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Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition)

Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition)

Titel: Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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einen Kohlestift in den verkrampft wirkenden Händen. Ich wollte ihm sagen, dass mir die Zeit für eine Unterhaltung fehlte und dass ich jetzt, da ich den Mondstein endlich hatte, all meine Energie auf die Frage verwenden musste, wie ich ihn benutzen sollte, um Daniel zurückzugewinnen. Doch der ernste Ausdruck in seinen Augen sowie Aprils diskrete Verabschiedung verrieten mir, dass er etwas Wichtiges zu sagen hatte. Offen gestanden wusste ich auch gar nicht, ob ich irgendjemandem die Wahrheit über den Mondstein anvertrauen konnte.
    Ich zog einen Küchenstuhl heran und setzte mich neben Gabriel.
    »Zuerst einmal wollte ich sagen, dass es mir leidtut«, sagte er. »Als Hilfspfarrer wäre es eigentlich meine Pflicht gewesen, zu den Gemeindemitgliedern zu sprechen. Angesichts der Umstände allerdings glaube ich nicht, dass das so klug gewesen wäre … mit all dem hier.« Er deutete auf den Verband über der Wunde, die sich nach unserem missglückten Heilungsritual in seinem Gesicht erneut geöffnet hatte, und befühlte die zahlreichen blauen Flecken an seinem Kinn. Es war schon ein paar Stunden her, seit ich ihn zuletzt gesehen hatte, aber sie sahen noch genauso dunkel und schmerzhaft aus. Ich fragte mich, wie lange es wohl dauern würde, bis sie abgeheilt waren.
    »Mir tut es auch leid«, erwiderte ich. »Ich war so verzweifelt und wollte meinem Dad helfen. Ich hätte wissen müssen, dass ich noch nicht bereit war.«
    »Nein, es war mein Fehler. Ich hätte merken müssen, wie viel Zorn du noch in dir trägst.«
    Ich blickte ihn an.
    »Kennst du die Parabel vom undankbaren Diener?«
    Ich war zwar wirklich nicht in der Stimmung für eine Bibelgeschichte, merkte jedoch, dass Gabriel sie ohnehin erzählen würde, und nickte nur.
    »Dann weißt du auch, dass es einen barmherzigen König gab, der seinem Diener eine große Schuldsumme erließ, als er sie nicht bezahlen konnte. Als dieser Diener jedoch selbst eine kleinere Schuld von einem Landsmann eintreiben wollte und feststellte, dass er nicht bezahlen konnte, wurde der Diener zornig und ließ den Mann ins Gefängnis werfen. Als der König davon erfuhr, wurde er wütend auf den Diener, weil er nicht dasselbe Mitleid gezeigt hatte, das ihm selbst widerfahren war, und ließ ihn ebenfalls in den Schuldturm werfen.«
    »Ich verstehe nicht, was die Geschichte mit uns zu tun hat«, sagte ich und klang dabei frustrierter, als ich es beabsichtigt hatte.
    »Du bist so voller Zorn, Grace. Ich konnte es spüren, als wir miteinander verbunden waren. All diese Wut, die in dir flammt – sie wird dich bei lebendigem Leib auffressen, wenn du nicht lernst, mit ihr umzugehen. Zorn ist eine Kraft, die genauso mächtig wie die Liebe ist. Und anstatt dich von deiner positiven Energie leiten zu lassen, bist du von deinem Zorn ganz besessen. Es ist so, als ließest du deinen inneren Wolf jemanden angreifen – aber von innen heraus. Und das war die Folge hiervon.« Er zeigte wieder auf sein verunstaltetes Gesicht. »Du hast meine Wunden wieder geöffnet. Ich hoffe nur, dass ich den Hauptstoß dieses Angriffs abbekommen habe, und nicht dein Vater.«
    Ich ließ den Kopf sinken. Ich war also der Grund dafür, dass die Monitore in Dads Krankenhauszimmer verrücktgespielt hatten? »Du meinst also, ich kann die Menschen mit meinem Zorn verletzen – ganz real?« Ich verschränkte die Hände. Sie kamen mir vor wie gefährliche Waffen.
    »Ja, aber viel weniger als du dich selbst verletzen kannst. Wir haben schon einmal darüber gesprochen. Der Wolf in dir ernährt sich von deinen negativen Gefühlen. Du musst dir deines Zorns bewusst werden und ihn bekämpfen, sonst wird der Wolf in dir nur stärker und stärker. Ich weiß, dass du einen Angriff von außen sehr gut abwehren kannst – das hast du im Lagerhaus bewiesen. Aber ein Angriff des Wolfs von innen heraus ist wesentlich heimtückischer.« Gabriel zupfte an seinem Verband herum. Offensichtlich war er nicht daran gewöhnt, so etwas tragen zu müssen. »Sag mir, Grace, auf wen bist du so zornig?«
    »Ich weiß nicht. Auf niemanden.« Das war nicht wahr. »Auf alle.« Alle haben dich im Stich gelassen, und jetzt will er dir einen Vortrag halten? Ich konzentrierte mich auf den Stein in meiner Tasche, um die Kontrolle wiederzugewinnen. »Ich bin wütend auf meinen Vater, weil er mich nicht zum Lagerhaus gehen ließ und stattdessen selbst hingehen musste. Ich bin wütend auf Talbot, weil er zugelassen hat, dass Dad verletzt wurde, und weil er ein

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