Unter dem Banner von Dorsai
Freuden des Lebens mieden, die der Wollust und der Völlerei entsagt hatten. Ihr Leben war nichts weiter als eine Erprobung und Bewährung mit Waffen, ein Vorzimmer für ein anderes Leben, das nur jenen beschieden war, die rechten Glaubens waren – und auch unter diesen nur den Auserwählten des Herrn.
Diesem Mann war es gleichgültig, daß er nichts weiter war als eine niedrige Charge, ein kleiner Funktionär unter Tausenden seinesgleichen, die von einem armseligen und felsigen Planeten stammten, ich aber war einer von nur wenigen hundert von den vierzehn bewohnten Welten, die entsprechend geschult und privilegiert waren, die Kleidung eines Nachrichtenmannes zu tragen. Ihm war es auch gleichgültig, ob ich nun ein Mitglied oder ein Kandidat der Gilde war, der mit den Regierenden von Planeten sprechen konnte, und ob ich ihn für einen halben Narren hielt oder nicht. Er wußte zwar, daß ich ein Produkt einer Bildung und Schulung war, die mich haushoch über ihn stellten, aber dies alles machte ihm nichts aus, denn er war ein Auserwählter Gottes, während ich nicht zu seiner Kirche gehörte. Darum betrachtete er mich, wie ein Kaiser einen Hund betrachtet, der ihm über den Weg läuft.
Ich erwiderte seinen Blick. Für jede spontane menschliche Regung gibt es eine Grenze, und keiner wußte dies besser als ich. Ich kannte aber auch die Grenze, die Möglichkeit, jemanden in die Schranken zu weisen, der seine Nase etwas zu hoch trug, indem man ihn lächerlich machte. Denn vom Erhabenen zum Lächerlichen ist es oft nur ein Schritt. Kein Thron konnte je so hoch gebaut werden, um ihn nicht durch Lächerlichkeit in seinen Grundfesten zu erschüttern. Doch ich schaute diesen Mann an, und das Lachen blieb mir im Halse stecken.
Ich konnte nicht lachen, und dies aus einem ganz simplen Grund. Denn er mochte zwar ein Halbnarr sein, engstirnig und beschränkt, doch er hätte sich jederzeit gelassen auf einem Scheiterhaufen verbrennen lassen, ohne auch nur ein Jota von seinem Glauben und seiner Überzeugung abzuweichen, während ich kaum in der Lage war, einen Finger in eine Streichholzflamme zu halten, ohne nicht innerhalb einer Minute selbst die größten Ideale aufzugeben.
Er aber wußte, daß mir dies bekannt war. Ich wußte die Wahrheit über ihn, und er kannte die Wahrheit über mich. Unsere gegenseitige Kenntnis war so deutlich wie die Schranke, die uns voneinander trennte. So konnte ich ihn nicht einfach auslachen, um meine Selbstachtung zurückzugewinnen, und ich haßte ihn wegen dieser Erkenntnis.
Ich gab ihm meine Papiere, und er blätterte sie durch.
„Die Papiere sind in Ordnung“, sagte er hochnäsig. „Was führt Sie hierher?“
„Ein Paß“, sagte ich, indem ich meine Papiere einsteckte und Daves Paß hervorkramte. „Für meinen Assistenten. Wie Sie sehen, wechseln wir zwischen den Linien hin und her …“
„Hinter unseren Linien und zum Überschreiten dieser Linien ist kein Paß erforderlich. Dazu genügt der Nachrichtendienstausweis.“ Damit wandte er sich ab und machte Miene, an seinen Schreibtisch zurückzukehren.
„Aber mein Assistent“, sagte ich ruhig, „hat keinen solchen Ausweis. Ich habe ihn erst heute eingestellt und hatte noch keine Zeit, Papiere für ihn zu beschaffen. Ich möchte daher einen provisorischen Paß mit der Unterschrift eines der Offiziere aus dem Hauptquartier …“
Mittlerweile war er wieder am Schalter angelangt.
„Ist Ihr Assistent kein Journalist?“
„Kein offizieller. Nein. Aber …“
„Dann darf er auch unsere Linien nicht passieren. Wir können ihm keinen Paß ausstellen.“
„Oh, ich weiß nicht“, meinte ich vorsichtig. „Ich wollte Ihren Ältesten Strahlenden um einen Paß bitten, bei
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