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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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Stange hatte seine arme Nase zerschunden. Er beschwor mich, jemanden zu töten, doch nicht die Spur eines Trägers war weit und breit zu sehen. Ich mußte an den alten Arzt denken, – ›Es käme der Wissenschaft sehr zustatten, die geistigen Veränderungen der Individuen an Ort und Stelle beobachten zu können.‹ Ich hatte das Gefühl, wissenschaftlich interessant zu werden. All das jedoch nutzt einem nichts. Am fünfzehnten Tag kam mir der große Fluß wieder zu Gesicht, und ich humpelte in die Zentralstation. Sie lag an einem Nebenarm und war von Gebüsch und Wald umgeben, mit einem netten Gürtel übelriechenden Morasts auf der einen und einem wackligen Schilfzaun auf den drei anderen Seiten. Eine unausgebesserte Zaunlücke bildete den einzigen Zugang, den die Station besaß, und ein Blick auf diesen Ort genügte, um einem die Gewißheit zu geben, daß hier jener schlappe Teufel das Regiment führe.
      Träge tauchten einige Weiße mit langen Stäben in den Händen zwischen den Gebäuden auf, schlenderten heran, um mich zu besehen, und verschwanden dann wieder von der Bildfläche.
      Einer von ihnen, ein untersetzter, leicht erregbarer Kerl mit schwarzem Schnurrbart, teilte mir, als ich ihm sagte, wer ich sei, unter großem Redeaufwand und mit vielen Umschweifen mit, daß mein Dampfer auf dem Grund des Flusses liege. Ich war wie vom Donner gerührt. Was, wie, warum? Oh, es sei ›schon recht‹. Der Direktor sei ›persönlich‹ zugegen gewesen.
      Alles ganz korrekt. ›Jedermann hat sich glänzend geführt! glänzend!‹ – ›Sie müssen‹, sagte er aufgeregt, ›sofort beim Direktor vorsprechen. Er wartet schon!‹
      Ich durchschaute nicht sogleich, welche Bewandtnis es mit jenem Schiffbruch wirklich hatte. Ich glaube, es jetzt zu wissen, doch ich bin mir nicht sicher – keineswegs sicher. Freilich war die Sache – wenn ich es mir recht überlege – gar zu albern, als daß es dabei hätte mit rechten Dingen zugehen können. Dennoch … Im ersten Augenblick stellte sie sich mir einfach als ein infames Mißgeschick dar. Der Dampfer war gesunken. In plötzlicher Eile waren sie zwei Tage zuvor, mit dem Direktor an Bord, unter dem Kommando irgendeines hergelaufenen Schiffers den Fluß hinaufgefahren, und ehe sie drei Stunden unterwegs gewesen, hatten sie auch schon den Boden des Schiffes auf dem steinigen Grund des Flusses aufgerissen, und so war der Dampfer dicht am Südufer gesunken. Ich fragte mich, was ich dort eigentlich sollte, jetzt, da mein Schiff verloren war. Tatsächlich hatte ich aber alle Hände voll zu tun, mein Schiff aus dem Fluß zu ziehen. Ich mußte mich gleich am nächsten Tag daranmachen. Dies und die Reparaturarbeiten nahmen, nachdem erst einmal die Ersatzteile herbeigeschafft waren, mehrere Monate in Anspruch.
      Meine erste Unterredung mit dem Direktor war merkwürdig.
      Er bot mir keinen Stuhl an nach meinem zwanzig Meilen langen Fußmarsch an jenem Morgen. Seine Hautfarbe, die Züge seines Gesichts, sein Benehmen und seine Stimme hatten etwas Vulgäres. Er war von mittlerer Größe und normalem Wuchs.
      Vielleicht sahen seine Augen, die vom gewöhnlichsten Blau waren, bemerkenswert kühl drein, und er verstand es zweifellos, seinen Blick so schneidend und schwer wie eine Axt auf einen herabfallen zu lassen. Doch selbst damals schien der Rest seiner Person diese Absicht zu widerlegen. Sonst gab es da nur noch einen unbestimmbaren, leisen Zug um seine Lippen, etwas Heimliches – ein Lächeln – nein, kein Lächeln – ich sehe es noch vor mir, doch ich kann es nicht beschreiben. Es war unbewußt, dieses Lächeln, obwohl es sich, sobald er etwas gesagt hatte, für einen Augenblick verstärkte. Es stellte sich am Ende seiner Äußerungen ein, wie ein Siegel, das den Worten aufgedrückt wurde, um den Sinn der alltäglichsten Phrasen absolut unergründlich zu machen. Er war ein gewöhnlicher Handelsmann, war von Jugend auf in dieser Gegend beschäftigt worden – das war alles. Ihm wurde gehorcht, doch er weckte weder Liebe noch Furcht – ja, nicht einmal Respekt. Er weckte Unbehagen. Das war es. Unbehagen. Kein ausgesprochenes Mißtrauen – einfach Unbehagen – nichts weiter. Ihr glaubt gar nicht, wie wirkungsvoll solch eine … eine … Gabe sein kann. Er hatte kein organisatorisches, unternehmerisches oder auch nur Ordnung stiftendes Talent. Das wurde an solchen Dingen offenbar wie dem erbärmlichen Zustand der Station.
      Er besaß keine Bildung, keine

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