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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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anfangen, in größerem Maßstab zu denken, und das dürfte der Zeitpunkt sein, zu dem ich aus dem Hotel ausziehen sollte. Ich denke dabei an die Sicherheit der Allgemeinheit. Im Moment jedoch ist das Hotel ein guter Köder. Dabei können Sie ruhig ein paar Uniformierte oder sonstwie erkennbare Wachposten in der Halle oder vor dem Hotel postieren. Würde das einige Ihrer Probleme lösen, Oberst?«
    »Ja, ohne Zweifel. Ich habe eine gewisse Verantwortung. Es würde mir schwerfallen, Ihr Hinscheiden zu erklären, wenn wir uns nicht einmal die Mühe gemacht hätten, Sie zu schützen.«
    »Gut. Dann sind wir uns vorerst einig, was das Praktische betrifft. Lassen Sie das Hotel sichtbar überwachen, dann sind Sie zufrieden, ich ebenfalls und unser Freund Don Tommaso sicher auch.«
    »Wie sieht die nächste Phase aus?« fragte Da Piemonte unschuldig.
    Carl seufzte und überlegte. Er wußte sehr wohl, wie die nächste Phase aussehen sollte. Es war jedoch die Frage, wieviel er Da Piemonte mitteilen konnte. Dieser war zwar Italiener und hatte einer in mancher Hinsicht sensationell liberalen italienischen Gesetzgebung zu folgen, aber man konnte dennoch nicht von ihm erwarten, daß er zu allem Ja und Amen sagte.
    »Das läßt sich schwer beantworten«, sagte Carl gedehnt. »Es kann sein, daß ich Ihnen einen Bärendienst erweise, Herr Oberst, wenn ich zu aufrichtig bin. Lassen Sie es mich so sagen. Wir werden Don Tommaso weitere Verluste beibringen, und zwar im Rahmen des Erlaubten, Notwehr, und so weiter. Dann werden wir gemeinsam eine neue Phase besprechen müssen, wenn diese nicht die beabsichtigte Wirkung hat.«
    »Die beabsichtigte Wirkung besteht darin, daß Don Tommaso einsehen soll, daß der Preis für die Nicht-Freilassung der Geiseln zu hoch wird?«
    »Genau.«
    »Ich glaube, Sie unterschätzen einen Mann wie Don Tommaso. Sie und ich würden so denken, wie wir es gelernt haben. Wir würden die Verluste zählen und Berechnungen anstellen, die Voraussetzungen für eine Gegenoffensive abschätzen, und so weiter. Aber einer wie Don Tommaso… ich weiß nicht. Bei einem solchen Mann können völlig irrationale Gründe eine bedeutend größere Rolle spielen.«
    »Und wenn er anfängt, um seine Familie zu fürchten?«
    »Das kann nach beiden Seiten ausschlagen.«
    »Wenn wir seine Finanzen treffen?«
    »Damit würden wir ihn irgendwann zwingen, ökonomische Berechnungen anzustellen wie jeder beliebige Geschäftsmann. Aber wie soll das geschehen?«
    »Ich weiß nicht. Was ist die Grundlage seiner Einnahmen?«
    »Heroin. Schmuggel des Rohstoffs nach Sizilien, Herstellung des Endprodukts hier, Weitertransport zu dem Markt in den USA. Aber hinter all dem sind wir ja schon ständig her.«
    Carl nickte. Es würde sich nicht ohne weiteres machen lassen, gegen die Aktivität zuzuschlagen, hinter der schon jeder Carabiniero und Zollbeamte her war.
    Dann mußte es eben Don Tommasos »Familie« sein. Zumindest bis auf weiteres.
    Sie aßen eine Zeitlang schweigend, beide intensiv mit ihren Gedanken über Don Tommasos nächsten Schritt beschäftigt.
    Da Piemonte zögerte, ob er von den halb unausgesprochenen Ideen des Palazzo erzählen sollte, wie mit bestimmten Heroinraffinerien künftig umgegangen werden solle, statt sie nur wie gewohnt einzukreisen und zu sprengen. War es das, was man sich in Rom ausgedacht hatte, daß Hamilton und seine unbekannten Mitarbeiter sich die Raffinerien vornehmen sollten? Und kannte Hamilton in dem Fall die Möglichkeit, war das der Grund dafür, daß er so unbeschwert davon sprach, »Don Tommasos Finanzen zu treffen«?
    Da Piemonte beschloß, die Frage vorerst nicht anzuschneiden. Zunächst mußte der erste Schritt bewältigt und überlebt werden.
    »Darf ich Sie etwas völlig anderes fragen«, sagte Carl leichthin, »es ist eine rein theoretische Frage, sozusagen nur um meine Neugier zu befriedigen?«
    »Selbstverständlich. Ich hoffe übrigens, daß Ihnen das Essen schmeckt.«
    »O ja, danke, hervorragend. Ja, wenn Don Tommaso in seinem eigenen Haus, in seiner Burg sozusagen, Verluste erleiden sollte, würde er dann die Polizei hinzuziehen?«
    »Nein«, schnaubte Da Piemonte. »Das kann ich mir kaum vorstellen. Wenn jemand zu Hause bei Don Tommaso stirbt, handelt es sich um la lupara bianca, unabhängig davon, wer der Täter ist. Kennen Sie diesen Begriff?«
    »Den weißen Tod? Ja. Ich habe in letzter Zeit versucht, einiges zu lernen. Er würde sich also nicht, sagen wir mal, damit erniedrigen, daß ihn

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