Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)
Kehre zu vollenden, und konnte nur hoffen, sich knapp an der Adelaide vorbeizustehlen. Und genau dieses Manöver hatte Pitt durch seine geistesgegenwärtige Reaktion wirkungsvoll vereitelt.
Ungläubig verfolgte Bolcke, wie sich die Adelaide , von deren Kommandobrücke nur noch eine qualmende Ruine übrig geblieben war, wie von einer unsichtbaren Hand dirigiert, in ihre Richtung drehte. Die Salzburg hatte ihre Backbordwende zur Hälfte bereits vollzogen, als sie vom Bug der Adelaide mittschiffs getroffen wurde. Begleitet vom Kreischen aneinanderreibender Stahlplatten, bohrte sich der heranstürmende Schüttgutfrachter gut fünf Meter tief in die Flanke der Salzburg . Wäre die Salzburg voll beladen gewesen, hätte sie der kombinierte Druck auf ihren Rahmen in zwei Teile zerbrochen. So jedoch wölbten sich die Rumpfplatten auf beiden Schiffsseiten hoch und brachen teilweise auf, so dass Wasser in breiter Flut ins Schiffsinnere eindrang.
Auf dem Deck flogen die aufgestapelten Frachtcontainer wie Bauklötze durcheinander. Mehrere stürzten über die Steuerbordreling in den Kanal. Auf der Backbordseite landeten zwei leere Container auf dem ADS -System, zermalmten die Projektionsschüssel und zerquetschten die beiden Männer, die sie bedienten. Pablo musste zusehen, wie ein weiterer Container in seiner Nähe auf die Seite kippte und das Bein des anderen RPG -Schützen einklemmte. Der Mann schrie um Hilfe, aber es gab nichts, was Pablo in diesem Moment für ihn hätte tun können. Also wandte er sich ab und entfernte sich.
Beide Schiffe waren tödlich verwundet, aber die Salzburg befand sich eindeutig in einem noch schlechteren Zustand. Das Schiff bekam Schlagseite nach Backbord, so dass weitere Container übers Deck und ins Wasser rutschten. Es sackte noch mehr ab, als die ersten Wellen über das Hauptdeck spülten. Dann sank die Salzburg endgültig.
Pablo rannte zur Kommandobrücke, wo Bolcke reglos stand und wie ein Zombie auf das Chaos starrte. Pablo drängte sich an ihm vorbei zu einem verschlossenen Schrank, den er mit einem Fußtritt öffnete. Darin befand sich die Plastiktonne mit Heilands Konstruktionsplänen für die Sea Arrow . »Wo ist der Kapitän?«, fragte er. »Wir müssen das Schiff verlassen.«
»Er sucht den Chefingenieur.«
»Die Zeit drängt, wir sollten uns ins Beiboot retten. Folgen Sie mir.« Er klemmte sich die Tonne unter den Arm und verließ die Kommandobrücke.
Bolcke folgte ihm. Als sie das Hauptdeck erreichten, eilten sie weiter zur erhöhten Steuerbordreling, wo Bolckes Beiboot hing. Pablo warf die Plastiktonne hinein. »Steigen Sie ein!«, befahl er seinem Chef. »Ich lasse Sie ins Wasser runter und komme nach.«
Bolcke gehorchte. Pablo hatte bereits die Bedienungskonsole der Winde ergriffen und machte Anstalten, das Boot abzulassen, als Bolcke ihn aufhielt.
»Sehen Sie mal da drüben, auf dem anderen Schiff.«
Am Fuß des Deckaufbaus der Adelaide erschienen zwei Gestalten in Hazmat-Anzügen. Der eine war schwarz von Ruß. Pablo konnte erkennen, dass einer der Männer ein Gewehr schwenkte.
»Ich weiß, wie ich sie aufhalten kann.« Er ließ das Beiboot hart aufs Wasser fallen, dann band er die Bugleine der Salzburg los, während Bolcke das Windenkabel ausklinkte. Pablo rannte zu den Mannschaftsquartieren und schloss Anns Kabine auf.
Dieses eine Mal war sie froh, ihn zu sehen. Sie hatte keine Ah nung, was geschehen sein mochte, aber sie konnte immerhin feststellen, dass das Schiff sank, und sie hatte schon befürchtet, dass man sie in ihrem Gefängnis vergessen hatte.
»Los, komm schon!« Pablo ergriff die Kette der Handschellen zwischen ihren Handgelenken und zerrte seine Gefangene durch den Korridor hinter sich her.
Auf dem Hauptdeck sah Ann zu ihrem Schrecken den mächtigen Rumpf der Adelaide , der sich tief in die Seite der Salzburg gegraben hatte. Dass die beiden Schiffe derart ineinander verkeilt waren, hatte nicht verhindern können, dass die Seitenneigung der Salzburg zugenommen und mittlerweile ein gefährliches Maß erreicht hatte.
Pablo führte Ann über das abfallende Deck zur Backbordreling, wo das Kanalwasser bereits bis zu ihren Fußknöcheln reichte. Er blieb vor einem einzelnen Frachtcontainer stehen, der bis zur Kante des Decks gerutscht und halb durch die Reling gebrochen war. Neben den anderen Containern fiel er sofort ins Auge, und Pablo sorgte dafür, dass er sich noch deutlicher von den anderen abhob. Er angelte einen Schlüssel aus der Hosentasche und
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