Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)
niemand von euch wissen. Sonst wird es verdammt schwer, euch in Sicherheit zu bringen. Ich werde ihnen die Augen verbinden und sie knebeln. Vielleicht können wir wenigstens Annas Existenz vor ihnen verbergen. Es ist schon schlimm genug, dass sie von dir wissen.«
Alexander raufte sich die Haare. »Ich hoffe, du weißt, was du tust, Erin. Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als dir Glauben zu schenken.«
Sie betrachtete ihn kühl. »Stimmt, dir bleibt nichts anderes übrig, aber glaube mir, ihr habt Glück gehabt, uns gefunden zu haben.«
»Tja, da muss ich mich wohl bei dem kleinen leuchtenden Wesen bedanken. Das hat mir nämlich den Weg gewiesen.«
Erins Augen weiteten sich und ihr Mund öffnete sich erstaunt. »Bitte?«
Alexander legte den Finger auf die Lippen. »Da war dieses Licht«, flüsterte er. »Es hat mich erst zu Naomi und dann, so scheint es, zu dir geführt. Ich glaube, ich habe es auch schon im Nebel gesehen, bevor wir hier gelandet sind. Als ich endlich nahe genug herangekommen war, konnte ich die kleine, hübsche Gestalt erkennen. Du hättest sie eigentlich auch sehen müssen, sie war ganz in der Nähe am Waldrand, dort, wo du zu uns gestoßen bist.«
Erins Mund stand immer noch offen. »Da soll mich doch … Und du bist sicher, ihr seid erst gestern hier angekommen? Eine Pixie, das gibt’s doch gar nicht.« Sie schüttelte den Kopf, ignorierte Alexanders verständnislose Miene und deutete ihm an, ihr zu folgen. Die Gefangenen unterhielten sich leise. Erin griff in ihre Satteltasche und zog ein gelbes Oberteil hervor, das sie in mehrere Streifen riss. »Genug getuschelt, ihr zwei.« Sie drückte erst dem Blonden, dann Glenn, der sie kalt anblitzte, einen Knebel in den Mund. »Tja, Glenn, zur falschen Zeit am falschen Ort, würde ich sagen. Wir werden euch jetzt die Hände vor dem Körper zusammenbinden, sodass ihr nicht vom Pferd fallt auf unserer Reise. Außerdem werden wir euch die Augen verbinden.« Glenn gab ein unmutiges Grunzen von sich. »Was sagst du? Tut mir leid, aber das war ein wenig undeutlich. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich dich herausfinden lasse, wohin unsere Reise geht. Schlimm genug, dass ich euch Teufelskerle mit mir rumschleppen muss.« Sie drückte Alexander Pfeil und Bogen in die Hand. »Ich glaube zwar nicht, dass es einer von ihnen wagt, irgendwelche Dummheiten zu machen, während ich neue Fesseln anlege, doch sicher ist sicher. Du hast meine Erlaubnis, zu zielen und zu treffen.«
Zögernd spannte Alexander den Bogen und richtete ihn auf Glenn, dem Erin zuerst die Fesseln hinter dem Rücken löste, um sie geschickt vor dem Körper wieder zusammenzubinden. Glenn ließ seinen Blick beharrlich auf Alexander ruhen, als wollte er abschätzen, ob er es auf einen Versuch ankommen lassen sollte. Alexander blinzelte. Er verabscheute Gewalt, hatte es nicht fertiggebracht, im Krieg eine Waffe zu führen, war ständig auf der Flucht vor der Wehrmacht. Seine Hände bebten und es pochte in seinen Schläfen. Er atmete tief durch. Das hier war anders, es ging um ihn, um sein Leben, um Erins vielleicht, um Annas und Naomis. Außerdem kämpfte er nicht für eine Idee, sondern für ein Ziel, das er verstand. Verstehen wollte … Das Zittern ließ nach und nun begriff auch Glenn, dass der Pfeil ihn treffen würde. Nachdem auch Glenns Kumpan fest verschnürt worden war, verband Erin ihnen die Augen.
Inzwischen war es finster im Wald und Erin entzündete eine große Wachstuchfackel, die ebenfalls am Sattel befestigt gewesen war. Alexander schnitt eine Grimasse. Sie hatte aber auch an alles gedacht. »Willst du mir endlich sagen, warum wir in Gefahr sind?«
*
Anna sah sich um, die Nacht hatte das satte Grün in pechschwarze Dunkelheit gehüllt und das Licht des Feuers reichte gerade mal bis zur nächsten Baumreihe. Sie schlang die Arme fest um ihre Knie und rutschte ein wenig näher an die flackernde Wärme. »Und was habe ich mit dem Phönix zu tun?«
Naomi betrachtete Anna nachdenklich.
»Und?«
Naomi seufzte und holte tief Luft. »Lass uns noch ein wenig warten, Anna. Es betrifft auch Alexander, und ich glaube wirklich, dass er bald wieder hier sein wird.« Sie schloss erschöpft die Augen. »Die Pixie hat ihm schon einmal den Weg gewiesen.«
Jetzt reichte es ihr. Anna verstand absolut nichts von Naomis wirrem Gerede. Im Gegenteil, sie brachte sie nur noch mehr durcheinander, und wenn sie sich in Gefahr befand, wollte sie wissen, was oder wer sie bedrohte.
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