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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Brack
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Kartoffeln zu schälen und in einen großen Topf zu werfen, dann Zwiebeln.
    Klara stand auf, trat an die Theke und fragte die Frau, ob sie keine Zeitungen hätten. Sie bekam keine Antwort.
    Klara fragte, wann sich denn der Erwerbslosenausschuss wieder treffen würde. Die Frau zuckte mit den Schultern. Sie hatte jetzt einen Schmalztopf vor sich und schmierte Stullen. Klara erklärte, sie habe gehört, in der letzten Zeit hätte es in der Gegend viele politische Aktionen gegeben, zum Beispiel gegen das Wohlfahrtsamt. Wieder nur Schulterzucken, aber die Männer musterten sie eingehender. Und sehr abweisend.
    Sollte sie jetzt ihren Parteiausweis ins Spiel bringen oder sich besser als englische Journalistin ausgeben?
    Drei Männer betraten das Lokal und bestellten lautstark Bier. Dann noch vier, die aussahen wie Möbelpacker oder Transportarbeiter. Sie ließen sich Brote, Dauerwürste, ein paar Eier und was zu Trinken bringen und beklagten sich über das saure Bier.
    Ein Mann, kaum größer als Klara, drahtiger Körperbau, verschlagener Blick, stand auf einmal wie zufällig neben ihr, griff in das Glas mit den Eiern, holte sich eins raus und begann seelenruhig, es zu pellen. Dazu hätte er sich auch ein Stück weiter weg hinstellen können, aber er blieb direktneben ihr. Klara tat so, als würde sie in ihrer Brieftasche nach Geld suchen und legte wie zufällig den Presseausweis auf den Tresen. Der Mann ließ seinen Blick flüchtig darüberschweifen, desinteressiert.
    Noch mehr Gäste traten ein.
    Die Frau hinterm Tresen ging in die Küche und schickte den Wirt in die Gaststube. Er begann mit geübten Griffen viele Gläser zu füllen. Jemand meckerte, er solle den Schaum nicht mit dem Spatel abnehmen.
    »Der Ausschuss trifft sich nicht mehr hier«, sagte der Mann neben Klara beiläufig. »Komisch, dass sich das Ausland für uns interessiert.« So wie er sie anschaute, wollte er ihr damit zu verstehen geben, dass er ihr nicht glaubte.
    »Wegen des Brandstifters«, sagte Klara und nahm eine neue Zigarette aus der Packung.
    Der Mann gab ihr Feuer. »Geben Sie mir mal ein Bier aus und ne Zigarette. Dann setzen wir uns, ist ja nur noch der Tisch da frei.« Er deutete auf den, an dem Klara gesessen hatte. Am Tisch prostete Klara ihrem Gegenüber zu und fragte nach seinem Namen.
    »Ernst.«
    »Und weiter?«
    »Das muss erst mal genügen.«
    »Der Holländer«, fragte Klara, »der war doch mal hier. Sogar öfter. Regelmäßig.«
    Der Mann nickte.
    »Er war im Ausschuss aktiv, richtig?«
    »Nein. Er hatte hier Freunde.«
    »Wen zum Beispiel?«
    »Na ja, ich kenne Sie ja nicht. Wir stehen ziemlich unter Druck seit dem Brand. Es ging ja auch vorher schon hoch her, aber jetzt … momentan sieht es schwierig aus. Und dass Sie aus London extra nach Neukölln kommen, um nach Rinus zu fragen …«
    »Rinus …«
    »So haben wir ihn genannt.«
    Klara klappte ihre Brieftasche auf, tat so, als würde sie etwas suchen und ließ ihn kurz ihren Parteiausweis sehen.
    »Wasserkante, Hamburg?« Der Mann, der sich Ernst nannte, rückte ein Stück näher. »Was willst du nun also?«
    »Herausfinden, warum er das getan hat und ob überhaupt. Im Ausland ist man der Meinung, die Nazis selbst hätten den Reichstag angezündet.«
    »Sie haben ihn doch drin verhaftet …«
    »Manche meinen, er habe mit denen unter einer Decke …« »Rinus? Der hat doch eine Hasstirade nach der anderen gegen die Nazis losgelassen. Er war empört, er wollte den Aufstand, er hat geredet wie ein Prediger … und wer weiß, was er bei den jungen Leuten erreicht hätte, wenn man ihn besser verstanden hätte. Deshalb ist er ja zum Ausschuss gekommen, weil er meinte, diejenigen, die am ehesten zu radikalen Aktionen zu bewegen sind, das sind die Arbeitslosen. Auch weil sie von der Hinhaltetaktik der Gewerkschaften nicht verdorben sind. Er hat gern gesprochen, aber das klang immer merkwürdig … ein bisschen lustig sogar. Die Genossen aus der Partei haben ihn nicht für voll genommen. Aber das beruhte auf Gegenseitigkeit. Er hat die Partei nicht leiden können … hat zwar immer vom Proletariat geredet, aber er war ein Einzelgänger. Eigensinnig. Er hat hier Freunde, die ihn auch beherbergt haben ab und zu. Denen hat er gern auch geholfen. Aber wenn’s drum ging, komm mal mit Plakate kleben, Parolen malen, Handzettel verteilen, dann sagte er immer Nein. Andererseits, was die Plakate betrifft …« Ernst schaute versonnen zum Fenster. »… da haben die Nazis in letzter Zeit auch

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