Unter der Haut (German Edition)

hatte tatsächlich Risse bekommen, angenommen, er war in einer Position, in der er Befehle ausführen musste, die ihm zuwider waren? So etwas kam in der kommunistischen Welt ja nicht gerade selten vor …
    Gottfried wurde 1979 ermordet. 1949 plante er eine Zukunft in England als seiner zweiten Heimat. 1949 saß ich auf einer Veranda in Kapstadt und freute mich darauf, Gottfried bald in London zu treffen. Sechs Wochen lang saß ich dort, nahm alles in mich auf und machte Pläne … Sechs Wochen sind eine lange Zeit, wenn man jung ist, noch keine dreißig.
    Ich blickte nach vorn, ohne je einen Blick zurückzuwerfen. Ich wartete darauf, dass meine Zukunft, mein wahres Leben anfing. Hinter mir war eine Tür zugeschlagen. Schon mein Leben lang waren immer wieder Türen hinter mir zugeschlagen. Der schlimmste Moment, den ich in meiner Erinnerung mit dem Türenzuschlagen verknüpfe, war der, als ich noch vor meinem siebenten Lebensjahr ins Internat geschickt wurde. Ich kannte mich mit dem Mechanismus dieses Zuschlagens aus und konstatierte nicht den äußerlichen lauten Knall, sondern das, was in mir vorging. Wenn es ein Mensch ist, der zurückgelassen wird, geht die Tür von allein zu. Ach, denke ich, die Tür ist zugegangen, oder? Von da an erwarte ich nichts mehr, verhalte mich weiterhin mehr oder weniger so, als wäre nichts geschehen. Doch wie alt ist diese Frau, die da so vertrauensvoll, so optimistisch auf einen anderen Menschen zugeht, weil sie denkt, da ist ein Freund, ein echter Freund fürs Leben? Viel zu jung, um begriffen zu haben, wie töricht es ist, zu viel zu erwarten. »Ach, die Tür ist zugegangen? Interessant …« Es gibt nichts Unerbittlicheres als diesen Prozess, über den man keinerlei Kontrolle hat.
    In diesem Buch habe ich mich als ein Produkt der McVeaghs, Flowers, Taylers, Batleys, Millers, Snewins und Cornishs präsentiert, guter, solider englischer, schottischer und irischer Kompost, angesetzt in Kent, Essex, Suffolk, Norfolk, Devon und Somerset. Ich habe meinen Platz eingenommen, ein kleiner Zweig an einem großen Stammbaum. Aber damals habe ich mich ganz anders erlebt. Damit ist es nun aus und vorbei, dachte ich, denen bin ich ein für alle Mal entkommen, und meinte damit die Klauen der Familie. Ich wurde aus mir selbst heraus neu geboren – so empfand ich es.
Ich wollte es nicht wahrhaben.
Ich war nicht auf dem Weg nach Hause zu meiner Familie, ich war auf der Flucht vor ihr. Die Tür war zugeschlagen: Das war’s.

Glossar
    assegai
Speer
biltong
getrocknetes Fleisch
gymkhana
ein Tag der Sport- und Spielwettbewerbe, an dem vielerlei Sport getrieben wird; den Mittelpunkt bilden Pferderennen und Springturniere
kaross
Bettdecke aus Tierfellen
kopje
Hügel
kraal
Koppel für Rinder oder anderes Vieh; oder auch Dorf, wie zum Beispiel im Kontext der Frage:
Gehst du heim in den
kraal
, um deine Familie zu besuchen?
the lands
Woher stammt bloß dieser hochherrschaftliche Begriff?
mbira
Zanza, Zupfdiophon
mombies
Shona-Wort für Hausrinder
piccanin
kleines schwarzes Kind
rimpi
Gurt aus gegerbtem Fell
sjambok
Nilpferdpeitsche
skellum
etwas Bösartiges oder Bedrohliches, wie ein Fluch, oder jemand, der niederträchtig ist
rondaavel
eine runde Ziegel- oder mit Pfählen gestützte Lehmhütte, meist strohgedeckt
veldschoen
Rindslederschuhe
vlei
ein Tal, meist mit einem hindurchführenden Wasserlauf

Dank
    Autorin und Verlag danken für die freundlichen Abdruckgenehmigungen aus: Idries Shah,
Coercive Agencies
, aus:
Caravan of Dreams
(The Octagon Press Ltd.); Edward T. Hall, aus:
The Dance of Life
(© 1983 by Edward T. Hall). Nachdruck genehmigt durch Doubleday, Bantam Doubleday Dell Publishing Group, Inc.; Tom Mangold, aus:
Cold Warrior
(© 1991 by Tom Mangold). Abdruck genehmigt durch Simon & Schuster Ltd.; Ossip Mandelstam,
Meine Zeit
, aus:
Tristia
(Ammann Verlag, Zürich 1993 );
I’ve Got You Under My Skin
(Porter),
Night and Day
(Porter),
Cheek to Cheek
(Berlin),
Brother Can You Spare A Dime
(Gorney/Harburg),
Man I Love
(Gershwin),
Swinging on a Star
(van Heusen/Burke),
There’s a Small Hotel
(Rodgers & Hart),
It’s a Sin to Tell a Lie –
Abdruck genehmigt durch Warner Chappell, Music Germany, München;
Blue Skies
, BMG Musik Verlag, München;
Red Sails in the Sunset
(Musik von Hugh Williams, Text von Jimmy Kennedy) © 1935 . Abdruck genehmigt durch Peter Maurice Music Co. Ltd., London WC 2 H OEA ;
Goodbye-ee
(Text und Musik von R. P. Weston und Bert Lee) © 1917 . Abdruck genehmigt