Untitled
Firmen auf zukünftige Überfälle einstimmen? Allen solche Todesangst einjagen, dass sie keinen Widerstand leisteten? Oder hatten die Morde etwas mit Rache zu tun? Es war gut möglich, dass der ein oder andere der Mörder in einer Bank gearbeitet hatte. Wir verfolgten diese Spur mit allem, was wir bisher hatten.
Ich schaute in den voll besetzten Raum des FBI-Krisenstabs. An einer Wand hingen Beschreibungen und Fotos von Verdächtigen und Zeugen. Unglücklicherweise war keiner der Verdächtigen ein heißer Tipp. Nicht einmal lauwarm. Über den einzelnen Abschnitten befanden sich Überschriften: »Fetter Mann«, »Freundin des Ehemanns«, »Schnurrbart«.
Warum hatten wir nicht einen einzigen guten Verdächtigen? Was sollte uns das sagen? Was übersahen wir alle?
»Hallo und guten Morgen. Ich möchte Ihnen allen im Voraus danken, dass Sie Ihr Wochenende geopfert haben«, sagte Agentin Cavalierre mit genau der richtigen Mischung aus Humor und Ironie. Sie trug Kakihosen und ein zartlila T-Shirt. Im Haar steckte eine winzige lila Schmuckspange. Sie wirkte zuversichtlich und verblüffend entspannt.
»Wenn man samstags nicht kommt, braucht man sich die Mühe am Sonntag auch nicht zu machen«, meinte ein Agent mit hängendem Schnurrbart, der ganz hinten saß.
»Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass die Klugscheißer immer ganz hinten sitzen?«, sagte Agentin Cavalierre in die Runde und lächelte einnehmend. Sie war tatsächlich cool bis ins Mark.
Sie hielt einen dicken blauen Aktenordner in die Höhe. »Sie alle haben einen so schönen Ordner wie den hier. Darin finden Sie frühere Fälle, die möglicherweise eine Verbindung zu den aktuellen ergeben. Die Raubüberfälle Joseph Doughertys im Mittelwesten in den Achtzigerjahren weisen gewisse Ähnlichkeiten auf. Es gibt auch Material über David Grandstaff, das Hirn, das den größten Banküberfall in der Geschichte Amerikas ausbrütete. Interessanterweise wurde Grandstaff vom FBI gestellt. Doch wurden dabei – in unserem Übereifer, ihn zu schnappen – fragwürdige Methoden angewandt. Nach einer sechswöchigen Verhandlung berieten die Geschworenen nur zehn Minuten, dann sprachen sie Grandstaff frei. Bis zum heutigen Tag wurden die drei Millionen vom Raub der Tuscon First National Bank nicht aufgefunden.«
Vorn meldete sich jemand mit Handzeichen, um eine Frage zu stellen. »Wo befindet sich Mr Grandstaff jetzt?«
»Oh, er ist untergetaucht«, antwortete Agentin Cavalierre. »Ungefähr ein Meter achtzig tief. Er ist nicht in diese Banküberfalle verwickelt, Agent Doud. Aber vielleicht hat er dazu beigetragen, indem er die jetzigen Täter inspirierte. Das triff auch auf Joseph Dougherty zu. Wer immer diese Verbrechen begangen hat, könnte ihre Methode gekannt haben. Wie man in Filmen sagt: ›Er hat das Spiel genau studiert.‹«
Nach der halbstündigen Besprechung stellte Agentin Cavalierre mich den anderen Agenten vor.
»Einige von Ihnen kennen Alex Cross von der Washingtoner Polizei bereits. Er ist bei der Mordkommission, hat in Psychologie promoviert und arbeitet als forensischer Psychologe. Übrigens ist er ein sehr guter Freund von Kyle Craig. Die beiden sind ein Gespann. Deshalb – alles was Sie über die Washingtoner Polizei oder unseren Craig denken, sollten Sie lieber für sich behalten.«
Sie schaute zu mir herüber. »Dr. Cross hat die Leichen von Brianne und Errol Parker in Washington entdeckt, was einem Durchbruch in diesem Fall bis jetzt am nächsten kommt. Beachten Sie, wie behutsam ich mich bei Dr. Cross einschleime.«
Ich stand auf und blickte im Konferenzraum umher, während ich zu den Agenten sprach. »Nun ja, ich fürchte, die Parkers sind ebenfalls untergetaucht«, sagte ich und erntete ein paar Lacher. »Brianne und Errol waren kleine Ganoven, hatten aber einige Zeit wegen Banküberfällen gesessen. Wir überprüfen jeden, den sie im Lorton-Gefängnis gekannt haben. Bis jetzt gibt es noch keine Ergebnisse. Was wir bisher auch unternommen haben – es ist nicht viel dabei herausgekommen, und das ist sehr beunruhigend.
Die Parkers waren fähige Diebe, aber längst nicht so methodisch wie derjenige, der sie angeheuert hat – und sie später tötete. Übrigens wurden die Parkers vergiftet. Ich glaube, der Mörder hat zugeschaut, wie sie gestorben sind, und ihr Tod war grässlich, das können Sie mir glauben. Außerdem muss der Mörder mit Brianne Parker Geschlechtsverkehr gehabt haben, nachdem sie tot war. Das ist im Moment noch eine
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