Unheimliche Begegnungen (German Edition)
verraten, wo dieser Eingang ist? Eines kann euch retten. Wenn du mir verraten tust, wer alles von der Wurzel Aldraun abhängig ist.“
„Sag es ihm doch!“, rief Tom, der wie die anderen auch um das Leben fürchtete.
Zublas Stimme klang diesmal verzweifelt: „Ich weiß es nicht. Wir mussten einzeln das Versprechen abgeben.“
„Wer hat euch das Versprechen abgenommen?“, wollte der Herr der Finsternis wissen.
„Ich darf es nie verraten“, sagte Zubla.
„Dann sollt ihr sterben“, drohte der Herr der Finsternis.
„Sag es mir zuliebe“, flehte Vanessa.
„Dann werde ich sterben, so ist es vereinbart, wer diesen Verrat begeht“, entgegnete Zubla traurig und trat näher zu seiner Angebeteten. „Willst du das wirklich?“, fügte er noch hinzu.
Sie bückte sich zu ihm hinunter und sah in seine Kulleraugen, als sie sagte: „Hier geht es nicht nur darum, ob ich das will, hier geht es um unser Leben.“
Zubla sah sie noch trauriger an: „Um unser aller?“, fragte er. „Wirklich um unser aller?“ Wobei er „aller“ besonders betonte.
Vanessa wusste, was er meinte. Und sie wusste, dass sie von dem Kleinen ein sehr großes Opfer abverlangte. Aus ihrem Auge perlte eine Träne, als sie sagte: „Bitte hilf uns. Bitte rette uns.“
Zubla hatte die Begabung, bei Dunkelheit gut sehen zu können. Er blickte in die flehenden Augen der Person, die er nicht nur verehrte, sondern sogar anhimmelte. Aber nicht nur er konnte in der Dunkelheit Dinge erkennen, auch die Kinder, dadurch, dass ihre Augen sich angepasst hatten. Daher sah Vinc vor kurzem Zubla zweimal. Den Richtigen und den anderen, der ihn in den Abgrund lotsen sollte.
Noch etwas erfasste Zubla genau. Er konnte den Herrn der Finsternis erblicken, zumindest seine Statur. Sie war nicht von fester Substanz, sondern verformte sich ständig. So als sei er nur ein Schatten von sich selbst.
Aber wieso konnte, als sie dicht beieinanderstanden, Vanessa in seine Augen sehen und sie erkennen?
Als Zubla an Vanessa vorbei sah, erblickte er um den Körper eines jeden ein eigenartiges Licht fließen, das einige Meter ihrer Umgebung erleuchtete.
„Ich warte. Sag mir, wer von der Wurzel abhängig ist und ihr seid gerettet“, hörten sie den Unhold sagen.
Zubla beobachtete, wie der Herr der Finsternis immer mehr vor ihnen zurückwich. Es schien ihm unangenehm, in den Lichtkreis zu kommen. Nun wurde es dem kleinen Wicht klar, dass der Herr der Finsternis das Licht scheute. Und noch etwas begriff Zubla, nur wenn dieser sich mit einer anderen Person spiegelte, konnte er im Licht bestehen. Nun wusste er, warum dieser so plötzlich verschwunden war, als er sich vor der Höhle als Eishexe ausgab. Es waren nicht die Arlts, die ihn türmen ließen, es war die Tatsache, dass er nur eine gewisse Zeit im Licht und in der Spiegelung verweilen konnte. Alle diese Gedanken fuhren dem Kleinen durch den Kopf, als er nach einer rettenden Lösung suchte. Und da fiel ihm noch etwas ein, was er vor kurzem von Vinc gehört hatte, als sie mit Liberia zusammengetroffen waren. Sie hatte gebeten, den Kristall der Spiegelung zu suchen und ihr zurückzubringen. Wenn sich der Herr der Finsternis spiegeln konnte, so musste er diesen Kristall besitzen. Er wollte es Vinc später mitteilen, denn zurzeit war er zu sehr mit ihrer Rettung beschäftigt.
Er vernahm wieder die eindringliche Aufforderung, ihm den Namen der Person zu nennen, die ihnen den Eid abgenommen hatte, gleichzeitig aber auch die flehenden Worte Vanessas, sie zu retten.
Plötzlich hatte Zubla eine Fackel in der Hand und leuchtete damit die Umgebung aus. Sie hörten einen Schrei und dann die sich entfernenden Worte: „Das zahle ich dir heim, du kleines Scheusal. Du wirst noch einmal an mich denken.“ Unverkennbar die Stimme des Herrn der Finsternis.
„Wie hast du das denn fertiggebracht?“, wollte der überraschte Vinc wissen.
„Ich habe doch schon einmal eine gezaubert. Schon vergessen?“, als Zubla Vinc nicken sah, fuhr er fort: „Mir fiel ein, dass ich damit diesen Unhold vertreiben könnte. Licht ist sein ärgster Feind. Wenn auch mancher Zauber bei mir schief geht, aber einer nie. Der Fackelzauber.“
Sie waren näher zu Zubla getreten. Vanessa bückte sich zu ihm hinunter und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Noch bevor das Mädchen wieder ihren Körper aufrichten konnte, nahm Zubla die einmalige Gelegenheit wahr, ihr einen Kuss auf ihren Mund zu geben.
Es war wohl nur dem gleichen Geschlecht Zublas angenehm
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