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Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
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in das transparente Gefäß, das an einer Art Galgen neben seinem Bett hing. Er hob die rechte Hand und betrachtete sie verblüfft: Ein Schlauch, dessen Ende unsichtbar mit Pflasterstreifen auf seinem Handrücken fixiert war, verband ihn mit diesem Gefäß. Er hing am Tropf. Bisher hatte er das nur im Fernsehen gesehen. Was war da drin? Was pumpten sie ihm in die Adern?
    »Ich habe Ihnen ein Schmerzmittel in den Tropf gegeben. Es wird ihnen gleich besser gehen.«
    »Ich möchte mich waschen«, sagte Bauer.
    »Na gut. Ich bringe Ihnen eine Schüssel.«
    »Ohne... ohne Sie. Allein. Ich will duschen.«
    Die Schwester lachte. »Immer mit der Ruhe. So weit sind wir noch lange nicht.«
    Sie sprachen leise, weil hier ständig etwas los war. Ärzte und Schwestern liefen an ihnen vorbei, Rekonvaleszenten schlurften über den Gang, in einer Ecke standen mehrere blasse Patienten in Bademänteln und rauchten.
    »Wir könnten viel weiter sein. Wenn du nicht alles allein machen würdest.«
    »Was denn? Was hättet ihr denn machen können?«
    »Ich hätte mit Patrick reden können. Heute früh schon. Stattdessen...«
    »Patrick ist gerade erst aufgewacht, das weißt du genau.«
    »Heute Morgen wäre er wach gewesen. Hat der Arzt gesagt. Ich hab dich ja auch gleich angerufen und dir Bescheid gegeben. Aber du wolltest ja erst noch die Hexe verhören, und allein wolltest du mich auch nicht zu Patrick fahren lassen. Du musstest ja unbedingt selbst dabei sein.«
    »Hans...«
    »Das ist so was von scheißunprofessionell. Dann die Leitner. Du fährst einfach zu ihr, dabei hatten wir sie vorgeladen. Wieso tust du das?«
    »Also...«
    »Ich versteh einfach nicht, was mit dir los ist, ganz ehrlich. Ich finde diese Art zu arbeiten zum Kotzen.«
    »Hör jetzt auf.«
    »Erklär's mir.«
    »Ich muss dir nichts erklären! Ich nicht! Du kannst mir erklären, was dir einfällt, mich so anzufahren!«
    »Einer muss dir das mal sagen. Du kannst nicht immer alles allein entscheiden, allein machen.«
    »Ach? Und wie war das mit der Vernehmung von dieser Caro Stein? Dieser Schriftstellerin? Da hattest du mal Gelegenheit zu zeigen, was du draufhast.«
    »Was soll das?«
    »Die Vernehmung war ... schlecht, Hans. Du hast überhaupt nicht nachgehakt, du hast ihr durchgehen lassen, dass die sich an nichts erinnert. Ich -
ich
- musste sie wieder vorladen, weil du versagt hast.«
    »Sei nicht so laut! Willst du, dass hier jeder Depp zuhört?« Aber Fischer klang nicht mehr ganz so selbstsicher.
    »Dein Handy klingelt.«
    »Ich will, dass wir endlich...«
    »Dein Handy klingelt.«
    Fischer schwieg und kramte in seiner Hosentasche. Das Handy spielte eine Melodie, die nach einem alten Song aus den Siebzigern klang. Mona kam nicht drauf, welcher es war, nur dass sie ihn damals als Teenager gern gehört hatte. Sie grübelte über den Titel des Songs nach.
    »Ja!«, bellte Fischer in den Hörer. Sofort blieb eine Schwester stehen und erklärte Mona mit leiser Stimme, dass Mobiltelefone in dieser Klinik verboten seien.
    »Mordkommission 1«, sagte Mona zur Schwester und zeigte ihre Marke extra nicht. Sie war in der Stimmung für eine kleine Auseinandersetzung. »Wir dürfen das.«
    Die Schwester verlangte keine Legitimation und verzog sich mürrisch.
    »Was?! Ja, sicher. Ja, das auch. Okay. Ich sag's ihr. Sie meldet sich dann.« Fischer drückte auf den Aus-Knopf.
    »Was?«, fragte Mona.
    »Hm?«
    »Du sollst mir was ausrichten. Was war das?«
    »Kai Lemberger. Du wolltest wissen, wer sie ist.«
    »Ja. Und?!«
    »Forster sagt, sie ist bei ihrem Vater gemeldet. Lars Lemberger, Diplomingenieur. Wohnt nicht weit von den Belolaveks entfernt.«
    »Haben sie den Vater erreicht?«
    »Anrufbeantworter.«
    »Wo arbeitet er?«
    »Wissen sie noch nicht.«
    Mona nahm ihr Handy. »Hoffentlich ist er nicht in Urlaub. Sie sollen jemanden vor seinem Haus postieren.«
    Fischer sagte nichts dazu. Er wandte sich ab und starrte aus dem Gangfenster in ein auf tropisches Idyll hergerichtetes Karree aus Gummibäumen und anderen Grünpflanzen.
    »Kann ich mal mit Karl sprechen? Karl Forster? Karl? Sei so gut und veranlasse, dass jemand von der Schupo sich vor dem Haus von dem Lemberger hinstellt. Sobald er da ist, soll er ihn mitnehmen. Wir brauchen ihn als Zeugen. Geht ein Mädchen in das Haus, das auch gleich mitnehmen! Okay?«
    Eine Schwester kam aus Bauers Zimmer. »Sie können jetzt rein«, sagte sie zu Fischer und lächelte ihn an. Es gab Leute, die Fischer mochten.

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