Unheimliche Begegnungen (German Edition)
brachte nur schmerzlich die weiteren Worte hervor: „Ich bin am Ende. Lauft weiter, ich bleibe hier.“ Sie war ein zähes sportliches Mädchen, aber ihr Satz der des Verzagens ließ erkennen, dass sie am Ende ihrer Kräfte gelangt war.
„Auf keinen Fall werden wir aufgeben und wenn ich dich tragen muss.“ Tom, im Gegenteil zu seiner Schwester, eher ein träger Typ, der die Bequemlichkeit und das Essen bevorzugte, war entschlossen, das zu tun, was er soeben sagte. Durch die Strapazen der letzten Zeit hatte sein Körper eine gewisse Zähigkeit erreicht. Noch etwas kam ihm zugute. Angereichert mit Energiereserven, durch seine ständigen Naschereien und dem guten Appetit, hatte er sich Speicher geschaffen, so dass sein Körper durch die Fettreserven noch einiges zu bieten hatte, obwohl er mehr unter dem Hungergefühl, als die anderen litt.
Auf einmal stockte ihnen der Atem. Vor ihnen standen vier Tiere, die wie weiße Wölfe aussahen. Nur hatten sie die Größe eines ausgewachsenen Kalbes. Sie zogen ihre Lefzen nach hinten, wodurch ihre hauerartigen Zähne drohend zum Vorschein kamen.
Hatte bisher die Kälte die Abenteurer zum Zittern gebracht, so taten es jetzt diese Ungeheuer. Sie hielten einigen Abstand zu den Teens und Zubla. Ihr drohendes Knurren ließ ohnehin die Vier erstarren.
Wie sie so starr und der Gefahr Auge in Auge gegenüberstanden, trat aus der Dunkelheit ein kleines Männlein hervor. Es war etwas größer als der beinhohe Zubla. Mit piepsender Stimme beruhigte er die Tiere. Es war schwer zu glauben, dass diese Ungeheuer dem Kleinen gehorchen würden. Doch der befehlende Ton zeigte Wirkung.
„Hinlegen!“, befahl der Unbekannte. Es sah komisch aus, wie so ein kleines Wesen über solche große Tiere Macht ausübte und sie sich auf die Seite legten und die vier Beine ausstreckten.
„Es war gut so, dass ihr euch nicht mehr bewegt habt. Sie hätten euch sonst zerfleischt.“ Es waren nicht gerade beruhigende Worte, die der Wicht von sich gab.
„Auf der Flucht vor der Eishexe. Was?“
Sie nickten fast gelichzeitig, als hätten sie es vorher geübt. Sie wagten kein Wort zu sagen, vielmehr es fielen ihnen auch keine dazu ein. Es war nicht nur die Überraschung, sondern das Tüpfelchen auf dem i, um sie in wortlose Figuren zu verwandeln. Noch eine solche gefährliche Überraschung würden sie wohl nicht mehr verkraften.
„Ihr braucht mir nicht zu antworten. Ich weiß es. Aber wir müssen uns sputen. Sie treibt mit euch das grausame Spiel, das vielen, die sich hierher verirrten, schon das Leben gekostet hatte. So steigt auf diese Tiere und ihr werdet im Sauseschritt zum Ausgang der Höhle gebracht.“ Er klang belustigt, als er weiter sagte: „Springt am Ausgang sofort von diesen Schneebestien und flüchtet hinaus. Denn sie haben euch zum Fressen gern.“ Es war kaum zu glauben, dass aus so einem kleinen Mund ein so grausames Lachen kommen konnte. Es war nicht ein schwaches piepsendes Lachen, wie zu vermuten wäre, sondern ein höhnisches mit einer tiefen Stimme. Als habe der Kleine nur diese unscheinbare Gestalt angenommen, um sie nicht zu erschrecken.
Vinc fasste zuerst die fragenden Worte. „Wer bist du? Und warum willst du uns retten?“
Die Antwort erfolgte wieder mit der gewohnten schwachen Stimme: „Wer ich bin? Willst du das wirklich wissen? Sagen wir es so. Ich bin geschickt worden, um euch zu retten. Nennt mich einfach Befreier.“ Er lachte wieder. Es klang ebenso wie vorher höhnisch und nicht seiner Statur entsprechend schwach. „Und warum ich euch retten will? Ich habe den Auftrag, es zu tun. Das muss genügen. Vielleicht werdet ihr es eines Tages erfahren, wer ich bin und in wessen Auftrag ich gehandelt habe. Vielleicht sind es die bösen Mächte, die euch gut gesonnen sind und euch noch brauchen, vielleicht aber auch die Guten. Aber das soll im Augenblick nicht eure Sorge sein. Steigt auf diese Tiere, denn die Zeit lässt euch keine große Spanne bis zu eurem Tod mehr. Seht ihr die Eiszapfen an der Decke oben?“
Der Kleine deutete in die Höhe und sie meinten, eine Klaue statt Finger zu sehen. Aber das konnte genauso gut eine Täuschung des Lichtes sein, das noch von der Fackel ausging, die Zubla hielt und deren unsteter Schein gespenstische Schatten warf.
Sie sahen, dass die Höhle hier ungewöhnlich niedrig war und sie sahen die eisigen Spitzen der Zapfen, die genau über ihren Köpfen hingen. Während das Männlein darauf zeigte, sagte es: „Ein Schrei von mir löst
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