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Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Honorarprofessor ist etwas anderes als ein ordentlicher Professor, aber den Titel darf er genauso tragen, wenn ihm danach ist. Und in Österreich scheint eben vielen danach zu sein. Hätte mir gar nicht gedacht, dass es die Wissenschaftlerin mit solchen Spitzfindigkeiten hat.
    „Wissen Sie, wo diese Universität steht?“, blitzt mich die Frau an. Jetzt erst bemerke ich, dass sie, wie auf dem offiziellen Foto der Institutshomepage, grüne Augen hat. „In Kaliningrad. Dort brauchen sie Geld und zeigen sich gerne erkenntlich, wenn man sie unterstützt.“
    „Das heißt, er hat sich seinen Titel gekauft?“
    Natalie Veith sieht mich spöttisch an. „Wirkt doch gleich viel vertrauenerweckender auf potenzielle Kunden: ,Professor Grünwald'. Kann schon sein, dass er dort drei, vier Vorlesungen über Schönheitschirurgie gehalten hat, aber: Natürlich hat er den Titel gekauft.“
    „Den Doktortitel hat er aber schon, oder?“
    „Tja, den hat er. Wenn auch nicht in Plastischer Chirurgie, sondern in Dermatologie. Leider kann sich bei uns jeder mit einem medizinischen Abschluss ,Schönheitschirurg' oder ,Spezialist für Ästhetische Medizin' nennen.“
    „Und warum haben Sie für ihn gearbeitet?“ Ihr Verhältnis zu ihm muss einmal besser gewesen sein, überlege ich. Diese Frau sieht nicht so aus, als würde sie etwas gegen ihren Willen tun.
    Sie zuckt mit den Schultern. „Wie gesagt, es war ein Übergangsjob. Ich bin nicht gerne arbeitslos. Ich habe beim großen Programm zur Entschlüsselung des menschlichen Genoms mitgearbeitet. Das Genom gilt seit 2003 als decodiert, wegen der Nacharbeiten hatte ich noch Werkverträge bis 2005. Aussicht auf eine Professur in Wien gab es zu dieser Zeit keine, in Boston hat man mir leider eine ziemlich gute US-Amerikanerin vorgezogen, ob ich den Job am neuen GRA kriegen würde, war unklar.“
    „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist Pr..., ist Grünwald nicht in der Lage, selbst zu forschen.“
    „Na für seine Cremes reicht es, dass er Dermatologe ist.“
    „Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass Ihnen die Analyse von Kosmetika genügt hat. Was ist mit diesen Nahrungsergänzungsmitteln, die er auch verkauft?“
    Dr. Veith lacht. „Nichts Böses, aber auch nichts besonders Wirksames, was da drin ist. Ein paar Vitamine und Spurenelemente. Es ist übrigens nach neueren Forschungen mehr oder weniger egal, ob man so etwas zu sich nimmt oder nicht.“ Sie sieht auf die Uhr. „Tut mir leid. Ich muss dringend ins Labor. — Das mit seinem Professortitel können Sie natürlich nachrecherchieren, mit einer anderen Quelle belegen und schreiben. Wenn Sie sich trauen. Ich nehme an, Grünwald ist ein guter Anzeigenkunde beim ,Magazin'.“
    Jetzt habe ich nur noch eine Möglichkeit. „Kennen Sie Schwester Cordula?“
    Die Wissenschaftlerin sieht mich irritiert an. „Wer soll das sein?“ „Eine Schwester, die in der ,Beauty Oasis' arbeitet.“ Eigentlich gearbeitet hat.
    „Wenn sie schon seit der Eröffnung 2005 mit dabei war, werde ich sie sicher gesehen haben. — Warum?“
    „Sie war eine von den geistlichen Schwestern, eine Schwester vom Hildegard-Orden.“
    „Ja, da hat es einige gegeben. — Warum ,war‘?“
    „Weil sie vorgestern tot in der stillgelegten Sauna der ,Oasis' gefunden wurde. Ermordet.“
    „Und was bitte sollte ich mit ihr zu tun haben?“
    „Eine Mitschwester hat einen Zettel mit Ihrem Namen und Ihrer Adresse bei Cordulas Sachen gefunden.“
    Die Wissenschaftlerin schüttelt den Kopf. „Was soll das? Hinter welcher Geschichte sind Sie da eigentlich her?“ Sie setzt sich wieder.
    Ich seufze. „Das weiß ich leider selbst nicht so genau. Ich sollte eine Reportage über Schönheitsoperationen und alles drum herum schreiben und habe deswegen in der ,Beauty Oasis' recherchiert. Und dann habe ich durch einen absurden Zufall die Tote gefunden. Das heißt, eigentlich bin ich auf eine alte Nonne gestoßen, die Cordula gefunden hatte. — Übrigens bin ich alles andere als ein Fan von Schönheitsoperationen. Und ein Fan von Grünwald war ich auch schon vor dem Tod dieser Nonne nicht.“
    „Wie hat man sie ...“
    „Sie wurde in die Sauna gesperrt, man hat ein Brett vor die Tür genagelt. Dann hat man die Sauna auf neunzig Grad gedreht. Sie dürfte drei Tage drin gewesen sein.“
    „Wie kann es sein, dass sie so lange niemand entdeckt hat?“
    „Das Stockwerk minus drei wurde mit dem Umbau vom Hotel zur Schönheitsklinik mehr oder weniger

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