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Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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ein halbes Glas eingeschenkt, die Flasche wieder verkorkt und in den Kühlschrank gestellt. Besser, ich trinke nicht zu viel. Zumal ich mit Vesna in einer der umliegenden Buschenschanken verabredet bin. Hätte ich gestern bei dem Dinner nicht zu schnell zu viel getrunken ... ich wäre nie im alten Wellnesstrakt gelandet. Ist das jetzt ein Argument für oder gegen mäßigeren Alkoholkonsum?
    Vesna beantwortet meine SMS umgehend mit der Adresse einer Buschenschank. Exakte Nachforschungen sind ihre Spezialität. Was für ein Glück für mich. Ich brauche nur noch das Navi zu programmieren und hinzufahren. Ein wenig tut es mir leid, den Tisch vor dem Häuschen zu verlassen. Wir hätten einkaufen und hier zu Abend speisen können ... Vielleicht morgen. Mira, du bist hier nicht auf Urlaub! Aber es ist doch schön, für kurze Zeit dieses Gefühl zu haben.
    Wir essen eine „Winzerjause für zwei“, von der mit Sicherheit vier satt würden. Kalter Schweinsbraten und Kümmelbraten und vor allem Verhackerts: im Winter eingesalzener, luftgetrockneter reinweißer Speck, der faschiert wird. So etwas wie die steirische Antwort auf den Lardo. Besonders köstlich wird Verhackerts, wenn man Rohwürste darin einlegt. Und für die Würste ist das die optimale Art der Konservierung. In dieser Buschenschank gibt es noch Bauernbrot und nicht die Kunstprodukte aus der Tiefkühl- und Wiederaufbackwirtschaft. Vesna hat Traubensaft bestellt, ich habe mich für einen Sommergespritzten entschieden.
    Ich erzähle Vesna von den beiden Typen aus El Salvador und natürlich vom netten Gerichtsmediziner. Und von unserem Schokoprinzen mitten in der Steiermark und seinen Ideen und dass seine Begeisterung etwas Vulkanartiges hat. Und davon, dass Professor Grünwald offenbar sogar ein Labor betreibt.
    „Von Labor habe ich nichts gesehen, dafür ich bin bis alten Wellnesstrakt gekommen. Leider ist polizeilich abgesperrt. Auch Terrassentüren von der Hügelseite her. Aber vielleicht man kommt doch irgendwie hinein. Es geht natürlich nur in der Nacht.“
    „Natürlich“, nicke ich friedlich, schaue in die Dämmerung und schmiere dann eine dicke Schicht Verhackerts auf mein Brot.
    „Du weißt, wo Labor sein soll? Davon steht nirgendwo etwas. Auch nicht in Internet. Warum spricht der Professor darüber nicht? Vielleicht hat Inspektor aus der Provinz nur Mikroskop gesehen und daraus ein Labor gemacht.“
    „Karl Simatschek sagt, der Knobloch sei gar nicht schlecht“, werfe ich ein.
    „Wenn, dann ist Labor in unteren Stockwerken“, entgegnet Vesna. „Oben man kann überall herumgehen. Da sind Zimmer. Darunter Behandlungsräume. Und Büros. Und ganz hinten Festsaal. Darunter Hallenbad und Wellnessbereich und ich glaube, Personalzimmer. Darunter ..."
    „Der alte Wellnessbereich und alte Seminarräume“, ergänze ich. Nicht nur Vesna hat sich umgetan.
    Am Tisch neben uns brüllen sie vor Lachen. Eine größere Partie Wiener. Ich weiß schon, warum ich Horden von Urlaubern nicht mag, egal aus welchem Land sie kommen.
    „Ich glaube, es muss darunter im Hang noch Keller geben. Und ich glaube, dass Stockwerk mit altem Wellnessbereich noch viel Platz für anderes hat. Aber genau ich habe nicht geschaut. Macht man besser, wenn es ist finster.“
    Ich nicke. Soll ich noch etwas vom Schweinsbraten nehmen? „Also dann“, sagt Vesna und sieht mich auffordernd an.
    Ich brauche einige Sekunden, bis ich begreife. Dann schüttle ich den Kopf. „Nein, sicher nicht. Nicht heute.“
    „Viel Zeit haben wir nicht. Und du brauchst Story. Ich habe übrigens Aufschrift von altem Wellnesstrakt samt Polizeiabsperrung fotografiert. Für das ,Magazin‘, wenn du brauchst. Lift hinunter haben sie offenbar ausgeschaltet, geht nicht mehr in Stockwerk minus drei. Aber Feuertreppe kann man nicht abbauen. Über die wir können auch wieder hinauf.“
    Klingt exakt nach dem, was mir für heute Nacht vorgeschwebt ist...

[ 4. ]
    Vesna hat gute Vorarbeit geleistet. Sie weiß, wie man von unten an den Hang, in den die ,Beauty Oasis‘ hineingebaut ist, herankommt. Ein Feldweg, links und rechts Maisfelder. „Kukuruz“, wie man hier sagt. Oder „Woaz“. Die Stängel sind gut zwei Meter hoch, dicht an dicht stehen sie da, ein besseres Versteck gibt es kaum. Es ist beinahe Vollmond. Vesna hat ihr Auto einige hundert Meter entfernt unter einem großen Nussbaum geparkt. Meines steht bei der Bundesstraße. Wir gehen den Feldweg entlang, es ist so hell, dass wir auf eine Taschenlampe

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