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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Legere
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geschossen. Wir haben ein Recht, diese Verbrechen zu ahnden!«
    »Kannst du mir sagen, welches der Grund für die Beschießung eurer Stadt war?«
    »Man wollte den Dey stürzen.«
    »Und ist es geschehen?«
    »Nein. Sie haben es zuletzt nicht gewagt.«
    »Pah! Wenn man gewollt hätte! Aber deine Antwort ist falsch. Weil ihr meine Brüder, die euch, ich wiederhole es immer wieder, nichts zuleide getan haben, unmenschlich behandelt, deshalb mußte Algier leiden.«
    »Wir sind dabei, den Schlag zurückzugeben!«
    »Es wird auf die Dauer nicht gelingen. Die Europäer sind, wenn sie nur wollen, euch hundertfach überlegen.«
    »Wie kannst du das sagen?« entrüstet sich Omar. »Kein Schiff entschlüpft uns.«
    »Wir werden sehen. Doch lassen wir das. Du siehst noch nicht ein, daß Menschenraub etwas ganz Schändliches ist, auch wenn man dir selbst, der du ein Mohammedaner bist, die Freiheit genommen hat. Ist das richtig?«
    »Ich war ungehorsam.«
    »Dafür mußt du bestraft werden, das ist in Ordnung.
    Aber nicht so, daß man dich, einen Rechtgläubigen, wie einen, wie ihr sagt, Christenhund behandelt.«
    Der Junge reißt die Augen auf. Daß man ihn auf eine Stufe mit den Christen stellt, erschüttert ihn bis ins Innerste. Dieser ehemalige Sklave hat die Lage richtig eingeschätzt. Seine eigenen Freunde und Kampfgefährten haben ihn wie einen räudigen Hund behandelt. Hätten sie ihn getötet, wäre es nicht so schlimm gewesen, wie es jetzt ist.
    Der Schiffsjunge Omar, der Gefangene des berüchtigten Sklavenhalters Osman, ist tief unglücklich. Die er noch vor kurzem liebte, wenn er auch so oft unter ihrer Härte litt, die Kameraden des Piratenschiffes, sie haben ihn schmählich verraten. Wenn man mit ihm so verfährt, dann mag vielleicht manches stimmen, was er soeben von dem Alten gehört hat. Aber der Mann ist ein Europäer. Er sieht sicherlich alles falsch. Sicherlich! Oder doch nicht?
    Omar ist in einen Irrgarten geraten, dessen Ausgang er nicht finden kann. Zweifel und kurz danach wieder un-bedingte Gewißheit wirbeln durcheinander.
    »Allah, Allah! Ich danke dir, du Großer, Gütiger, Allie-bender, Allmächtiger!« Wieder, wie immer in den letzten Tagen, beschließt Omar sein Gebet mit diesen gro-
    ßen Worten.
    Der Allgewaltige wird fühlen, wie meine Seele jauchzt und von Dank erfüllt ist, so stark, daß ich es nicht in die Sprache umsetzen kann. Stammeln nur kann der
    Mensch, wirr, unklar, was an Gewaltigem ihn bewegt. Er aber, Allah, wird alles richtig zu würdigen wissen.
    Was sonst, als seine Güte, hat Befreiung gebracht? Was sonst, als seine Macht, hat das Gefängnistor geöffnet und das Leben neu geschenkt? »Allah, Allah! Wie schön, unendlich schön ist das Leben!«
    Omar ist in einen frommen Taumel geraten. Unvorstellbares Glück ist ihm beschieden gewesen, für das er danken muß.
    Er blickt sich um, sieht in Gesichter, die verändert sind, und es sind doch dieselben, die ihn seinerzeit höhnisch lachend, unbeteiligt an dem bittren Los, das ihm beschieden sein sollte, in die Sklaverei ziehen ließen. Alle sind noch auf dem Schiff, bis auf einen: den Reis.
    Nun ist der ehemalige Schiffsjunge Offizier, der jüngste Offizier der algerischen Flotte. Jetzt darf man ihn nicht mehr peinigen, schlagen, mit den Füßen nach ihm treten.
    Alle sind nun bemüht, ihn sich zum Freund zu machen.
    Hoffentlich erinnert er sich nicht an das Gewesene. Es wäre schlimm; denn er besitzt die Macht, sich zu rächen.
    Eines Tages kamen Abgesandte aus Algier zu Osman.
    Stolze, herrische Menschen, die sich nicht vor dem Scheik fürchteten. Sie fragten nicht einmal, ob sich der Schiffsjunge Omar hier befinde; sie verlangten klipp und klar die Freilassung.
    »Ein Pferd für ihn!« befahlen sie. Es war nicht das schlechteste Tier, das sie aus der Herde heraussuchten.
    Ein edler Araber, feurig, schnell. Der Scheik war – Omar stand dabei und konnte es sehen – wütend, daß man gerade dieses Tier wählte, wagte es aber nicht, Einspruch zu erheben.
    Fort ging es nach Algier. Man behandelte ihn mit Aufmerksamkeit, zuvorkommend, nahm Rücksicht auf seinen geschwächten Körper. »Wohin bringt ihr mich?«
    hatte Omar gefragt.
    »Zu Mustapha.«
    Mustapha mögen Tausende in der großen menschenrei-chen Stadt heißen, es ist ein ganz gewöhnlicher Name.
    Leider war über diesen Mustapha von den Begleitern nichts Näheres zu erfahren. Sie schwiegen beharrlich.
    Einer lächelte geringschätzig über Omars Fragen.
    Als er dann diesem

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