Unter die Haut: Ein romantischer SM-Roman (German Edition)
einem Kleidungsstück, wie ich es nie zuvor gesehen hatte.“
„ Und du ?“, fragte Juliette.
„ I ch war vollkommen geplättet, so etwas Seltsames war mir noch nie passiert“, erwiderte Susanna lachend, „ich habe Erma Bombeck kurzerhand auf irgendeinen Bücherstapel gelegt, Sarahs Lektüretipp bezahlt und bin in ziemlich unvernünftigem Tempo nach Hause gefahren, denn ich war ungeheuer gespannt.“
„ Was war es für ein Buch?“ Juliette war neugierig geworden und rührte ein wenig angespannt in ihrer längst leeren Cappuccinotasse.
„ E s hatte einen merkwürdig eindeutig zweideutigen Einband. Allerdings war es nicht das Buch allein! Sarah hatte eine Widmung hineingeschrieben, einige Zeilen in einer kraftvoll geschwungenen Handschrift: ' Lies und melde dich, wenn du bereit bist!' Ich war erschüttert aber irgendwie völlig fasziniert von dem, was ich zu lesen bekam. Das Buch behandelte auf eine mir ganz neue, sensible Weise eine Art savoir vivre im sadomasochistischen-Bereich. Wunderschön, sehr romantisch und aus meiner Erfahrung überhaupt nicht vorstellbar, aber umso wünschenswerter. Ich habe nicht lange gezögert und, fasziniert wie ich war, wandte ich mich an den Buchhändler und fand sehr schnell eine Erklärung für das Zusammentreffen mit Sarah. Ich hatte sie wohl gerade noch im Gehen erwischt, nachdem sie eine Lesung ihres frisch gedruckten Romans mit anschließender Autogrammstunde gehalten hatte.“
„ Also keine wirkliche Wunderfigur, sondern eine geschäftstüchtige Autorin“, hatte Juliette konstatiert, wollte aber Genaueres über den Inhalt erfahren, denn die Freundin sprach von Dingen, die ihr fremd geworden waren.
Susanna berichtete von Lust, Unterwerfung und Männern, die noch wirklich Männer sind, von Hingabe und Leidenschaft, von Schmerzen, von Höhenflügen, vom Nehmen und Genommenwerden, vom Frausein, während Juliette, mit sich langsam mehr und mehr rötenden Wangen es sich verkniff, die Toilette aufzusuchen. Susanna sah Juliette an, erkannte den Zustand, in dem sich die Freundin gerade befand.
„ Du geh jetzt erst mal Kaffee wegbringen, d as gibt mir die Möglichkeit zu überlegen, was ich an dieser Stelle noch wagen soll, dir zuzumuten.“
Juliette sprang ziemlich erleichtert auf.
Als sie an den Tisch zurückkehrt e, s ah sie Susanna fragend an, die sehr in sich gekehrt auf ihre Unterlippe biss. Zwei Wermutgläser standen mittlerweile auf dem winzigen Tischchen, kleine feuchte Ränder auf der polierten Chromfläche hinterlassend. Wermut war immer das Getränk gewesen, das sie sich in Studienzeiten gegönnt hatten, wenn es ernst wurde, wenn es etwas zu bereden gegeben hatte. Juliette wirkte gespannt, etwas in Susannas Ausdruck und Haltun g ließ ihre Alarmglocken schrillen.
Susanna holte tief Luft. „Juliette, ich weiß, wir sind uns immer sehr ähnlich gewesen, in unseren, na ja sagen wir, sexuellen Präferenzen. Du erinnerst dich, die Sache mit Jerome hatte damals schon etwas mit einer gewi ssen Prise Masochismus zu tun. Ich war fasziniert von der Möglichkeit, mich fallen zu lassen, e ntdeckte ein Gefühl in mir, das mir bis dahin völlig fremd gewesen war. Je härter es zuging, umso erregender empfand ich den Sex. Ich bin mir fast sicher, bei dir die gleichen Reaktionen gespürt zu haben.“
Weit weg war das jetzt für Juliette, dennoch gelang es ihr für einen kurzen, kostbaren Moment, das alte Gefühl wieder heraufzubeschören. Sie nickte lächelnd.
„ Das war es, was mich damals so schnell in die Heirat mit Frank getrieben ha t“, fuhr Susanna fort. „I m Grunde kann ich froh sein, dass der Kerl in Beziehungsdingen so grenzenlos faul war. Wäre er es nicht gewesen, wer weiß, ob ich nicht seelisch und sogar körperlich an dieser Beziehung zugrunde gegangen wäre.“
Juliette sah die Freundin fragend an. Sie bemerkte, dass etwas in ihr wühlte, das sie teilen wollte, etwas, wovon sie nicht sicher wusste, ob Juliette es würde verkraften können.
„ Frank ist nur darauf bedacht gewesen, seine eigene Leidenschaft auszuleben, ohne Rücksicht zu nehmen auf mich, brutal, manchmal grenzenlos. Hätte ich die Kinder nicht bekommen, er hätte mich kaputtgemacht, da bin ich mir heute sicher. Es muss mit meiner Mutterrolle zu tun gehabt haben, dass er mich plötzlich in Ruhe ließ; das hat mich offenbar geschützt, andererseits hat er eigentlich von da an jedes Interesse an mir verlor en.“
„ Hat er dir Schaden zugefügt?“, wollte Juliette wissen; sie ertrug
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