Untitled
Rüschenschürze öffnete.
„Oh! Sie auch", hauchte sie. „Treten Sie nur näher, Herr Doktor! Hochwürden ist ebenfalls da."
„Hat es dem alten Gauner keine Ruhe gelassen", schmunzelte der Arzt, leicht versöhnlich mit sich und der Welt.
„Schöne Sache, was ...?" sagte der Priester gedehnt, als der Doktor das Wohnzimmer betrat. „Wenn ich nur wüßte, was wir tun könnten! Haben Sie nicht eine brauchbare Idee?"
Der Arzt schüttelte den Kopf und schwieg. Aufgeregt kam die kleine Dame ins Zimmer gelaufen. „Meine Freundin Sidonie scheint sich in der Zeit vertan zu haben. Sie kommt geradewegs die Straße herunter. Um des lieben Himmels willen! Die Katastrophe ist perfekt!" Sie rang die Hände.
„Um das Beste aus dieser Sache zu machen, schlage ich vor, daß wir das heutige Damenkränzchen etwas abwandeln", hörte sie den Doktor gelassen sagen, der aufgestanden war und seinen Mantel auszog. Hochwürden schien mit dem gemischten Kaffee klatsch einverstanden zu sein. „Wir werden versuchen, die Damen so abzulenken, daß keine auf die Idee kommt, den Keller inspizieren zu wollen."
„Wenn das bloß alles gut geht! Huch, es klingelt schon", Madame Vanille zuckte zusammen. Ihre Wangen waren vor Aufregung gerötet. Zögernd ging sie zur Tür und öffnete.
Die beiden Herren hatten inzwischen an dem liebevoll gedeckten Tischchen im Salon Platz genommen und vernahmen schmunzelnd eine typisch weibliche Begrüßungsszene.
Die beiden Damen überboten einander geradezu mit Überschwenglichkeiten, die jedoch mit äußerst diskreten Spitzen gespickt waren, wie sie nur gute Freundinnen zustande bringen.
„Meine liebste Sidonie! Wie reizend, dich zu sehen! Bezaubernd dein neuer Hut! Nur, findest du nicht, daß das Modell etwas zu jugendlich ausgefallen ist? Du bist immerhin schon fünfundsiebzig", flötete Madame Vanille charmant.
„Ach weißt du, Liebste, die fünfundsiebzig stehen doch nur auf dem Papier! Ich fühle mich ja so viel jünger! Du glaubst gar nicht, wie häufig ich höre, daß ich noch längst nicht wie fünfundsiebzig wirke.
Von dir dürfte man Ähnliches wohl nicht behaupten. Deine dreiundsiebzigeinhalb stehen dir zweifelsfrei im Gesicht geschrieben! Aber tröste dich! Es gibt eine Menge Frauen, bei denen nützt der ganze Aufwand der Kosmetik im Grunde nicht viel", erwiderte Sidonie honigsüß.
Die Herren im Salon amüsierten sich köstlich, bekamen allerdings einen Riesenschreck, als sie hörten, die Freundin wolle ihren regennassen Schirm zum Trocknen unbedingt im Keller aufstellen. Ein spitzer Schrei unserer Freundin ließ Sidonie wie angewurzelt auf dem obersten Treppenabsatz innehalten. „Meine Liebe! Was ist dir? Mein Gott, du bist ja ganz blaß!" Fassungslos starrte sie Madame an.
Der Geistliche kam mit wehender Soutane aus dem Salon gestürzt. Überschwenglich begrüßte er die Besucherin. „Meine liebe Frau Sidonie! Wie freue ich mich, Sie zu sehen! Sie wollen doch nicht diese entsetzlich steile Treppe zum Keller hinabsteigen. Geben Sie mir Ihren Schirm, dann erledige ich das für Sie", bedrängte er die immer perplexer dreinschauende Sidonie.
Unsere Freundin hatte dank dieser beherzten Aktion die Fassung wiedererlangt und besann sich auf ihre Rolle als Gastgeberin, indem sie Sidonie in den Salon führte. „Komm Liebste, wir wollen ins Wohnzimmer gehen. Stell dir vor, der verehrte Herr Pfarrer und der gute Herr Doktor sind heute ebenfalls meine Gäste. Ist das nicht reizend von den Herren?" Sie gab sich sehr beschwingt.
Sidonie, noch immer irritiert, antwortete mit einem nicht sehr überzeugenden „Na, wenn du meinst? Glaubst du denn, die Herren interessieren sich für unsere Themen? Stricken, Häkeln und Einkochen?" Sidonie konnte die Begeisterung der Freundin keineswegs teilen. „Sie war ja schon immer etwas exzentrisch", murmelte sie still vor sich hin und streckte höflich dem Arzt die Hand zur Begrüßung entgegen. Der Herr Doktor war aufgestanden und deutete formvollendet einen Handkuß an.
Madame blieb der Mund offen stehen. Sie schaute abwechselnd auf ihre beiden Besucher. Sidonie war fasziniert. So etwas war ihr schon lange nicht mehr vorgekommen. Leicht benommen schwebte sie zum Kanapee und ließ sich verträumten Blickes nieder.
„Herr Doktor! So ein Benehmen entspricht doch sonst nicht Ihrer Art", konnte sich Madame Vanille nicht verkneifen zu bemerken.
„Hab' ich einem guten Freund
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