Untitled
ist heute abend ganz durcheinander. Liebe mich, liebe mich.«
Also liebte er sie, und diesmal war es anders, diesmal schien
endlich genügend Raum zu sein, kein ermüdendes Reiben, sondern eine köstliche Spannung, die wuchs und wuchs... Zweimal mußte er abbremsen, keuchend, er hielt sich zurück, dann kam er wieder
(er war wohl noch unerfahren und beinahe hätte ich gedacht er erzählt mir eine Lüge)
und war ganz hart, und ihr Atem ging stoßweise, und dann begann sie zu schreien, klammerte sich an seinem Rücken fest, außerstande aufzuhören, schwitzend, der schlechte Geschmack wurde weggespült, jede Pore schien ihren eigenen Höhepunkt zu haben, ihr Körper füllte sich mit Sonnenlicht, Musik in ihrem Kopf, Schmetterlinge unter der Haut. Später, auf der Heimfahrt, fragte er sie offiziell, ob sie mit ihm zum Frühlingsball gehen würde. Sie sagte ja. Er fragte sie, ob sie schon wisse, was sie mit Carrie anfangen wolle. Sie sagte, sie wüßte es nicht. Er sagte, das mache nichts aus, aber sie dachte, es macht doch etwas aus. Allmählich schien es eine ganze Menge auszumachen.
Aus: Telekinese. Analyse und Nachlese (Wissenschaftliches Jahrbuch 1981), von Dekan D. L. McGuffin:
»Natürlich gibt es auch heutzutage noch diese Wissenschaftler bedauerlicherweise stehen die Leute von der Duke Universität an erster Stelle , welche die auf dem Fall Carrie White basierenden fürchterlichen Folgerungen verwerfen. Wie die Flatlands Society, die Rosenkreuzer oder die Corlies von Arizona, die davon überzeugt sind, daß die Atombombe nicht funktioniert, so fliegen diese Unglücklichen mit dem Kopf im Sand der Logik ins Gesicht ich bitte um Entschuldigung für dieses vermengte Bild.
Natürlich versteht man die Verblüffung, die lauten Stimmen, die verärgerten Briefe und Argumente bei wissenschaftlichen Versammlungen. Die Idee der Telekinese selbst war für die wissenschaftliche Welt schon an sich eine bittere Pille. Aber Verständnis kann wissenschaftliche Verantwortungslosigkeit nicht entschuldigen.
Der Fall White wirft ernste und schwierige Fragen auf. Ein Erdbeben hat unsere wohlgeordneten Vorstellungen vom Funktionieren der Dinge erschüttert. Kann man es daher einem so ernstzunehmenden Physiker wie Gerald Luponet verübeln, wenn er das Ganze als Scherz und Taschenspielerei abtut, selbst im Angesicht so überwältigender Beweise, wie sie die White-Kommission erbracht hat? Denn wenn Carrie White die Wahrheit ist, was ist dann mit Newton?...«
Sie saßen im Wohnzimmer, Carrie und Momma, und hörten zu, wie Tennessee Ernie Ford Let the LowerLights Be Burning im Webcor Phonograph sang. (Momma nannte das Ding die Victrola oder, wenn sie besonders guter Laune war, die Vic.) Carrie saß an der Nähmaschine, trat das Pedal, während sie die Ärmel an ein neues Kleid nähte. Momma saß unter dem Gipskruzifix, stickte Deckchen und schlug mit den Füßen den Takt zu dem Lied, das ihr Lieblingslied war. Mr. P. P. Bliss, der diese Hymne und noch zahllose andere geschrieben hatte, war eines von Mommas leuchtenden Beispielen für Gottes Wirken auf Erden. Er war ein Seemann und ein Sünder gewesen (zwei Begriffe, die in Mommas Vokabular zusammengehörten), ein großer Lästerer, einer, der dem Allmächtigen ins Gesicht gelacht hatte. Dann war ein großer Sturm aufgekommen, das Boot drohte zu kentern, und Mr. P.P. Bliss war auf seine sündigen Knie niedergesunken, das Bild des drohenden Höllenschlundes vor Augen, und hatte zu Gott gebetet. Mr. P. P. Bliss versprach Gott, er würde ihm sein ganzes zukünftiges Leben weihen, wenn er ihn jetzt rettete. Natürlich hatte sich der Sturm sofort gelegt.
Das Kleid, an welchem sie nähte, war wirklich recht hübsch, ein dunkles Weinrot- das war die Farbe, die Momma ihr gerade noch erlaubte , mit Puffärmeln. Sie versuchte ihre Gedanken ausschließlich auf die Näharbeit zu richten, aber natürlich schweiften sie ab.
Das Deckenlicht war grell und hart und gelb, das kleine Plüschsofa war selbstverständlich unbenutzt (Carrie hatte noch niemals einen Jungen hier, der sich daraufgesetzt hätte), und an der Wand gegenüber zeichnete sich ein Doppelschatten ab: Momma und der gekreuzigte Jesus.
Die Schule hatte Momma in der Wäscherei angerufen, und sie war um die Mittagszeit nach Hause gekommen. Carrie hatte sie kommen sehen und angefangen zu zittern.
Momma war eine sehr große Frau, und sie trug immer einen Hut. Seit neuestem schwollen
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