Untreu
Dreiundvierzig, geschieden, ein Sohn, Student, neunzehn. Sie arbeitet ehrenamtlich für Pfarrer Grimm. Für seine Gemeinde.«
»Und dieser Pfarrer? Was ist mit dem?«
Mona zuckte die Schultern. »Nichts. Seit...«, sie sah in ihren Unterlagen nach, »...zehn Jahren in der Pfarrei Westend als Seelsorger beschäftigt. Ledig, keine Kinder.«
»Wusste er was über diese Geschichte?«
»Die Affäre? Er sagt nein.«
Berghammer sah sie prüfend an. »Er sagt nein, aber? Da kommt doch noch was, oder?«
»Also - ich bin mir nicht sicher. Könnte sein...«
»Was?«
»Ich hatte den Eindruck, er mochte sie sehr. Vielleicht hat er was verschwiegen.«
»Behaltet ihn im Auge.«
»Klar.«
Berghammer wandte sich an Fischer. »Immer noch nichts über ihren Aufenthaltsort bekannt?«
»Sylt, Hotel am Hauptbahnhof«, leierte Fischer. »Café am Marienplatz, eine Straße irgendwo in Augsburg, hab ich jetzt vergessen, wo. Paris, Hamburg. Was weiß ich.«
»Ich finde, wir brauchen jetzt mal jemanden, der den Todeszeitpunkt klärt«, sagte Mona. »Ich meine, wenn wir irgendwann einen Verdächtigen haben, dann...«
»Die Leiche ist schon zu sehr verwest. Da kann man nichts mehr klären«, sagte Forster.
»Weiß ich nicht. Es gibt da diese Insektenforscher, ihr wisst schon, zum Beispiel dieser Typ, der schon in allen Talkshows war...«
»Herzog sagt, der ist gut auf seinem Gebiet, aber der hat keine Ahnung von Leichenarbeit und Todesermittlung«, sagte Berghammer in einem Ton, der jede weitere Diskussion abschließen sollte.
»Ich weiß, dass Herzog das sagt. Damit sind wir die Einzigen, die noch nie mit ihm gearbeitet haben«, sagte Mona. Sie wusste, dass Berghammer keine Widerworte mochte. Aber wie sollten sie jemals irgendein Alibi checken? Selbst wenn sie den Liebhaber von Karin Belolavek finden würden oder die Belolavek selber - ohne Todeszeitpunkt gab es keine Möglichkeit, sie zu überprüfen.
»Wir haben nicht mal einen Verdächtigen, und du kommst da mit irgendwelchen obskuren Wundertätern«, sagte Berghammer verärgert.
»Angenommen, wir hätten einen Verdächtigen. Angenommen, wir finden die Belolavek oder ihren jungen Freund...«
»Dann gibt's andere Möglichkeiten als diesen... Ich weiß nicht, wie der sich nennt. Ist ja auch wurscht. Wir brauchen den nicht.«
»Er hat jahrelang bei der New Yorker Polizei gearbeitet. Er hatte den Fall mit dem Pastor, der seine Frau umgebracht hat...«
»Der Pastor sagt heute noch, dass er's nicht war. Der reine Indizienprozess. Eigentlich unmöglich. Nur wegen dieser paar Ameisen.«
»Waldameisen an seinen Stiefeln. Dieselbe Sorte, die man am Leichenfundort gefunden hatte, obwohl der Pastor behauptet hat, er sei nie dort gewesen. Ich bin dafür, dass wir ihn mal ausprobieren.« Sie hätte das mit Berghammer allein besprechen sollen, aber man bekam ihn nie zu fassen. Ein Obdachloser war mit durchgeschnittener Kehle gefunden worden, ein Drogenhändler war von einer S-Bahnbrücke gestürzt, ein Mann hatte seine Frau erwürgt und stritt bei der zweiten Vernehmung alles ab, was er bei der ersten schon zugegeben hatte. Lauter ungelöste Fälle, eine PK nach der anderen. Die Medien saßen ihm im Nacken.
»Wir müssen diesen verdammten Liebhaber finden«, sagte Berghammer. »Das hat jetzt mal erste Priorität. Wir müssen wenigstens seinen Namen haben.«
»Die Gemeinde hat uns eine Namensliste gefaxt«, sagte Mona. »Karin Belolavek hat mit insgesamt drei Männern ab und zu zu tun gehabt. Zwei sind über sechzig, einer ist fünfundvierzig. Dann gibt es noch die Autoren, für die die Belolavek Lesungen organisiert hat. Da ist bloß einer unter dreißig.«
»Und?«
»Der lebt in Norwegen, und sein Verlag sagt, der spricht kein Deutsch. Der war nur auf Lesereise hier und dann nie wieder.«
»Vielleicht stimmt das mit dem jungen Liebhaber ja gar nicht. Vielleicht war er so alt wie sie oder älter.«
»Wieso sollte eine Zeugin so was erzählen, wenn's nicht wahr ist?«
»Vielleicht hat sie was verwechselt.«
»Martin, so was verwechselt man nicht. Maximal Mitte zwanzig.«
»Ist die Leitner glaubwürdig?«
»Überzeug dich doch selbst! Ich lad sie vor, dann kannst du mit ihr reden!«
Aber Berghammer winkte ab, plötzlich resigniert. Sein Gesicht wirkte grau vor Müdigkeit.
»Ich will nicht mehr in die Schule.«
»Immer mit der Ruhe.«
»Ich geh da nicht mehr hin.«
»Jetzt schläfst du erst mal, Lukas. Morgen schauen wir weiter.«
»Nein. Ich kann nicht schlafen.«
»Es
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