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Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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ist vorsichtig, sehr vorsichtig. Aber die Tür bewegt sich, geht einen Spalt weit auf. Vesna nimmt mich am Unterarm, dann schaltet sie die Taschenlampe ab. Stockdunkel ist es. Sie öffnet die Tür, zieht mich weiter, bleibt stehen. Ein leises Scharren. In meinem Nacken stellen sich die Haare auf. Wir sind hier nicht alleine. Ich höre Vesnas Atem. Das da macht sogar sie nervös. Wieder Taschenlampenlicht. Zuerst am Boden, dann rasch die Wand hinauf. Ich starre hin. Kann nicht begreifen, was ich hier sehe. Vesna schreit auf. Der Strahl der Taschenlampe zittert. Vesna mag nicht nur keine Kröten, sondern auch keine Mäuse. Und hier sitzen Dutzende von Mäusen in eigenartigen Behältern aus Kunststoff, die ähnlich aussehen wie diese Aufbewahrungsboxen von Ikea. In jeder Box ein Gittereinsatz, in dem Futterbehälter und Trinkflasche stecken. In der Mitte des Raumes ein langer Tisch aus Edelstahl, an einem Ende ein großes Waschbecken. Am anderen Ende Säcke, vermutlich mit Futter und Streu. Die Mäuse glupschen uns aus ihren runden Knopfaugen irritiert an. Barthaare zittern, Nasen wollen Witterung aufnehmen. Versuchstiere. Was wir hier sehen, sind offenbar Versuchstiere. Klar, dass der Professor die nicht herzeigen will. Sie würden den meisten seiner schönheitsbesessenen Gäste nicht besonders gefallen. Jetzt zieht Vesna tatsächlich ihre Kamera aus der Tasche. Nicht größer als eine Zigarettenschachtel, aber leistungsstark. Schafft es mit einem besonderen Programm, sogar im beinahe Dunkeln zu fotografieren. Als der Blitz des Gerätes aufleuchtet, piepsen einige der Mäuse.
    „Man sollte sie freilassen“, zische ich Vesna zu.
    „Bist du verrückt?“, antwortet sie viel zu laut und eindeutig angeekelt.
    Näher betrachtet wäre das ohnehin keine besonders gute Idee. Die Eisenleiter den Schacht hinauf können die Mäuse wohl kaum nehmen. Das Scharren in den Boxen macht mir Gänsehaut. Ich habe nichts gegen Mäuse. Es ist dieses Geräusch von eingesperrten Kreaturen, die im gnädigsten Fall der baldige Tod erwartet. Vesna hat es noch eiliger als ich, den Raum wieder zu verlassen. Wir schließen die Panzertür, stehen wieder im Lagerraum, sehen eine weitere Tür, öffnen sie vorsichtig. Uns kann nichts mehr schrecken. Lichtkegel auf ein Waschbecken, dann auf einen Operationstisch in der Mitte des Raumes, Stahl, der im Schein der Taschenlampe gespenstisch glänzt. Darüber große Lampen. Einige Schränke mit Monitoren. Offenbar zur Überwachung, vielleicht auch während einer Narkose. Ein geheimer Operationssaal? Soll hier die von den beiden aus El Salvador geforderte „Operation“ über die Bühne gehen? Ich bin sicher, dass der Professor seine üblichen Gäste nicht hierherbringt. Daneben eine Operationseinrichtung in Miniformat. Alles ganz klein, beinahe wie ein Operationstisch in einem Puppenhaus. Der ist wohl für Mäuse, dämmert es mir. Jetzt bin ich es, die ganz schnell weg will, sonst fange ich noch an zu schreien. Wo sind wir da hineingeraten? Was, wenn Schwester Cordula etwas von diesem geheimen Versuchslabor erfahren hat? Wie geheim ist es wirklich? Chefinspektor Knobloch scheint von einem Labor zu wissen. Grünwald soll dort seine Schönheitsmittelchen testen. Kann es sein, dass er das hier im Keller tut? Wegen der Mäuse so verborgen wie möglich? Noch eine Tür und dahinter ein größerer Raum mit zwei Reihen von Tischen, darauf seltsame Schachteln, daneben mehrere Computer. Und überdimensionale Mikroskope. Zwei sehen eher wie Fernrohre aus. Kästen, die ein leises Geräusch erzeugen. Kühlschränke. Gefrierschränke. Ob hier Mäuseleichen drin sind? Nur Mäuseleichen? Waschbecken. Aktenschränke mit Rollläden. Wir müssen hier weg. Wir haben für heute Nacht genug gesehen. Morgen werde ich mit dem Gerichtsmediziner darüber reden. Er soll mir sagen, ob er dafür eine Erklärung hat. Vielleicht sieht bei Tageslicht betrachtet vieles anders aus. Vesna steht in der nächsten Tür. Hört das nie auf? Ein enger Raum, ein Aufzug. Hier endet die unterirdische Zimmerflucht. Aber wohin führt der Lift? Nicht einmal Vesna scheint er geheuer zu sein. Sie versucht ganz vorsichtig, die Tür zu öffnen. Die Aufzugskabine ist nicht da. Wenn wir den Liftknopf drücken ... Wir haben keine Ahnung, ob der Aufzug überwacht wird. Ich versuche mich krampfhaft an die Standorte der Aufzüge in den oberen Stockwerken zu erinnern. Nein, der Schacht passt mit keinem der allgemein zugänglichen Lifte zusammen. Glaube ich

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