vor sich zu haben.
„Eiskönigin?“, fragte Zubla, hellhörig geworden.
„Ja.“
„Nicht die Eishexe?“, fragte er ungläubig.
„Ich werde nur so genannt. Alle meinen, ich wäre böse und könnte zaubern. Ich bin weder böse noch kann ich zaubern. Ich bin nur die Königin der Eisregion. Ich herrsche über das Volk der Esklären.“ Ihre Stimme wurde schwächer. Oder war es die Angst, die sie entkräftete?
„Ich habe von diesem Volk schon gehört, aber es noch nie gesehen.“ Zubla wurde wieder einmal misstrauisch. Hatte er sich bereits einmal täuschen lassen, so wollte er verhindern, dass es ein zweites Mal geschah.
„Niemand hat bisher mein Volk gesehen. Sie leben weit hinten in dieser Höhle. Sie können nicht an das Tageslicht. Sie würden sofort erblinden. Wir ernähren uns von Pilzen, die an den feuchten Felswänden wachsen. Daher brauchen wir nicht hinaus.“
„Ihr habt noch nie die Sonne gesehen, auch nicht, wie schön Arganon ist?“, fragte der Kleine. In seiner Stimme lag Mitleid.
„Wie wahr. Aber wir sind hier geboren. Es ist wie jemand, der von Geburt blind ist. Er kennt auch nur die Dunkelheit. Daher kann er sich nichts anderes vorstellen. So wie wir.“ Sie sprach hastiger, als würde sie angst vor etwas haben. Ihre nächsten Worte bestätigten es: „Er kann noch hier sein. Hütet euch vor ihm.“
„Vor ihm? Vor wem?“, fragte Zubla.
„Vor dem Herrn
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