Unwiderstehliche Küsse: Roman (German Edition)
zu spät.
Rastlos drehte sie sich wieder auf den Rücken. Ein mondrundes Gesicht, das mit einer dünnen Schlammschicht bedeckt war, die nur die Augen aussparte, hing über ihr und sperrte die Sonne aus. Erschrocken schnappte sie nach Luft.
Die Brille auf Poppys schlammüberzogener Nasenspitze sah noch mehr fehl am Platz aus als sonst. Von ihrem Gesicht war praktisch nichts zu sehen, nur ihre großen blauen Augen und ihr rosa Mund. »Oh, ich wollte dich nicht erschrecken«, sagte sie. »Die nette Frau hat behauptet, der Schlamm würde meine Haut zum Strahlen bringen und zart machen wie einen Babypopo.«
Eine Hand auf ihr immer noch rasendes Herz legend, setzte Clarinda sich auf. »Es ist nicht deine Schuld. Meine Nerven sind derart angespannt, dass ich halb damit gerechnet habe, Farouk stünde mit einem Krummsäbel in der Hand über mir. Aber was tust du hier?« Clarinda schaute sich rasch verstohlen um und sah, dass einige der anderen Frauen sie mit einer Mischung aus Verachtung und Belustigung ansahen. »Es war Teil meiner Abmachung mit Farouk, dass du nicht an diesen Lektionen teilnehmen oder die albernen Schönheitsbehandlungen über dich ergehen lassen musst.«
Poppy ließ sich neben ihr nieder und steckte ihre bloßen Füße in das Wasserbecken. Nicht einmal die Schlammmaske konnte ihre wehmütige Miene verdecken. »Kannst du dir nicht vorstellen, dass ich auch schön sein möchte?«
»Das bist du doch schon. Und das hier ist kein passender Aufenthaltsort für eine anständige junge Dame.« Clarinda beugte sich vor und senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Ich würde es vorziehen, wenn wir beide in der Lage wären, zurückzukehren und unseren Platz in der Gesellschaft wieder einzunehmen, ohne zuvor unsere Unschuld einzubüßen.«
Poppy seufzte theatralisch. »Den Platz in der englischen Gesellschaft wirst du allein einnehmen müssen, fürchte ich, denn, falls du es vergessen hast, ich habe England als gefallene Frau verlassen.«
Clarinda schüttelte den Kopf und wunderte sich erneut über die Ungerechtigkeit des Lebens. Mit einem Finger wischte sie etwas Schlamm von der Nase ihrer Freundin und lachte reuevoll. »Du siehst genauso aus wie ich, als ich im Alter von acht Jahren im Haus des Kuraten den Kohlenschacht hinabgerutscht bin.«
»Wie, um alles in der Welt, ist dir das denn gelungen?«
»Ich habe auf der geöffneten Türklappe balanciert, weil ich eine Fleischpastete stehlen wollte, die auf dem Fensterbrett zum Abkühlen stand. Seine Frau war eine ausgezeichnete Köchin.« Clarindas Lächeln verblasste, als ihr wieder einfiel, dass es Ash gewesen war, der ihr verängstigtes Rufen gehört hatte und gekommen war, um sie an den Knöcheln herauszuziehen. Wenn sie jetzt daran dachte, wurde ihr bewusst, dass er immer in der Nähe gewesen war, um sie zu retten, wenn es nötig war.
Außer das eine Mal, als sie ihn am meisten gebraucht hatte.
Sie war beinahe dankbar, als ein markerschütternder Schrei sie aus ihren Gedanken riss. Kurz vorher war eine von Farouks Konkubinen mit zwei der älteren Frauen hinter einem lackierten Wandschirm am anderen Ende des Gartens verschwunden.
Poppy warf einen beunruhigten Blick zu dem Wandschirm, und das Weiß in ihren Augen schien inmitten des Schlamms auf ihrem Gesicht sogar noch größer. »Die Arme. Foltern sie sie?«
»In gewisser Weise«, antwortete Clarinda.
Während es sie nicht störte, wenn ihr jeden Tag das Haar mit tausend Strichen gebürstet wurde, hatte sie nicht vor zuzulassen, dass eine von Farouks Helfershelferinnen Hand an irgendeine andere behaarte Stelle an ihrem Körper legte. Wann immer die alten Frauen sie hoffnungsvoll zu umkreisen begannen, während sie Töpfe mit erhitztem Wachs in den Händen trugen, überkreuzte Clarinda ihre Beine und warf den Alten finstere Blicke zu. In England würden nur Frauen mit lockerster Moral darauf verfallen, sich die feinen Härchen von den Beinen zu entfernen – oder sonst irgendwo.
Sie hatte bereits aus den neugierigen Blicken und dem Geflüster der Konkubinen geschlossen, dass ihre Schambehaarung die anderen Frauen hier endlos faszinierte. Ihr selbst war bisher gar nicht aufgefallen, dass deren Farbe perfekt zu der ihrer Haare auf dem Kopf passte.
Poppy biss sich auf die Lippe und schaute sich auf dem Hof interessiert um. »Wird einem denn hier beigebracht, wie … wie man einem Mann Lust bereitet?«
Clarinda verstand die Neugier ihrer Freundin nur zu gut. Clarinda hatte sich nie für zimperlich oder
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