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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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geschrieben hatte, wo er den Eintrag gemacht habe und so weiter. Doch Barthe beteuerte, das Buch nie irgendwo mit hin genommen zu haben.
    Daraufhin wurden die Midshipmen, die Diener und auch Hawthorne befragt, der sich daraufhin in der Messe einfand. Doch niemand hatte das fragliche Buch gesehen. Bald erschien auch Wickham in der Messe und schien sich zu freuen, wieder an Bord sein zu können.
    Griffiths regte an, gemeinsam zu überlegen, wer an diesem Tag alles in der Offiziersmesse gewesen war. Und als man die Namen der Leute durchging, die infrage kamen, fiel auch Leutnant Herald Landrys Name. Eine unheilvolle Stille senkte sich über die Messe.
    »Für das Kriegsgericht wird das Logbuch benötigt«, stellte Archer fest. »Mein Bruder meint, dass auch die Aufzeichnungen der Offiziere eingereicht werden müssen, aber das Logbuch ist unerlässlich, da es sich um den offiziellen Bericht unserer Fahrt handelt.«
    Barthe sank langsam auf einen Stuhl und wurde ganz blass. »Ich allein bin verantwortlich für die sichere Verwahrung des Logbuchs«, seufzte er.
    Auch wenn nicht darüber gesprochen wurde, so wussten doch alle Anwesenden, dass der Master schon einmal seine Pflichten vernachlässigt hatte.
    »Aber Sie haben es doch bestimmt sicher aufbewahrt«, versuchte Griffiths ihn aufzumuntern. »Jemand hat es mitgenommen - gestohlen, wie es aussieht.«
    »Wenn das offizielle Logbuch nicht mehr da ist«, fasste Wickham nachdenklich zusammen, »dann kann jeder Vorfall infrage gestellt werden. Der Kapitän und Landry beschreiben ein Ereignis so, die übrigen Offiziere jedoch anders. Dann steht Aussage gegen Aussage, und die Kapitäne des Kriegsgerichts müssen entscheiden, wem sie Glauben schenken.«
    »Da frage ich mich, wem das Gremium glaubt«, merkte Griffiths ernüchtert an.
    Eine ernsthafte Diskussion folgte, denn da ein konkreter Termin feststand, erhielt das Kriegsgericht eine Unmittelbarkeit, die es zuvor nicht gehabt hatte. Diejenigen, die schon einmal ein Kriegsgericht erlebt hatten, berichteten von ihren Eindrücken und antworteten bereitwillig auf die Fragen der anderen.
    »Der König selbst ist der Kläger«, sagte Barthe. Hayden ahnte, dass der Master mehr als einmal Bekanntschaft mit dem Kriegsgericht gemacht hatte, jedoch nicht gern darüber sprach. »Alle Offiziere und Besatzungsmitglieder werden wegen des Verlusts der Themis vor Gericht gestellt.«
    »Aber es war doch Meuterei«, betonte Wickham ein wenig verwundert. »Trifft denn die Meuterer keine Schuld mehr?«
    »Doch, Mr Wickham«, erklärte Hawthorne, »sie werden gesondert abgeurteilt und mit Sicherheit alle am Galgen enden. Der Verlust des Schiffes ist der einzige Anklagepunkt, dem wir uns stellen müssen. Und da tut es nichts zur Sache, auf welche Weise ein Schiff verloren geht - es wird immer ein Kriegsgericht einberufen. Habe ich recht, Mr Barthe?«
    »In der Tat. Wenn ein Schiff verloren geht«, erklärte der Master ruhig, »so liegt das bisweilen daran, dass nicht unbedingt der Kommandant, sondern ein Offizier einen Fehler gemacht hat oder einfach zu nachlässig war. Vielleicht hat sich der Master bei der Navigation vertan, aber alle Offiziere werden angeklagt. Natürlich muss sich insbesondere der Kommandant den Fragen stellen und ist am meisten in Gefahr.«
    »Hart soll zur Hölle fahren«, sagte Hawthorne, »ich mache mir eher Sorgen um die Gentlemen der Messe. Wie sollen wir uns gegen die Vorwürfe zur Wehr setzen? Ich für meinen Teil möchte keine Schuld tragen, doch auch ich werde Rede und Antwort stehen müssen. Denn es ist Aufgabe der Seesoldaten, das Schiff vor Meuterern zu schützen.«
    »Sie alle müssen aufschreiben, was sich ereignete, als Sie die Meuterei bemerkten«, sagte Hayden. »Und zwar so genau wie möglich. Ich habe keine Zweifel, dass Sie sich alle ehrenvoll benommen haben. Sie haben nichts zu befürchten.«
    An diesem Abend brannten die Lampen lange in der Offiziersmesse, als sich die dort Versammelten Antworten auf Fragen zurechtlegten, die womöglich vor Gericht gestellt werden würden.
    Während die anderen ihre Berichte schrieben, begab sich Hayden ein Deck höher in die Kapitänskajüte und ließ den jungen Worth rufen, den »Adam Tiler« an Bord. Der Bursche - er mochte noch keine neunzehn sein - schlüpfte kurz darauf leise in die Kabine. Dieser noch sehr unerfahrene Seemann war eine äußerst unauffällige Erscheinung. Hayden glaubte sogar, dass sich kaum jemand an Worth erinnern könnte, wenn der Bursche den

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