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Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Titel: Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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wie ein Fisch vor, der zwischen den Beinen eines Anglers lag. Das Öffnen des Mundes war wie ein sinnentleerter Gestus. Ein lächerliches Mienenspiel. Als habe er den Haken noch im Maul und der Angler betätige sich als Puppenspieler oder aus schierem Hohn, indem er daran ziehe.
    Allerdings war es kein Spiel. Firm drohte zu ersticken.
    Wenn niemand ihm einen Schlag auf den Kopf versetzte, würde er das Bewusstsein mit dem vollen Wissen verlieren, nie wieder zu erwachen. In seinem Kopf versuchte er, sich verzweifelt zur Vernunft zu rufen. Er forderte sich auf, seinen Körper auf die Seite zu rollen, damit es helfe, den Schleim zu lösen. Nur, wie sollte es gelingen? Die Lähmung verdammte ihn zur Hilflosigkeit. Die Schwere und Mattigkeit seines Körpers hing an ihm wie ein Sack Kartoffeln. Firm war nicht imstande, sich in Bewegung zu setzen.
    Ein leeres Röcheln verkündete das nahende Ende. Die Panik durchfuhr ihn, er japste und schnappte hilflos nach Luft, bis plötzlich ein Teil des Schleimes abging. Firm sog begierig den Sauerstoff ein, schluckte ihn versessen hinunter, keuchte müde und schloss beruhigt die Augen, sodass sich Tränen lösten und seine Wangen hinabrannen. Er versuchte, sich zu fassen, während er sich bereits wieder fragte, was die Nachricht auf dem Rücken des Geistes zu bedeuten gehabt hatte.
    Ein Kind hatte sie geschrieben, das war an der Schrift nur allzu deutlich erkennbar gewesen, doch hätte es kaum die Möglichkeit gehabt, den Zettel in der Höhe des Rückens zu befestigen. Wie also war die spottende Notiz dorthin gekommen? Und aus welchem Grund? Firm schalt sich einen Narren. Er sah das dümmliche Grinsen von Little Shepherd vor den Augen und wusste, dass er minderbemittelt gewesen sein musste.
    Doch wessentwegen kam er zu ihm? Welchen anderen Grund sollte es haben, als den misslungenen Heimgang an ihm zu einem Erfolg zu wenden? Er hätte tot sein sollen und hatte dennoch seinen Mörder überlebt. Aber Firminus verstieg sich in der Überzeugung, es sei ihm nicht gelungen. Er lebte, und das war eine Freude, sagte sich Firm, dem schon wieder die Lider schwer zu werden drohten, aber wie lange noch? Die Freude eben versiegte nur allzu schnell. War sein Durst bedrohlicher geworden und der Hunger ein schwächender Schmerz.
    Was war nur mit Margarete Graft? Machte sie ihre Androhungen jetzt wahr und ließ ihn hier verschmachten? Aber aus welchem Grunde sollte sie es tun? Er hatte nicht einmal das Vermögen aufgebracht, die Frau mit Wort oder Tat zu vergrämen. Oder hatte sie ihn schlicht und ergreifend aufgegeben? War Little Shepherd womöglich deshalb aufgetaucht? Erklärte sich so sein Abschiedsgrinsen? Wartete sein Geist gar im Jenseits auf Firminus? Wollte er sich an dessen Ende ergötzen?
    Das wollte er ihm vergällen, schwor sich Firminus Becket und mühte sich, zu rufen und sich zu bewegen. Er würde sterben, das ward ihm urplötzlich gewiss. Dies war sein Totenlager, wenn er nicht aufstand oder um Hilfe anrief. Er musste alle Schwäche, alle Lähmung und jedwede Hemmung überwinden.
    Er wollte leben. Er wollte in den Battersea Park und die Frauen wieder in ihren edlen Stoffen bestaunen. Er wollte fleißig sein und sich einen kargen Lohn erarbeiten. Er wollte wieder auf trockenem Brot herumkauen und wieder Wasser aus einem Brunnen trinken. Frisches, kühles Nass.
    Firm keuchte und ächzte. Sein Herz schlug wie wild, und Blut sammelte sich in seinem Kopf. Er spürte keine Spannung in den Sehnen und Muskeln und verzweifelte bald daran. Allein – er ließ nicht ab. Ein Ruf nur. Eine Bewegung bloß. Es musste gelingen, sonst würde er sterben, das wusste er.
    Frisches, kühles Nass.
    Er stemmte sich gegen seine Müdigkeit und Schlaffheit wie gegen ein Baugerüst an, welches über ihm zusammenzubrechen drohte. Er würde nicht hier sterben.
    Frisches, kühles Nass.
    Er würde nicht auf diese Weise sterben. Seine spärlichen Kräfte verließen ihn, allein sein Wille drückte wider das Unvermeidliche.
    Unvermittelt bewegte sich ein Arm und stieß ihn zur Seite. Firm lachte, als er auf die Seite rollte. Und er konnte das Lachen hören. Es klang wie ein ersticktes Glucksen, doch es war immerhin ein Laut und sprach von Freude. Die verging ihm sogleich, denn seine Bewegung hatte ihn schon an den Rand des Bettes gebracht, sodass er das Gleichgewicht verlor und stürzte. Er schlug auf den Holzboden auf. Sein Kopf fiel in eine tönerne Schale, die vor seinem Bett gestanden und in der sich eine weiße

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