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Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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sie es tatsächlich nach drinnen geschafft hat und ohne mich ... Unwahrscheinlich. Was, wenn man uns doch gesehen hat? Wenn man Vesna überwältigt und weggeschleppt hat? Das Herzrasen kehrt zurück. Geduckt schleiche ich die Hausmauer entlang, spähe in jedes Fenster, jede Terrassentür.
    Da ist die mit dem Absperrband, dahinter der Raum mit der Sauna. Ich habe Angst, etwas zu sehen, mit dem ich nicht umgehen kann. Ich gehe weiter, nächste Tür. Drinnen ist es dunkler als hier draußen, mehr als einige Umrisse von Tischen und Kästen kann ich nicht erkennen. Wo ist Vesna? Jetzt bin ich am Ende des Gebäudes angelangt, gleiche Seitenmauer wie auf der anderen Seite. Ist auch hier eine Falltür? Wer sagt, dass es drüben eine ist? Kann auch bloß ein Kanaldeckel sein. Ich spähe ums Eck. Vesna. Allein. Ich muss so geräuschvoll ausgeatmet haben, dass sie sich erschrocken umdreht. Sie kommt die paar Schritte zu mir herüber. „Mira, wo warst du?“
    „Auf der anderen Seite. Ist hier auch ein Schachtdeckel oder so was?“
    Vesna schüttelt erstaunt den Kopf. „Und sonst: Leider alles bummdicht zu.“
    Ich klettere, nun schon sehr routiniert, über die Mauer zu ihr, suche nach einer Metallabdeckung im Gras. Doch hier scheint es keine zu geben. „Wir brauchen ein Werkzeug, mit dem wir den Deckel drüben heben können“, flüstere ich. „Vielleicht kann man durch den Schacht in den Keller.“
    „Falls es Keller gibt“, relativiert Vesna.
    He, jetzt wo ich einmal etwas entdeckt habe, wird sie skeptisch. Auf der Böschung liegen zwei kurze Stangen aus Baustahl. Mit so etwas  könnte es funktionieren. Ich nehme eine und eile die Terrasseentlang. Da ist keiner außer uns, sonst hätten sie uns längst gefasst. Vesna kommt kaum hinter mir her. Jetzt bin einmal ich am Zug. Wieder über die Mauer, ich beuge mich hinunter, setze das Stück Armierungseisen an, probiere zwei-, dreimal, dann bewegt sich der Deckel. Ich schiebe meine Finger in den Spalt. Das Ding ist ganz schön schwer. Doch da ist Vesnas Hand neben meiner und gemeinsam stemmen wir den eisernen Deckel hoch, lassen ihn ins Gras kippen. Tatsächlich. Ein Schacht. Circa siebzig mal siebzig, darin eine schmale Eisenleiter. Was unten ist, sieht man nicht. Vesna nimmt eine Taschenlampe aus ihrer Jeanstasche. Sie leuchtet hinunter. Der Schacht ist rund drei Meter tief. Er endet in einer Art Schlammpfütze und es sieht so aus, als würde vom Boden ein schmaler Gang abzweigen. In einer Ecke bewegt sich etwas. Vesna leuchtet hin. Eine Kröte. Nichts Schlimmeres soll uns passieren.
    „Ich mag keine Kröten“, zischt mir Vesna zu.
    Beinahe hätte ich laut aufgelacht. Meine mutige Vesna furchtet sich vor einer harmlosen Kröte. „Dann klettere ich zuerst hinunter.“
    „Wir müssen aufpassen, wir verwischen keine Spuren.“
    Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Auch wenn es nicht so wirkt, als wäre der Deckel vor Kurzem geöffnet worden. Unten steht Schlamm. Die letzten Tage hat es nicht geregnet. Wer immer hinuntergestiegen wäre, hätte Abdrücke hinterlassen. Ich sage es zu Vesna. „Handschuhe wir brauchen trotzdem“, flüstert sie.
    Das, was wir da Vorhaben, ist Einbruch, dämmert mir. Oder zumindest unbefugtes Eindringen. Klingt schon besser. Ich weiß nicht, was mich treibt. Ist es die Euphorie, dass ich es war, die auf den Schacht gestoßen ist? Ist es der Umstand, dass ich mich heute Nacht schon mehrmals unnötig geängstigt habe? Ich ziehe die Handschuhe an, und bevor Vesna noch etwas sagen kann, klettere ich nach unten. Die Eisenstufen sind glitschig. Ich muss mich konzentrieren, damit ich nicht wegrutsche. Zudem hat Vesna die Taschenlampe wieder ausgemacht. An sich gut so. Vielleicht hat Professor Grünwald ja einen Nachtwächter. Nachtschwestern gibt es jedenfalls. Aber die sind in den oberen Stockwerken. Oder sollten zumindest dort sein. Jetzt bin ich bei der letzten Sprosse angekommen. Ich steige vorsichtig auf den Boden. Ich muss erst einmal sehen, wie tief der Schlamm ist, und dann will ich auch nicht auf die Kröte trampeln. Die feuchte Erde ist bloß ein, zwei Zentimeter hoch. Und sie ist fester, als es von oben gewirkt hat. Der Boden gibt nur ein klein wenig nach. Ich drehe mich um. Von da geht tatsächlich ein schmaler Gang aus Beton ab. Ich tapse hinein. Hier ist kaum noch etwas vom Mondlicht zu merken. Ich suche nach meinem Autoschlüssel. An dem hängt eine Minitaschenlampe. Ich hasse es, wenn es gar kein Licht gibt. Eine Eisentür. Ich

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