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Unter der Haut (German Edition)

Unter der Haut (German Edition)

Titel: Unter der Haut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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nur einen Meter eine Landstraße entlangfahren mussten.
    Im Krankenhaus von Salisbury saß meine Mutter mit ihrem flotten Hut, die Handtasche ordentlich auf dem Schoß, der Oberin an ihrem Schreibtisch gegenüber. Ein missmutiges junges Mädchen beobachtet die beiden Gegenspielerinnen voll heimlicher Verachtung, sehnt sich danach, angenommen zu werden, und hofft gleichzeitig, dass man sie ablehnt.
    Meine Mutter sagte, ich sei stark wie ein Pferd und intelligent und dass ich keine Zeugnisse hätte, tue nichts zur Sache, ebenso wenig wie mein jugendliches Alter. Die Oberin war nicht davon angetan, sich vom Royal Free Hospital in London bevormunden zu lassen, und sie sah gleich, dass ich eine aufsässige Krankenschwester werden würde, die sich keiner Disziplin fügt.
    Als Nächstes fragte mich ein rosahäutiger junger Mann, gerade frisch aus England eingetroffen, ob ich Tierärztin werden wolle, und ich entgegnete im Scherz, dass ich in der Tat eine Schwäche für Kudus hätte. Zur Strafe lud er mich ein, einer besonders ekelhaften Operation beizuwohnen – aber das will ich den Lesern ersparen –, und ich beschloss: wenn so etwas zum Beruf des Tierarztes gehört, dann ohne mich. Dennoch hätte ich eine passable Tierärztin oder Ärztin abgegeben. Ich hätte sogar Oberin werden können, weil ich die Tüchtigkeit meiner Mutter geerbt habe. Am besten hätte ich mich allerdings als Farmerin gemacht. Wir wissen, worin wir gut gewesen wären. Und mit wie viel Wehmut habe ich mir insgeheim vorgestellt, was aus mir geworden wäre, wenn der Zufall mich in die Gesellschaft jener Zauberkünstler berufen hätte, die die großen Abenteurer unserer Zeit sind – die Physiker.
    Wie ich dieses Jahr 1937 beschreibe, hängt davon ab, in welcher Erinnerungslaune ich bin. Es ist das Jahr, in dem ich zwei schlechte Romane schrieb, Übungsstücke.
    Es war das Jahr meiner ersten großen Liebe. Er arbeitete als Gehilfe auf einer benachbarten Farm, war fünfundzwanzig Jahre alt und anders als alle anderen Farmmitarbeiter. Er war zurückhaltend, stolz und gab sich den Anschein, als wäre er im Besitz eines Geheimnisses. Das kam daher, dass er seine Ansichten für sich behielt. Er bezog Zeitungen aus der Heimat, hörte BBC und ließ, obwohl er es sich nicht leisten konnte, die Sitten und Gebräuche im Distrikt zu kritisieren, Bemerkungen fallen, die die Farmer und ihre Frauen hellhörig machten. Er war groß, hatte dunkle Haare und sah gut aus. Sein Teint war dunkel. Auf den Veranden sagten sie, in seinen Adern fließe schwarzes Blut. Alles, was sie an diesem unnahbaren, düsteren Mann beunruhigte, fand in dem Geflüster Ausdruck: »Schau dir nur seine Augen an, die Haare, seine Fingernägel …« Das weckte in mir natürlich einen leidenschaftlichen Beschützerinstinkt, und ich liebte ihn noch mehr. Wenn ich in diesem Jahr überhaupt durch den Busch zog, um Tauben oder Perlhühner zu schießen, war ich vor Verliebtheit wie in Trance. Das Licht des Sonnenuntergangs auf den zarten, rosafarbenen Gräsern im
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, das leidenschaftliche Gurren der Tauben versetzten mich in … Meinen Liebesträumen mögen die durch Erfahrung gewonnenen Details gefehlt haben, aber sie waren so intensiv, dass ich regelrecht krank war.
    Nur wenige Mädchen haben keine Briefe dieser Art geschrieben; sie gehören zum üblichen Repertoire: »Ich liebe Dich, bitte bring mich fort von hier.« »Dein Brief hat mich, muss ich gestehen, einigermaßen überrascht.« (Heuchler! Lügner!) »Ich gebe zu, was ich für Dich fühle, ist ein wenig mehr als Freundschaft, aber natürlich bist Du viel zu jung.«
    Mein Brief war unverzeihlich. Ich schrieb, dass mir die Farbe seiner Haut nichts ausmache, dass alle dumm und voller Vorurteile seien. Seine Antwort war kühl, korrekt: Wahrscheinlich wusste er nicht, dass der Distrikt ihn so endgültig als jemanden, der nicht dazugehörte, abgestempelt hatte. Ich wand mich noch Jahre später vor Scham, aber wozu? Wer meint, ich hätte mich ziemlich häufig vor Scham gewunden, hat recht. Was bleibt jungen Leuten anderes übrig angesichts der peinlichen sozialen Situationen und des Gefühls, man würde nie aus der kindlichen Unbeholfenheit herauswachsen? Aber das geht auf andere Art und Weise das ganze Leben so weiter. »Willst du wirklich behaupten«, fragt sich eine mittelalte, eine ältere oder eine alte Person vielleicht ärgerlich, »willst du allen Ernstes behaupten, dass du noch vor fünf Jahren so dumm warst?«
    Als der Krieg zwei

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