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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Legere
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betrachtet den Fund des Vetters lange.
    »Es ist wirklich eine Planke. Schade. Ob es noch mehr davon gibt?«
    »Schon möglich. Suche weiter.«
    Der Blick löst sich von dem Punkt im Wasser. Das Glas wird nach links, nach rechts gewendet. Der Suchende findet nichts.
    De Vermont hat sich wieder bequem auf die Reling ge-stützt. Ab und zu wirft er ein Stück Brot in die Luft. Wie Pfeile schießen Möwen danach und erhaschen es im Flug. Der Zwischenfall ist als unwichtig abgetan. De la Vigne mustert noch immer die Wasserwüste.
    »Pierre-Charles, schnell, schau hin! Ich glaube, ich…
    Aber ich bin meiner Sache nicht sicher.«
    »Nanu, du zitterst ja. Gib her!«
    »Dort, dorthin!« Der Vetter blickt noch nicht genau in die bestimmte Richtung. »Nicht da, dort, dort! So ist’s recht! Was siehst du?«
    »Einen Menschen!«
    »Ja, ja!«
    »Mann im Wasser!« brüllt de Vermont.
    Kapitän Deslonge kommt mit schnellen Schritten zu den beiden Vettern.
    »Sie gaben Alarm, Herr de Vermont?«
    »Schauen Sie selbst!«
    »Danke. – Es ist so. Ich werde sofort die nötigen Anweisungen erteilen.«
    Plötzlich ein Laufen und Rennen. Befehle erschallen.
    Werden ausgeführt. Das Schiff wechselt den Kurs, wird gestoppt. Soeben schwenkt man die Schaluppe aus.
    »Wollen Sie mitfahren?« fragt Kapitän Deslonge den jungen Landsmann, der mit dem Vetter den Platz im Vorderschiff verlassen hat. »Ich bitte darum.«
    »Steigen Sie hinab. Auch Sie, Herr de la Vigne, wenn Sie Lust dazu haben.«
    Und ob der junge Reisende Lust hat! Wenn schon die Überfahrt nach Afrika solche aufregenden Stunden bringt, was mag dann erst der fremde Erdteil für Überraschungen und Abenteuer zu bieten haben? Herrliches Leben! Er wird es in vollen Zügen genießen; es wird ihn aufgeschlossen für alles Strahlende, Schöne, Große finden. An die harten Schatten, die unabdingbar zur grellen Sonne gehören, denkt er in seinem Überschwang nicht.
    Von kräftigen Ruderschlägen getrieben, macht das Boot schnelle Fahrt. Immer näher kommt man dem Verunglückten.
    Der Dritte Offizier der »Toulon«, der die Rettung leitet, steht im Bug der Schaluppe. Neben ihm Pierre-Charles de Vermont.
    Jetzt ist schon Genaueres zu erkennen. Der Mann liegt auf einer Tür. Die Rechte ist um den Türgriff gekrampft.
    Tot anscheinend. Die Starre hat verhindert, daß der Leichnam von den Brettern herabgespült wurde. »Armer Kerl«, murmelt der Offizier. »Wir wollen ihm wenigstens ein anständiges Seemannsgrab bereiten. Packt an, Leute, herüber mit ihm! Einen Sack werden wir auf der Fregatte noch übrig haben, und zu einem Gebet wird auch Zeit sein.«
    Es macht Mühe, die verkrampften Finger zu lösen. Die Bergung kann nur von einigen der Ruderer getan werden; die anderen müssen das Boot im Gleichgewicht halten.
    »Nicht tot. Der Mann ist nur bewußtlos«, meldet einer.
    »Dann beeilt euch! Wir müssen ihn retten«, drängt der Führer.
    Beim Übernehmen in das Boot berührt der Kopf des Bewußtlosen den Rand. Ein gräßlicher Schrei ertönt. Der den Oberkörper haltende Träger zuckt zusammen. Wieder schlägt der Kopf auf. Ein zweiter Schrei, schneidend, durchdringend, furchtbar wie der erste.
    »Festhalten, Mann!« herrscht de Vermont den Matrosen an. »Wahrscheinlich hat der Unglückliche eine Wunde am Kopf. Schnell herein mit ihm. Ich werde sofort nachschauen.«
    Pierre-Charles zieht den Rock aus, knüllt ihn zu einem Kissen zusammen, auf das er den Bewußtlosen bettet.
    Der junge Offizier wollte aufbegehren. Herr de Vermont ist Passagier. Angesichts der Mühen, die sich der Herr aber um den Mann macht, sogar seinen fleckenlosen tabakbraunen Rock kurzerhand auszieht und zum Kissen zusammenknüllt, hält er es für richtiger zu schweigen.
    Sollte aber de Vermonts Anzug beschmutzt werden, dann wird über die Mannschaft ein Donnerwetter he-reinbrechen, die es an Sauberkeit hat fehlen lassen.
    Ganz leicht streicht die Hand über den Kopf des Schiffbrüchigen. Da zuckt dieser zusammen. Die Finger haben eine große Beule wenige Zentimeter unter dem Wirbel berührt. Ein Wunder, daß noch Leben in diesem Menschen ist.
    »Ein Unglück oder, was wahrscheinlicher ist, ein Verbrechen ist hier geschehen. Ich kenne mich in solchen Sachen etwas aus«, erklärt de Vermont dem Offizier.
    »Dann los! Legt euch in die Riemen, damit wir dem Kranken ärztliche Hilfe bringen können!«
    »Einen Augenblick. Was wird mit der Tür?«
    »Lassen wir schwimmen!«
    »Ich würde sie mitnehmen, Herr

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