Untitled
Verwaschung?»
«Das Resultat, Mylord, besteht darin, daß die zwei Abdrücke, die wir im Bettzeug registriert haben, auf den Bildern so gut wie nicht zu erkennen sind. Ich werde am Samstag abend, sofern ich hier nicht benötigt werde, einem Treffen der Bayswater Photographic Society beiwohnen, wo ich mir bei anderen Fotografen – einige davon übrigens Berufsfotografen, Mylord, und sehr gute – Rat einholen will, wie ich die Qualität der Abzüge verbessern kann.»
«Gut, dann tun Sie, was Sie können, Bunter. Die Kissen stellen sich womöglich als etwas von großer Wichtigkeit heraus, und ihr Zustand wird ja wohl nicht ewig währen. Also, ich meine, sie könnten sich doch irgendwann aufschütteln, nicht wahr?»
«Ich wüßte nicht, daß Federn selbsttätig ihre Anordnung verändern», sagte Bunter nachdenklich. «Die leichteste Berührung jedoch …»
«Das hatte ich im Sinn. Ich lege mich jetzt hin, Bunter. Gute Nacht.»
Auszug aus dem Tagebuch von Honoria Lucasta, Herzoginwitwe von Denver:
27. Februar
Schon gibt es Klatschgeschichten um den König. Die Presse in Frankreich voll davon, wenn man Paul glauben darf. Paul selber gebärdet sich in letzter Zeit sehr schwierig – ein unerträglicher Exzentriker (Gerald meint, es kommt vom Leben unter beschränkten Ausländern). Zuerst eilt Paul überstürzt nach Hause, um am Begräbnis des Königs teilzunehmen, dann eilt er überstürzt zurück nach Frankreich, weil er die Kälte hier nicht verträgt und der Wein zu teuer ist. Jetzt schneidet er in einem fort aus den französischen Zeitungen alles aus, was sich mit dem König und Mrs. Simpson beschäftigt, und schickt es mir mit der Post. Man hätte wohl annehmen sollen, daß er als notorischer Freigeist damit fertig wird, daß der König eine Konkubine hat, oder auch zwei, ohne daß er deswegen so einen Alarm schlagen muß. Dann ist er noch überaus schlecht auf Präsident Roosevelt zu sprechen, von wegen Neutralitätsgesetz. Frage mich, ob er die wunderlichen Ansichten tatsächlich aus Frankreich hat. Meine bei näherem Hinsehen, es liegt nicht daran, er war schon immer wunderlich. Er sagt, die ganzen Amerikaner in Paris schützen vor, ein Interesse für Kultur zu haben, und sind doch fest entschlossen, Europa im eigenen Saft schmoren zu lassen. Mit den Hartley-Skeffingtons im Kino gewesen, neuen Chaplin gesehen, Moderne Zeiten. Vorher die Wochenschau mit ‹Herr Hitler›, wie er die Olympischen Winterspiele eröffnet. Hitler Chaplin sehr ähnlich. Habe mich gefragt, warum die Deutschen nicht lachen müssen. Nehme an, ist wohl doch nicht komisch.
9
Einzigartigkeit birgt fast immer einen Schlüssel. Je gewöhnlicher und unauffälliger ein Verbrechen ist, desto schwieriger ist es zu durchschauen.
CONAN DOYLE
«Natürlich liegt es völlig im Bereich des Möglichen», sagte Lord Peter beim Frühstück zu seiner Gattin, «daß eine Frau ermordet wird, wenn sie gerade etwas für sie Ungewöhnliches tut oder sich in einer Weise benimmt, die man an ihr noch nicht beobachtet hat. Für den Instinkt des Kriminologen ist das aber eigentlich ein Affront.»
«Du meinst, es ist so ähnlich, wie wenn der Blitz zweimal in dasselbe Haus einschlägt?»
«Ja, ein bißchen. Mir wäre es bei weitem lieber, wenn jede noch so kleine Abweichung vom üblichen Procedere mit dem Verbrechen selbst in Verbindung gebracht werden könnte. Und somit dann von jemand mit dem entsprechenden Grips als Anhaltspunkt aufgefaßt werden könnte.»
«Tja, wenn es hier um einen Kriminalroman ginge, würde man sicher darauf achten, daß das der Fall ist», erwiderte Harriet. «Aber im wirklichen Leben, Peter, ist es da nicht an der Tagesordnung, daß Leute eben Dinge tun, die nicht an der Tagesordnung sind? Sie gehen beispielsweise dauernd irgendwo zum ersten Mal hin, sie versetzen ihre Freunde ständig durch kleine Verhaltensänderungen in gelindes Erstaunen, sie werden immer ohne Vorwarnung von Langeweile erfaßt oder von rasenden Kopfschmerzen. Sie gehen unerwartet zu Partys oder früh ins Bett. Sie kaufen sich manchmal rote Kleider statt, wie sonst immer, blaue, oder sie heiraten auch plötzlich, im reifen Alter von fünfundvierzig Jahren, eine in höchstem Maße unpassende Person.»
«Willst du damit sagen, daß eine unvorhersehbare Änderung im Verhalten eines Menschen uns einfach Aufschluß geben kann, wie es tatsächlich im Inneren des oder der Betreffenden aussieht?»
«In einem Roman ganz sicher, ohne Frage. Die einzelnen
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