Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)
Ihr Vizepräsident ist ein sehr überzeugender Mann«, sagte er, immer noch sichtlich geschockt, von ihm persönlich angerufen worden zu sein.
»Eine Menge Leben sind in Gefahr, und die Zeit ist knapp«, sagte Pitt.
»Ich lasse unsere Krankenschwester kommen und Ihnen frische Kleidung besorgen, während wir uns unterhalten.«
Madrid führte sie in sein Büro, in dem eine große Wandkarte hing, die den Kanal abbildete. Ein Mann in Tarnkleidung studierte einige Luftaufnahmen, die auf einem Tisch lagen.
»Darf ich Sie mit Commander Alvarez bekannt machen? Er ist der Chef unserer Einsatztruppe und wird Ihre Rettungsaktion leiten.«
Sie gingen zu dem Tisch hinüber, tauschten einige Höflichkeiten aus, ehe Pitt seine Entführung und die Abläufe in Bolckes verstecktem Urwaldunternehmen beschrieb.
»Wir haben uns die Transitprotokolle von Habsburg Industries einmal näher angesehen und ein höchst seltsames Muster gefunden, nach dem die Kanaldurchfahrten stattgefunden haben«, sagte Madrid.
»Ihre Schiffe fahren am einen Ende hinein«, sagte Pitt, »und kommen erst Tage später am anderen Ende wieder heraus.«
»Stimmt genau.«
»Sie bringen gekauftes oder gestohlenes Roherz zu der Anlage und fahren mit dem fertigen Produkt wieder hinaus.«
Madrid nickte mit gequälter Miene. »Die Passage von Handelsschiffen durch den Kanal wird strengstens überwacht. Offensichtlich bekommen sie aber Hilfe von den Lotsen oder unserem eigenen Schleusenpersonal, um zu gewährleisten, dass solche Durchfahrten nicht auffallen.«
»Bei ihrem Produkt geht es um eine Menge Geld«, warf Pitt ein. »Daher können sie fürstliche Schmiergelder zahlen.«
»Mr. Pitt, können Sie uns zeigen, wo genau sich die Anlage befindet?«, fragte Alvarez.
Pitt trat an die Wandkarte und folgte mit einem Finger den Gleisen der Panama Canal Railway, die nicht weit vom Ostufer des Kanals verliefen.
»Ich kann nur raten, dass ich irgendwo in dieser Region auf das Bahngleis gestoßen bin.« Er deutete auf eine abgelegene Zone in der Nähe des Gatun-Sees, etwa dreißig Meilen von Panama City entfernt. »Der Betrieb muss irgendwo zwischen dem Kanal und der Eisenbahnlinie versteckt sein.«
Alvarez blätterte in einem Aktenordner und holte ein Päckchen farbiger Luftaufnahmen heraus.
»Das müsste in etwa die Region sein.« Er untersuchte jedes Foto aufmerksam, ehe er es die Runde machen ließ. Darauf waren dichte Dschungelgebiete zu sehen, die stellenweise bis an den Gatun-See heranreichten. Einige Bilder zeigten die Strecke der Panama Railway, die den Dschungel durchquerte, doch auf keinem Foto befand sich auch nur ein vager Hinweis auf Bolckes Betrieb. Sie überprüften vierzig Fotos, und Madrids Miene wurde von Foto zu Foto skeptischer.
»Einen Moment mal«, sagte Summer plötzlich. »Zeig das letzte Foto noch mal.«
Dirk reichte ihr das Foto, und sie legte es neben ein anderes auf den Tisch. »Sehen Sie sich mal auf beiden Bildern den Dschungel ganz genau an.«
Die vier Männer reckten die Hälse und sahen auf beiden Fotos ein gleichförmiges Laubdach, das den Dschungel überspannte.
Niemand sagte etwas, bis Pitt ein drittes Foto daneben legte. »Es ist die Farbe«, sagte er. »Sie verändert sich.«
»Genau.« Summer deutete auf eins der Fotos. »Da ist eine schnurgerade Naht, an der sich der Dschungel ein wenig grau färbt.«
»Das sehe ich«, sagte Madrid.
»Über der gesamten Anlage wurden künstliche Dächer installiert«, sagte Pitt. »Sie sind jedoch im Laufe der Zeit verblichen und stimmen farblich nicht mehr mit dem restlichen Urwald überein.«
Alvarez setzte die Bilder aus mehreren aneinander angrenzenden Fotos zusammen, bis das Bilderpuzzle eine ausgeprägte Halbinsel zeigte, die in den Gatun-See ragte. Mit einem Markierungsstift umrahmte er die verfärbten Bereiche und erhielt eine große rechteckige Fläche neben einem Flickenteppich mehrerer kleinerer quadrati scher.
»Das große Rechteck dürfte wohl den Hafenkai und den Wasserarm überdecken«, sagte Pitt. »Einige künstliche Mangroven verber gen die Einfahrt und werden beiseitegeschoben, wenn ein Schiff kommt oder geht.«
»Was sind die anderen Quadrate?«, fragte Summer.
»Die anderen Gebäude in der Anlage.« Er nahm Alvarez’ Markierungsstift und kennzeichnete Bolckes Wohnhaus, den Mühlenbau, das Schlafhaus für die Zwangsarbeiter und die zahlreichen Gebäude mit den Extraktionsanlagen. Soweit er konnte, beschrieb er den Sicherheitsdienst der Anlage und bemühte
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