Unter dem Schutz des Highlanders
in ihr Nachtgewand und einen dicken Umhang gehüllt, am Feuer auf einen Stuhl setzte, damit ihr Grizel das Haar auskämmen konnte.
»Er schläft wie ein kleines süßes Kindchen, und das ist er ja auch«, gab Grizel zurück. »Euer Gatte und ich haben ihn von seinen weichen Locken bis zu seinen winzigen Zehchen genau untersucht und nichts weiter als ein paar blaue Flecke gefunden.«
»Das hoffte ich. Ach, Grizel, wie kann jemand, sei es Mann oder Frau, auch nur darüber nachdenken, dieses Kind umzubringen?«
»Habsucht, Mädchen. Reine und blinde Habsucht. Peter und Bowen sind aufgebracht darüber, dass ihnen diese Natter aus der Hand geglitten ist.«
»So geht es mir auch. Zudem habe ich Angst.« Bethia zitterte und schlang die Arme um sich. »Hättest du gehört, wie er James und mich bei seiner Flucht bedroht hat, dann hättest du sie auch. Ich habe immer schon gedacht, dass er nicht ganz normal ist. Wie hätte er es sonst in Erwägung ziehen können, wegen irgendwelcher Ländereien fünf Menschen zu töten – Menschen, die ihm niemals Unrecht getan haben? Aber jetzt, jetzt hat er völlig den Verstand verloren. Ich konnte das in seinem hässlichen Gesicht sehen, als er mich finster anstarrte.«
»Macht Euch keine Sorgen. Man wird Euch und den Jungen gut bewachen.«
»Aber wie kann man jemanden gegen Verrücktheit gut bewachen?«
»Mit kräftigen, bestens bewaffneten Männern«, versicherte Grizel mit fester Stimme. »Man wird Euch und das Kind nicht nur bewachen, sondern den Mistkerl auch verfolgen.« Sie stellte einen Krug mit Wein und einen Trinkkelch auf ein Tischchen neben Bethia. »Ihr bleibt jetzt hier am Feuer sitzen und trinkt ein bisschen Wein. Es wird Euch guttun, bevor Ihr ins Bett geht.«
»Ja, ich bin trotz der Ruhepause vorhin ein wenig erschöpft.«
Als sich die Tür hinter Grizel schloss, schenkte sich Bethia etwas Wein ein und starrte, während sie trank, ins Feuer. Sie musste zur Ruhe finden, und zwar nicht nur nach der Zerreißprobe, der sie bei ihrer Gefangennahme ausgesetzt war, sondern auch nach der Zerreißprobe während des Abendessens in der großen Halle. Bethia war davon ausgegangen, ihre Eltern würden Eric akzeptieren, sobald er sie heiratete, aber das war, wie sie jetzt erkennen musste, nicht der Fall. Eric sah gut genug aus, um ihnen zu gefallen, er sah sogar besser aus als Robert, doch, je mehr sie darüber nachdachte, desto deutlicher wurde ihr, dass es zwischen Eric und Robert einen sehr großen Unterschied gab. Eric war ein starker Mensch; Robert dagegen war reizend und leicht zu führen gewesen, so wie Sorcha. Eric hatte es nicht gern, wenn man ihn führen wollte, zumindest nicht, was ihre Eltern betraf. Wahrscheinlich war es an der Zeit, dass Eric, James und sie Dunnbea verließen, und sobald Eric zu ihr kommen würde, mussten sie darüber sprechen.
»Was macht Ihr denn hier?«, fragte Bowen, als Wallace und Eric sein kleines Cottage, das außerhalb der Mauern von Dunnbea lag, betraten. »Es ist schon spät.« Er zwinkerte Eric zu und schenkte seinem unerwarteten Besuch Bier ein. »Ich hätte mir gedacht, dass Ihr gern ein oder zwei Worte mit Bethia wechseln wollt, nachdem Ihr zwei Wochen lang weg gewesen seid.«
Eric grinste und setzte sich auf die Bank, die am grob gezimmerten Tisch stand. »Ich denke, ich kann sie aufwecken, falls sie einschläft, bevor ich da bin.« Zusammen mit den anderen lachte er kurz auf, wurde aber sofort wieder ernst. »Ich habe vor, Bethia in ein oder zwei Tagen mit an den königlichen Hof zu nehmen.«
»Ihr wollt also ein paar Männer zu Eurer Begleitung«, sagte Bowen.
»So ist es, doch mein größtes Problem ist, das ich James hierlassen will.«
»Macht Euch keine Sorgen um den Jungen«, versicherte Wallace ihm. »Mein Onkel mag ein viel zu großer Narr sein, um die Gefahr, in der der Junge schwebt, zu erkennen, wir sind es aber nicht. Das Kind wird Tag und Nacht streng bewacht werden.«
»Ich danke Euch, aber ich möchte Euch um mehr als das bitten.« Eric nahm einen großen Schluck, um sich zu beruhigen. Es war eine Sache, wenn die Mitglieder des eigenen Clans den Laird kritisierten, aber eine ganz andere, wenn ein Außenseiter es tat. »Ich würde es vorziehen, dass der Laird und seine Gattin während Bethias und meiner Abwesenheit so wenig wie möglich mit dem Kind zu tun haben. Ich hoffe, dass sich Grizel zusammen mit der Kindermagd die Pflege teilt und den Jungen auf diese Weise ohne viel Aufhebens von ihnen fernhalten
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