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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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Wenn ich einmal groß bin, gehe ich dorthin.
      Der Nordpol war ein solcher Fleck, wie ich mich erinnere. Nun, dort bin ich nicht gewesen und werde auch nicht mehr versuchen, hinzukommen. Der Zauber ist verschwunden. Andere Flecken lagen um den Äquator herum und über alle Breiten beider Hemisphären verstreut. In einigen von ihnen bin ich gewesen und … nun, reden wir nicht davon. Doch da war noch einer – der größte, der weißeste, sozusagen – nach dem ich mich besonders sehnte.
      Freilich war er inzwischen längst kein weißer Fleck mehr. Er hatte sich seit meiner Jugend mit Flüssen und Seen und Namen gefüllt. Er hatte aufgehört, ein leerer Raum köstlicher Geheimnisse zu sein – ein weißer Fleck, über dem ein Junge sich in glorreiche Träume verlieren konnte. Er war zu einem Ort der Finsternis geworden. Doch gab es darin vor allem einen Fluß, einen gewaltig großen Fluß, den man auf der Landkarte sehen konnte und der einer riesigen, sich aufringelnden Schlange glich, deren Kopf im Meer, deren Leib über eine weite Fläche hingelagert war und deren Schwanz sich in den Tiefen des Kontinents verlor. Und als ich mir die Landkarte im Schaufenster eines Ladens betrachtete, faszinierte mich der Fluß, wie eine Schlange einen Vogel fasziniert – einen dummen kleinen Vogel. Dann erinnerte ich mich, daß es einen großen Konzern gab, eine Gesellschaft, die Handel auf diesem Fluß trieb. Zum Kuckuck! dachte ich, die können doch auf all diesem Süßwasser keinen Handel treiben ohne irgendwelche Fahrzeuge – Dampfboote! Warum sollte ich nicht versuchen, den Befehl über solch ein Dampfboot zu erlangen? Ich ging die Fleet Street hinunter und konnte den Gedanken nicht loswerden. Die Schlange hatte mich betört.
      Ihr versteht, es handelte sich bei dieser Handelsgesellschaft um einen Konzern auf dem Kontinent; doch ich habe eine Menge Verwandte, die drüben auf dem Kontinent leben, weil es dort angeblich billiger ist und keineswegs so widerwärtig, wie es den Eindruck macht.
      Zu meiner Schande muß ich gestehen, daß ich sie zu behelligen anfing. Dies war für mich ein ganz und gar neues Vorgehen.
      Ich war nicht daran gewöhnt, etwas auf diese Weise zu erreichen, wißt ihr. Ich bin immer meinen eigenen Weg gegangen und auf meinen eigenen Beinen dorthin gelangt, wo ich hingelangen wollte. Ich hätte es mir nicht zugetraut; doch seht – ich hatte irgendwie das Gefühl, ich müsse unter allen Umständen dorthinkommen. So fing ich an, sie zu behelligen. Die Männer sagten: ›Mein lieber Junge‹, und taten nichts. Dann – ist es zu glauben? – versuchte ich es mit den Frauen. Ich, Charlie Marlow, steckte mich hinter die Frauen – um einer Anstellung willen! Himmel! Nun, ich war von der Idee besessen.
      Ich hatte eine Tante, eine liebe, schwärmerische Seele. Sie schrieb: ›Wie entzückend. Ich bin bereit, alles, alles für dich zu tun. Es ist eine glorreiche Idee. Ich kenne die Frau einer sehr hochgestellten Persönlichkeit in der Verwaltung und auch einen Mann, der großen Einfluß hat bei …‹, etc., etc. Sie war entschlossen, alle Hebel in Bewegung zu setzen, damit ich die Stelle eines Schiffers auf einem Flußdampfer erhielt, wenn mir so sehr daran lag.
      Ich bekam meine Anstellung – versteht sich; und ich bekam sie sehr schnell. Es fügte sich, daß die Gesellschaft gerade zu jener Zeit die Nachricht erhielt, einer ihrer Schiffer sei in einem Handgemenge mit Eingeborenen getötet worden. Dies war meine Chance, und ich war nur um so begieriger, dorthin zu kommen. Erst Monate und aber Monate später, als ich den Versuch machte, das, was von der Leiche übrig war, zu bergen, erfuhr ich, daß der ursprüngliche Streit aus einem Mißverständnis über ein paar Hühner entstanden war. Ja, zwei schwarze Hühner. Fresleven – so hieß der Mann, ein Däne – war der Meinung gewesen, er sei bei dem Handel übervorteilt worden. Deshalb war er ans Ufer gegangen und hatte den Häuptling des Dorfes mit einem Stock verprügelt. Oh, das überraschte mich nicht im geringsten, auch nicht das, was ich gleichzeitig vernahm, daß Fresleven das sanfteste, stillste Geschöpf gewesen, das je über Gottes Erdboden gewandelt sei.
      Zweifellos war er das gewesen; doch er hatte schon zwei Jahre dort draußen der edlen Sache gedient, wißt ihr, und er verspürte wahrscheinlich das Bedürfnis, endlich auf irgendeine Weise seine Selbstachtung geltend zu machen. Deshalb verprügelte er den alten Neger so

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