Unterm Messer
Gegend höchstens für ein paar Tage. Dann sind wieder andere da. Warum sie sollen sich um Chinesen oder Russen kümmern, die auch da sind? Gibt es die jetzt ja immer häufiger, auch als Touristen."
Da ist was dran. Mir fällt etwas ein, worüber ich bereits heute Nacht nachgedacht habe. „Hätten die Grünwald-Leute den Mord an Schwester Cordula geplant, sie hätten das Geheimlabor schon früher und in aller Ruhe räumen können.“
Vesna wirft mir einen raschen Seitenblick zu. Bitte schau auf die Straße. Und geh vom Gas. „Vielleicht sie haben geglaubt, das Labor im Keller wird nicht entdeckt.“
„Wenn du einen Mord begehst, dann musst du einkalkulieren, dass alles gründlich untersucht wird. Also hätten sie das, was verdächtig war, entfernt.“
„Kommt mir logisch vor“, erwidert Vesna. „Aber was, wenn Mord schnell gehen muss? Wenn die Nonne gesagt hat, sie erzählt von Geheimlabor, weil sie mit Gengeschichten nichts zu tun haben will?“ „Wir haben eines vergessen“, sage ich langsam. „Schwester Cordula war drei Tage in der Sauna. In dieser Zeit hätten sie das Labor jedenfalls räumen können.“
„Ja. Es war kein Minutenmord.“ Vesna verstummt, nimmt die Kurven über den Wechsel in Rennfahrerqualität. Hoffentlich hält ihr Auto da mit.
„Sie haben vom Tod erst erfahren, als Schwester Gabriela ihre Mitschwester gefunden hat. Und da wollten sie so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf das Kellerlabor lenken. Sie konnten nur noch hoffen, dass es nicht entdeckt wird.“
„Und als wir haben entdeckt, sie haben sehr schnell wegräumen müssen“, ergänzt Vesna. „Ist nur Theorie, aber ganz logisch. Bald wir werden wissen, ob Zeit genug war, Computer ganz sauber zu machen.“
Fran wartet in Vesnas Büro und knurrt etwas Unverständliches, als wir gegen halb zwölf eintreffen.
„Du sollst dich benehmen!“, faucht Vesna. „Ist nicht oft, dass wir brauchen Gefallen von dir!“
Fran, fast einen Kopf größer als seine Mutter, runzelt die Stirn und murmelt: „Ich wohne ja schon fast in deinem Büro. Dauernd ist was. Und wenn ich mich dann ausnahmsweise einmal mit Freunden verabrede ...“
„Tag ist noch lang, Herr Sohn“, antwortet Vesna.
Ich habe unterdessen den Laptop auf ihren Schreibtisch gestellt und gestartet. „Und deine Mutter ist ohnehin gefahren wie die berühmte gesengte Sau“, füge ich hinzu.
Fran grinst. „Das kenne ich. Ich hoffe, du hast dich schon erholt.“
„Ach was“, sagt Vesna. „Ich habe einfach gutes Tempo fahren gewollt, das ist alles.“
Fran nähert sich dem Computer, sieht sich die Rückseite an. „Ladekabel ist wirklich kein Problem. So eines hab ich da.“ Er kramt in seiner grünen Umhängetasche, holt eines heraus und schließt es an. Wir beobachten ihn interessiert.
„Lieber wär mir, ihr geht auf einen Kaffee und ich sage euch dann, ob ich etwas habe retten können.“
„Wir haben gerade gefrühstückt“, antworte ich. Kommt mir tatsächlich wie gerade eben vor. Und bevor ich sehe, ob Natalie Veith auch am Sonntag irgendwo erreichbar ist, sollte ich wissen, was ich sie fragen kann. Gut, da gibt es schon jetzt einiges. Wir können ihr die Wissenschaftler beschreiben, vielleicht haben wir Glück und es ist noch einer von der ersten Labormannschaft dabei. Ich könnte die Zeit aber auch nützen, um Oskar anzurufen. - Und ihm zu sagen, dass ich ganz kurz in Wien bin, weil wir einen Laptop geklaut haben und seinen Inhalt kennen wollen? Außerdem sind seine Anwaltspartner aus Frankfurt da. Ein kleiner Stich. Da war auch einmal eine Frau dabei ... Aber die hat die Kanzlei längst verlassen. Und geheiratet hat sie auch schon vor Jahren. - Ob das allerdings alles ändert?
Fran hackt bereits in die Tasten. Er scheint uns inzwischen vergessen zu haben. Ein Grunzen. Vesna sieht ihm von hinten über die Schulter. Zeichen. Worte. Tabellen. Diese seltsamen zarten Strichcodes in Pastellfarben.
Er dreht sich zu uns um und lächelt: „Das war ganz einfach. Sie haben nur die Dateien gelöscht und das war es dann.“ Und zu Vesna meint er: „Du hättest nur die versteckten Dateien einblenden müssen, dann hättest du schon gemerkt, dass da noch was übrig geblieben ist. Kannst du ja, hab ich dir gezeigt.“
„Oh“, antwortet Vesna. „Daran ich habe nicht gedacht.“
Fran nickt gnädig. „Nehmt das Kabel ruhig mit, ich brauche es momentan nicht. Um den Inhalt müsst ihr euch selbst kümmern, davon verstehe ich nichts. Ich stelle euch die Dateien
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