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Unter dem Safranmond

Unter dem Safranmond

Titel: Unter dem Safranmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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lange die befeuchteten Handflächen bearbeitet, bis sie die Schwielen und Schrunden, die die Zügel darauf hinterlassen hatten, abpoliert hatte und Maya dann dazu verdonnert, die Hände so lange in einer Schale mit Öl ruhen zu lassen, in dem Blüten schwammen, bis sie wieder zart und weich waren.
    Sie legte ihr Kinn auf die Knie und zwang sich, weiter nachzudenken, so schwer es ihr auch fiel. Nicht allein, weil es ihr unangenehm war, sondern auch, weil sie durch die ihr aufgezwungene Untätigkeit – war sie auch gut gemeint – im Geiste träge geworden war. Ebenso durch das reichliche Essen bedingt, das nicht nur einfach zu köstlich schmeckte, um sich mit wenigen Bissen zu begnügen; Maya hatte zudem noch nicht herausgefunden, ab wann dankend abzulehnen als unhöflich betrachtet wurde.
    Sofern sie sich nicht verzählt hatte, lag ihre Entführung kaum zwei Wochen zurück, und doch schien seither eine kleine Ewigkeit vergangen zu sein. Ihr vierter Tag hier … Jeden Tag war damit zu rechnen, dass Coghlans Männer eintrafen. Es war also nur noch eine Frage der Zeit, ehe sie den Rückweg nach Aden antreten würde, zurück zu Ralph. Doch die Vorstellung, ihr dortiges, freudloses Leben wieder aufzunehmen, an der Seite eines Mannes, dem sie gleichgültig war, dem sie selbst zuletzt nicht mehr viel an Gefühl entgegengebracht hatte, war ihr unerträglich. Wie würde es für sie weitergehen – danach? Darüber denke ich nach, wenn es so weit ist. Keine Stunde eher. Aber nach Hause – nach Hause muss ich! Zu Vater, Mutter und Angelina. Zurück nach England. Nach Hause. Doch was, wenn man sie von englischer Seite einfach aufgab, weil der Preis für sie als zu hoch erachtet wurde? Wenn sie hier zu bleiben verdammt war? Nein, daran darf ich nicht denken , befahl sie sich. Wenn ich nicht daran denke, wird es auch nicht geschehen. Und Rashad würde es auch niemals zulassen. Oder?
    Nur widerstrebend konnte Maya zugeben, dass er ihr fehlte. Einmal hatte sie ihn bei einem zufälligen Blick aus ihrem Fenster gesehen, wie er gerade auf seinem Fuchs die Anhöhe zum Palast hinaufgaloppiert war, in seinen Bewegungen eins mit dem Tier unter sich. Ihr fehlte seine Stimme, sein zu einem spöttischen Lächeln verzogener Mund, die ruhige und doch bestimmte Art, die ihn wie eine Aura umgab. Jeden Morgen, wenn die Rufe der Muezzine erschallten, noch ehe die Sonne aufging, sie bald danach die gemurmelten Gebete der Frauen hörte, vermisste sie die Klänge der Gebete von Rashad und seinen Männern, die sie jeden einzelnen Tag ihrer Reise sacht aus dem Schlaf geholt hatten. Das Plätschern oder Rieseln, wenn sie sich mit Wasser oder Sand reinigten, wenn einer von ihnen die anderen rief: » Allahu akbar« – Gott ist groß . Wenn sie alle gemeinsam die Verse raunten, deren Worte sich Maya erst nach und nach erschlossen hatten: »Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Allbarmherzigen, Preis sei Allah, dem Herrn der Welten, dem Allerbarmer, dem Allbarmherzigen, dem Herrscher am Tage des Weltgerichts. Dir wollen wir dienen, dich um Hilfe anrufen, führe uns den rechten Weg. Den Weg derer, denen du huldvoll bist, über die nicht gezürnt wird, die nicht irregehen.« Und diese Töne, diese Worte waren es auch gewesen, die Maya des Nachts anfangs in den Schlaf gesungen hatten, bis sie an Rashads Seite die Stunden kostbarer Nachtruhe mit Gesprächen oder Schweigen verschwendet hatte. Stunden, von denen sie keine einzige bereute. Nicht eine der täglich fünf Gebetszeiten in Ijar verging, in der Maya nicht daran dachte und sich zurück auf den steinigen Weg hierher sehnte. Nur um Rashads willen.
    Wie absurd, so zu denken und zu fühlen! Einem Mann gegenüber, der ihr die Freiheit geraubt hatte. Dabei hatte sie sich selten wirklich gefangen gefühlt, weder während ihrer Reise noch seit sie sich hier in Ijar befand. Nicht mehr als in Black Hall oder in Aden. War sie je wirklich frei gewesen? Woran ließ sich Freiheit messen?
    Der Klang von Schritten riss sie aus ihren Gedanken, und sie sah auf. Ein Mann war zu ihr getreten, von eher kleinem Wuchs und schmal, nach dem, was das weiße Gewand mit der roten Stickerei an den Säumen und am Halsausschnitt konturierte, das in der Taille von einem breiten orangeroten Stoffgürtel gerafft wurde und in dem eine prächtige silberne djambia steckte. Die Farbe des Gürtels wiederholte sich im Tuch des Turbans über seinem von den Jahren gezeichneten Gesicht, das einem Falken ähnelte. Er musste weit über fünfzig

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