Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)
mit Dr. Hume sprechen werden«, sagte Lady Kate zu Grace. »Oder Jack läuft direkt in sein Verderben.«
Und die, die sich um ihn kümmern, gleich mit, dachte Olivia und betrachtete ihre beiden Freundinnen.
Am nächsten Morgen begleitete die kleine Gruppe von Frauen Grace zum Schlachtfeld, um ihren Vater zu beerdigen. Olivia hatte schon an vielen Begräbnissen teilgenommen. Es war eine ihrer Aufgaben gewesen – vor allem bei Gemeindemitgliedern, die niemanden hatten, der um sie trauerte. Doch sie bezweifelte, dass sie je eine ergreifendere Beerdigung erlebt hatte.
Grace ging in stiller Würde hinter dem Sarg her, die Hand auf Harpers Arm gelegt. Die überlebenden Männer des Generals bildeten eine Ehrengarde, und der Kaplan der Gardisten hielt die schlichte, aber bewegende Grabrede. Ein Highlander hatte dem General auf dem Dudelsack ein Abschiedslied gespielt. Der General hatte den wilden, barbarischen Klang immer geliebt. Und als die letzten Töne in der Morgenluft verklangen, trat Lady Bea vor, hob ihr Gesicht zum Himmel und begann, Psalm dreiundzwanzig zu singen.
»Der Herr ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln …«
Und jedermann auf dem zerstörten, blutgetränkten Feld hielt vor diesem Wunder inne. Olivia jagte ein Schauer über den Körper, als sie den ersten Ton hörte, der so rein und klar war, dass selbst Gott vor Rührung weinen musste. Der Klang war so hell und leicht, dass die alte Dame diesen finsteren, traurigen Ort zu einem Platz machte, an dem das Leben dieses stürmischen alten Generals und seiner trauernden Tochter gefeiert wurde.
Lady Beas Stimme hallte über die sanften Hügel, und die Männer des Generals feuerten einen siebenschüssigen Salut ab. Grace bedankte sich ruhig bei jedem Einzelnen für die Ehre, die ihrem Vater zuteilgeworden war. Und Olivia stand noch ein paar Minuten stumm da und dachte wieder einmal, wie reich Grace in ihrem Leben gesegnet war. Wie außerordentlich reich ihr Vater an Liebe und Respekt seiner Männer und seines Kindes gewesen war.
Doch nach allem, was Olivia über ihn erfahren hatte, hatte er es auch verdient. Er war treu und fürsorglich gewesen und auf seine brüske Art und Weise auch freundlich. Er hatte sein eigenes Kind nicht verdammt, als es ihn am meisten gebraucht hatte.
Ach, das war keine Erinnerung, die auf die Beerdigung eines so mutigen Mannes passte. Ungeduldig, dass dieser alte Schmerz sie noch immer quälte, beschloss Olivia, bei der Kutsche auf Grace zu warten.
Lady Kate war schon da und umarmte Lady Bea innig.
»Du hörst nie auf, mich zu erstaunen und zu erfreuen, meine Liebe«, sagte die Duchess, als sie die Tränen von ihrer beider Wangen wischte. »Das war ein wunderbares Geschenk für Grace und ihren Vater.«
Lady Bea, die errötet war und traurig und erschöpft wirkte, keuchte ein bisschen. »Lorbeer… Lorbeerkranz …«
»In der Tat. Er verdient diese Ehre. Ich bin nur froh, dass du hier warst, um sie ihm zu erweisen. Denn als ich das letzte Mal gesungen habe, dachte jede Katze in der Umgebung, eine ihrer Freundinnen würde gerade gewürgt.«
Olivia half der alten Dame in die Kutsche.
»Arme Bea«, sagte Lady Kate, als sie die Tür schloss. »Sie empfindet so tief.«
»Aber ihr Gesang«, sagte Olivia und schüttelte erstaunt den Kopf. »Wer hätte das gedacht?«
Lady Kate strahlte. »Ein Wunder, nicht wahr? Aus irgendeinem Grund ist ihre Fähigkeit zu singen nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Sie kann sich an jeden Text und jede Note erinnern, die sie je gelernt hat. Und nicht nur das – wenn sie aufgeregt ist, ist es manchmal die einzige Möglichkeit, sie singen zu lassen, was sie bedrückt. Damit hat sie kein Problem.« Lady Kate blickte zu Lady Bea, die in der Kutsche wartete und nervös an ihren Handschuhen zupfte. »Ist der Geist nicht faszinierend? Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn ich sie verloren hätte.«
»Ist sie schon lange Ihre Begleitdame?«
Lady Kate lächelte. »Oh, wussten Sie das nicht? Sie ist die jüngste Schwester meines Mannes.«
Olivia bemühte sich, ihr Erstaunen nicht zu offensichtlich zu zeigen. Lady Bea war mit Sicherheit um die vierzig Jahre älter als Lady Kate. Da sie nicht wusste, wie sie reagieren sollte, nickte sie nur. »Tja, wir sollten sie zurückbringen. Und Grace auch.«
Sie drehte sich um und sah Grace, die von Soldaten umgeben war und sie anlächelte, als wäre sie deren ältere Schwester.
»Das Geschenk ist ein Problem, über das ich vorher nicht nachgedacht
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