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Unter den Sternen von Rio

Unter den Sternen von Rio

Titel: Unter den Sternen von Rio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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gemacht? Es konnte doch nicht ernsthaft daran liegen, dass sie diesen Nilton nett gefunden hatte?
    Bel merkte, dass sie die Freundin mit ihrer abweisenden Art kränkte. Dabei riss sie sich schon sehr zusammen, um nicht ständig laut kreischend ihre Wut herauszulassen. Man hatte sie des einzigen Lichtblickes beraubt, der ihrem kleinen, trostlosen Leben ein wenig Glanz verliehen hatte. Denn ohne die Möglichkeit, in der Öffentlichkeit zu tanzen, fühlte sie sich leer und antriebslos.
    Ohne den Karneval war sie nichts.

8
    D ie Soldaten in Baracke 3 staunten nicht schlecht, als sie eine junge Frau in Hosen über das Rollfeld gehen sahen. Sie drückten sich die Nasen an den Fensterscheiben platt, um sich keine Sekunde dieses unerhörten Spektakels entgehen zu lassen.
    »Weitermachen!«, brüllte ihr Vorgesetzter, der die unangenehme Eigenschaft besaß, immer zum falschen Zeitpunkt aufzukreuzen, und der sie diesmal in flagranti dabei erwischt hatte, wie sie ihre Waffenpflege vernachlässigten.
    »Sehen Sie doch nur, Capitão«, wagte der junge Almeida zu sagen. »Da ist eine …«
    »Ich weiß, was da ist. Und jetzt: Waffen putzen!«
    Der Capitão war über alle Maßen empört. Nicht nur, dass die Weiber neuerdings Hosen trugen, und nicht nur, dass sich jetzt Frauenzimmer auf diesem Gelände herumtrieben und seine Männer von der Arbeit abhielten, nein, sie mussten sich auch noch in Flugzeugen herumfliegen lassen. Wo waren sie denn hier? Auf einem Jahrmarkt? Auf einem Sonntagsausflug im Park? Frauen hatten auf militärischem Gelände nichts verloren. Und noch viel weniger gehörten sie in ein Flugzeug. Er war da abergläubisch. Was jahrhundertelang für Schiffe gegolten hatte, nämlich dass eine Frau an Bord Unglück brachte, das galt heutzutage doch wohl auch für Flugzeuge, oder etwa nicht? Einen Vorteil hatte das Ganze wenigstens: Das Weib flog mit António Carvalho. Da durfte man ja geradezu hoffen, dass der Doppeldecker abstürzte. Denn wenn der Capitão eines noch geringer schätzte als Frauen, dann war es dieser eingebildete Zivilist. Welcher richtige Mann, der Pilot und Flugzeugkonstrukteur war, stellte seine Künste schon in den Dienst der zivilen Luftfahrt?
    António konnte sich ungefähr vorstellen, was sich hinter den Fenstern der Baracken abspielte. Caro indes war ahnungslos. Beschwingt und mit großen Schritten eilte sie über das Rollfeld, als könne sie gar nicht schnell genug bei dem Flugzeug sein. Dass ihre Hüften sich dabei verführerisch wiegten und dass ihre Hosen diesen Hüftschwung nur noch mehr betonten, schien ihr nicht bewusst zu sein. António musste sehr an sich halten, um sich nicht umzudrehen und den Capitão fies anzugrinsen.
    »Und du bist sicher, dass es sicher ist? Ich meine, du erwähntest doch, dass es sich um einen Testflug handelt.« Caro war aufgeregt. Echte Angst hatte sie keine, aber je näher sie dem Flugzeug kamen, desto mulmiger wurde ihr zumute.
    »Es ist ein bewährtes Flugzeug. Es wurde nur ein wenig überarbeitet, damit es die lange Strecke bewältigen kann. So hat es etwa größere Treibstofftanks bekommen. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
    Die machte sie sich aber trotzdem, denn nun, da sie direkt vor der Maschine standen, erschien ihr das Fluggerät unglaublich fragil. Selbst Henriques Automobil, die alte Blechkiste, nahm sich gegen dieses wacklige Ding robust aus. Nachdem sie eingestiegen war, verstärkte sich dieser Eindruck noch. Die Türen, die man wie bei einem Auto hinter sich zuzog, machten ein bedenklich blechernes Geräusch. Die Seitenfenster konnte man hochklappen, was Caro auch sogleich tat, denn sie schwitzte in ihrer viel zu warmen Kleidung, zu der António ihr geraten hatte.
Oben ist die Luft viel kälter.
Na hoffentlich.
    Er reichte ihr eine Lederkappe sowie eine Fliegerbrille, und sie setzte beides auf. Augenblicklich meinte sie zu ersticken, so heiß war es. Doch dann ließ António den Motor an, und das heftige Rappeln lenkte sie von ihren Schweißausbrüchen ab. Es war so laut, dass sie sich von nun an per Zeichensprache verständigen mussten. António schaute sie durchdringend an, lächelte ihr dann aufmunternd zu und reckte den Daumen. Ja, alles klar, deutete sie die Geste und erwiderte sie.
    Der Techniker, der zuvor bei der Inspektion des Flugzeugs sowie beim Anlassen des Motors behilflich gewesen war, zog jetzt die Keile fort, die vor den Reifen gelegen hatten. Fast im selben Moment rollten sie los. Das Vibrieren und der Lärm des

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