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Unsanft entschlafen

Unsanft entschlafen

Titel: Unsanft entschlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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»Das ist er.«
    »Was wollte er?«
    »Ganz einfach — er sagte, ich
solle Irene Mandell vergessen, sonst würde mir dasselbe passieren wie Roger
Lowell. Sogar seine Stimme klang wie die eines Toten, ohne jede Wärme. Ich war
wie gelähmt vor Angst und starrte ihn nur die ganze Zeit an. Er ging an mir
vorbei zur Tür, dann drehte er sich noch einmal um und lächelte.« Jean
schüttelte sich. »Das Lächeln war am schlimmsten — wie das Grinsen eines
Totenschädels.«
    »Sie brauchen noch einen Whisky,
Kindchen«, sagte ich und ging mit ihrem leeren Glas zu der Bourbon-Flasche auf
dem Tisch. Ich goß uns beiden ein und brachte die Gläser zur Couch zurück.
    »Danke.« Jean lächelte schwach,
als sie mir das Glas aus der Hand nahm. »Danny, woher wissen Sie, wie der Mann
aussah?«
    »Ich bin ihm früher einmal
begegnet«, log ich. »Er ist ein Verbrecher, ein berufsmäßiger Mörder.«
    »Er wird doch nicht etwa
zurückkommen, weil ich mit Ihnen geredet habe? Nach so langer Zeit?« Entsetzen
klang in ihrer Stimme. »Das kann doch nicht sein, Danny! Sagen Sie mir, daß so
etwas nicht passieren kann.«
    »Natürlich nicht.« Ich grinste
und tätschelte beruhigend, wenn auch nicht ohne beträchtlichen Freudengewinn,
ihren seidenen Oberschenkel.
    »Ich bin nämlich keine Heldin.«
Sie räusperte sich nervös. »Jedenfalls nicht nach den Erfahrungen von Roger und
dem mysteriösen Besuch in meiner Wohnung. Ich habe mich an seine Anweisungen
gehalten und nicht mehr von Irene gesprochen, und ich wüßte auch nicht, was
noch zu sagen wäre.«
    »Sie hatte eine Garderobiere,
Jenny Shaw«, sagte ich. »Wo ist sie abgeblieben?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte
Jean teilnahmslos. »Vermutlich hat sie sich einen neuen Job gesucht.«
    »Sind Sie Irenes Schwester Eva
jemals begegnet?«
    »Nein«, sagte sie entschieden.
»Ich wußte von ihrer Existenz, Irene sprach oft von ihrer kleinen Schwester,
aber ich habe sie nie kennengelernt. Einmal war sie in der Vorstellung. Irene
gab anschließend in ihrer Garderobe eine Party, die dann noch in einem
Nachtklub weiterging. Ich lag zu der Zeit mit einer Mandelentzündung im Bett
und habe Eva daher verpaßt. Die Kollegen erzählten mir nach meiner Rückkehr,
sie sei ganz das Gegenteil von Irene, dunkelhaarig und temperamentvoll, mit
feurigen Augen und einem Schönheitsfleck auf jeder Wange.«
    »War Irene naturblond?«
    »Ja.«
    Ich trank meinen Whisky aus und
starrte in das leere Glas. »Allmählich beginne ich mich der vorherrschenden
Meinung über Irene Mandell anzuschließen. Ich jage einem Phantom hinterher.
Wenn man denkt, man könnte sie fassen, löst sie sich samt ihrer Schwester in
blauen Dunst auf.«
    »Irene war Wirklichkeit«, sagte
Jean gepreßt, »genauso wie ihre Schwester und wie die Salzsäure, die Roger
Lowell ins Gesicht bekommen hat...« Das Glas fiel ihr aus der Hand und rollte
über den Teppich, während sie hysterisch zu schluchzen begann.
    Ich stellte behutsam mein Glas
ab, legte dann beide Arme um ihre Schultern und zog sie an mich.
    »Beruhigen Sie sich doch«,
sagte ich. »Sie können nichts mehr ungeschehen machen.«
    Ihre Spannung ließ ein wenig nach,
und ich fühlte den erregenden Druck ihrer festen Brüste. Ich zog sie noch
näher, so daß sich unsere Lippen trafen, als sie das tränenüberströmte Gesicht
emporhob. Ich habe für derartige Situationen ein spezielles Verfahren
entwickelt — die Weltraumraketen-Technik. Es handelt sich um eine
Drei-Stufen-Attacke ohne Countdown, in deren Verlauf sich die Dame bei
Erreichen der dritten Stufe garantiert in der gewünschten Umlaufbahn bewegt.
    Aber schließlich wird sogar in
Cape Kennedy ein gewisser Prozentsatz Fehlzündungen einkalkuliert. Als ich
bereits bei Stufe drei und willens war, mich in den Weltraum zu erheben, befand
sich Jean noch immer auf der Abschußrampe . Sie
blickte nicht einmal in meine Richtung, sondern reagierte mit dem
Gefühlsaufwand einer eingefrorenen Qualle. Ich löste meine Lippen, meine Hände,
meine Brust von ihr und wartete, daß irgend jemand käme, um das Werk der
Zerstörung zu vollenden, das Jean bereits begonnen hatte.
    Sie richtete sich auf und
wischte sich die Augen mit einem Spitzentüchlein, das sie an irgendeinem
interessanten Ort verborgen gehalten haben mußte.
    »Es tut mir leid, Danny«, sagte
sie unbehaglich. »Dieses ganze Gerede über Irene — ich bin einfach nicht mehr
in der Stimmung.«
    »Ist schon gut«, sagte ich
entsagungsvoll, obwohl mir nicht danach zumute

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