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Unser sechzehntes Jahr (German Edition)

Unser sechzehntes Jahr (German Edition)

Titel: Unser sechzehntes Jahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Salchow
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Besucherstuhl vor seinem Tisch. Seine Begrüßung erinnert mich an den Beginn eines Versicherungsgespräches.
    "Ich war mir nicht sicher, ob ich hier richtig bin", sage ich, während ich mich setze.
    "Sie sind richtig." Er lächelt. Fast ein wenig zurückhaltend. Seine Freundlichkeit irritiert mich.
    "Es tut mir leid, wenn ich Sie überfalle, Herr Mehler, aber es war notwendig zu kommen."
    "Notwendig", wiederholt er.
    Ihn mit Herrn Mehler anzusprechen hat etwas Sonderbares. Er war immer nur Theo. Wenn Fiona von ihm sprach. Wenn wir von ihm sprachen.
    "Sie haben mit meiner Tochter geredet", falle ich mit der Tür ins Haus. Mir fehlt die Energie, um den heißen Brei herumzureden.
    "Sie wohl eher mit mir", antwortet er zynisch.
    "Aber Sie haben ihr Antworten gegeben."
    "Meine Kommentare als Antworten zu bezeichnen, wäre wohl etwas übertrieben."
    Ich umklammere die Handtasche auf meinem Schoß ein wenig fester. Die Situation ist bedrückend und unwirklich zugleich.
    "Sie war zweimal bei Ihnen. Ist das richtig?", frage ich schließlich.
    "Ja, nach den Auftritten meiner Band", sagt er. "Echt hartnäckig, die Kleine."
    Seine Worte verstimmen mich. Wie kommt er dazu, sie Kleine zu nennen? Fast hat sein Unterton etwas Anzügliches. Oder bilde ich es mir nur ein? Ist es meine Angst, mehr zu hören als da ist?
    "Ich möchte nicht, dass Sie noch mal mit ihr reden", sage ich, nun etwas selbstbewusster.
    "Dann sorgen Sie dafür, dass sie mir nicht mehr hinterher spioniert."
    "Sie hat versprochen, es nicht mehr zu tun."
    Unsere Unterhaltung hat etwas Surreales.
    "Na sehen Sie." Wieder dasselbe Lächeln. Diesmal jedoch weniger zurückhaltend.
    "Ich möchte, dass Sie ihr die Kommunikation verweigern, sollte sie wider Erwarten doch noch einmal bei Ihnen auftauchen."
    "Frau Klewe", sagt er, während er sich ein Stück über den Tisch beugt. "Es ist Ihre Tochter. Und es ist Ihre Aufgabe, auf sie aufzupassen."
    Er lehnt sich wieder ein Stück zurück. "Außerdem habe ich gar kein Interesse daran, mit ihr zu reden."
    Ihre Tochter. Ihre Aufgabe. Seine Worte sind wie ein Schlag ins Gesicht. Ein Schlag, dessen Ursprung in der Vergangenheit liegt und den ich während des Gespräches hatte ausblenden wollen. Warum fängt er in solch einem Moment damit an? Und was verspricht er sich davon?
    "Genau dasselbe trifft auf meinen Mann zu", sage ich, ohne auf seine Anspielung einzugehen. "Sollte er hier auftauchen, möchte ich Sie bitten, auch ihm die Tür zu zeigen."
    "Die Tür zeigen?" Er lacht. "Ist nicht Ihr Ernst?"
    "Natürlich ist es mein Ernst. Meinen Sie, ich wäre sonst hier?"
    "Warum sollte er überhaupt hier auftauchen? Ich kenne ihn nicht einmal."
    "Weil er sich Sorgen um Nathalie macht und über die Möglichkeit, dass S ie sich noch mal mit ihr treffen könnten", sage ich. "Dieselbe Sorge, die im Übrigen auch mich hergebracht hat."
    "Ich hab es doch schon gesagt. Das Mädel ist zu mir gekommen. Nicht ich zu ihr. Und ich hab sie ganz sicher nicht eingeladen."
    Nein. Nathalie ist niemand, den man einladen muss. Nathalie sucht sich ihre Antworten selbst. Egal wie. Bisher spielte diese Tatsache außerhalb unserer Familie jedoch keine Rolle.
    "Beschränken wir uns einfach darauf, dass sie mit keinem von beiden reden." Ich greife nach der Lehne des Stuhls, um wieder aufzustehen.
    "Moment", sagt er. Er macht eine Handbewegung, um mich zum Bleiben zu bewegen. "Sie kommen her, um mir den Mund zu verbieten und jetzt verschwinden Sie einfach wieder?"
    "Ich wüsste keinen Grund, warum ich länger als nötig bleiben sollte", antworte ich kühl.
    "Ich kapier nicht, warum ich neuerdings so interessant für Ihre Familie bin. Erst Ihre Tochter, jetzt Sie und demnächst scheinbar auch Ihr Mann."
    Er macht den Eindruck, sich in der Position des unschuldig Angeklagten zu sehen. Eine Rolle, die nicht so recht zu seinem provoka nten Verhalten passen will.
    "Halten Sie sich einfach an unsere Abmachung, dann ist alles im grünen Bereich", sage ich.
    Meine Distanz ihm gegenüber strengt mich an. Jeder Blick in seine Richtung überfordert mich.
    "Unsere Abmachung? Ich wusste nicht, dass wir eine haben."
    "Wir haben sie seit heute", sage ich. "Die Abmachung, dass Sie sich von meiner Familie fernhalten."
    "Vielleicht bringen Sie Ihre Familie besser dazu, sich von mir fernzuhalten."
    Er scheint nicht zu verstehen. Mein Verlangen, den Raum zu verlassen, wird stärker.
    "Ich verstehe noch immer nicht, warum Sie hergekommen sind", sagt er, "wenn Sie doch einfach mit

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