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Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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höre Vesna die Leiter heruntersteigen.
    „Siehst du, wo Kröte ist?“
    „Ganz im Eck. Sie rührt sich nicht“, lüge ich, um Vesna zu beruhigen. „Da ist eine Tür.“
    Vesna steht dicht hinter mir. „Dann mache sie auf.“
    Fast hätte ich gelacht. Wenn das Leben immer so einfach wäre ... Aber meist gibt es Schlüssel und Schlösser und ... Ich drücke trotzdem auf die Klinke, sie geht nach unten. Ich drücke gegen die Tür. Nichts. Ich habe es ja vermutet. Schade. Bis hierhin sind wir gekommen, aber außer einer Kröte und einer Eisentür haben wir nichts entdeckt. - Oder ohnehin besser so?
    „Du musst fest andrücken, Tür kann verschlammt sein. Schaut uns, da war schon lange keiner.“
    Ich drücke wieder, nichts. „Und was hältst du von der Idee, dass zugesperrt ist?“
    „Kann auch sein“, erwidert Vesna ungerührt. „Noch einmal. Fest rütteln. Aber vorsichtig und leise!“
    „Also was jetzt?“, will ich, zunehmend gereizt, sagen. Stattdessen probiere ich es noch einmal. Ein Ruck, ein Spalt ist offen, ich drücke noch einmal, die Tür schwingt auf. Vesna leuchtet hinein. Schmaler Betongang wie in einem Bunker. Er endet offenbar nicht wieder an einer Tür, sondern in einem Quergang. Dummerweise sind unsere Schuhe voller Erde, wir werden Spuren hinterlassen, die mehr als leicht nachzuverfolgen sind. Der Lichtkegel der Taschenlampe senkt sich. Ich drehe mich erschrocken um und sehe Vesna, die dabei ist, ihre Turnschuhe auszuziehen. Hoffentlich gibt es keine Splitter am Boden. Dann ziehe auch ich die Schuhe aus. Vesna ist neben mir. „Vielleicht wir sollten Fotos machen“, flüstert sie.
    „Kann ich schlecht im ,Magazin‘ veröffentlichen“, gebe ich zurück, „Die Chefreporterin, die in die ,Beauty Oasis‘ einsteigt, um so in die Nähe des Tatortes zu gelangen ...“ Erst in diesem Moment wird mir klar, dass wir eine Etage unter dem stillgelegten Wellnesszentrum sind und dass weder Vesna noch ich eine Ahnung haben, wie wir vom Keller hinaufkommen sollen. Geschweige denn, wie es danach weitergehen soll. Der Lift fährt jedenfalls nicht bis hier herunter und eine Treppe hat Vesna auf ihrer Erkundungstour auch nicht entdecken können. Andererseits: Ein Keller ohne Verbindung nach oben ist mehr als unwahrscheinlich. Wir biegen in einen etwas breiteren Betongang ein. Von hier gehen Metalltüren ab. Und im Licht der Taschenlampe sehen wir, dass es sogar eine Beleuchtung gibt. Darauf, sie einzuschalten, verzichten wir allerdings. Wir können nichts anderes tun, als überall nachzusehen, ob man von hier aus hinauf zum stillgelegten Wellnessbereich kommt. Ich sehe auf die Uhr. Es ist kurz vor eins. Vesna versucht die nächstgelegene Eisentür zu öffnen. Sie geht auf. Wir stehen in einem Raum mit einer undefinierbaren Maschine. Könnte eine Lüftungsanlage sein. Lautlos. Stillgelegt. — Wie lange schon? Die nächste Tür ist versperrt. Hinter der dritten Tür Paletten, leere Kartons, einige offenbar ausrangierte Schränke. Ich will schon weitergehen, als mich Vesna nach drinnen zieht. „Von da man sieht nicht hintere Wand. Wir müssen alles ableuchten, wenn wir Treppe finden wollen.“
    Ich klettere pflichtschuldigst hinter ihr her, über Kartons und Kisten.
    „Da geht es weiter“, raunt sie mir zu. Eine Tür, Vesna öffnet sie vorsichtig. Hier riecht es eigenartig. Gar nicht gut. Kläranlage, denke ich. Aber hat man die nicht außerhalb des Gebäudes? Wir lauschen. Nichts. Der Raum ist nicht groß und beinahe leer. Ich schnuppere, gehe auf ein Regal an der Wand zu. Verschlossene Behälter aus grauem Plastik. Vesna leuchtet, ich hebe einen der Deckel hoch und fahre zurück. Grausiger Gestank. Ich halte die Luft an, spüre Vesnas Kopf neben meinem. „Leichenteile“, flüstere ich. „Oder entsorgte Nasen, Wangen, abgesaugtes Fett.“
    Vesna richtet den Strahl ihrer Taschenlampe auf das Innere des Behälters, sieht hinein. „Ist Unsinn“, flüstert sie zurück und es klingt ziemlich erleichtert. Ich halte die Luft an und wage jetzt auch einen näheren Blick. Stroh. Stroh mit etwas drinnen. „Ist Tiermist, von Schwein oder Maus oder so was“, flüstert Vesna. Ich drücke den Deckel wieder auf den Behälter. Völlig unsinnig, Vesna zu fragen, ob sie eine Ahnung hat, was das soll. Jetzt erst bemerke ich die Panzertür daneben. Tiermist zur Abschreckung? Zur Tarnung? Und was ist im Raum dahinter? Vesna geht hin und dreht am Rad. Wird ihr wohl kaum etwas nützen. Jemand, der da etwas versteckt,

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