Urod - Die Quelle (German Edition)
diesen Bestien nicht unsere wunderschöne Welt hinterlassen, hörst du?! Wir machen das zusammen. Ich bin bei dir. Die ganze Zeit.“
Es war weniger das, was Viola sagte als vielmehr der Ausdruck in ihren Augen, der Enzas Starre löste. Viola meinte, was sie sagte. Es gab keine Zweifel, kein Zögern – sie glaubte daran, dass sie es schaffen könnten. Und ähnlich wie Miles zuvor, hatte nun auch Enza das Gefühl, alles würde wieder gut. Wenn sie nur fest genug daran glaubten, dann könnten sie dieser Hölle entfliehen, dachte Enza. Und es beflügelte sie. Es verlieh ihr die Kraft und den Mut, die sie brauchte, um durch die Passage zu kommen. Schritt für Schritt. Es half ihr gar dabei, inne zu halten und sich umzusehen, um dann die erste Patrone an der Stelle anzubringen, die sie für die Beste hielt. Wenn es ihnen gelang, diesen Teil der Passage zum Einsturz zu bringen, dann könnten die Urods nicht zu ihnen vordringen. Jedenfalls nicht auf diesem Weg. Enza war sich nicht sicher, ob ihr Vorhaben gelingen würde. Der Stein war fest und zeigte keinerlei Schwächen oder poröse Stellen. In der Baracke noch schien es ihr eine gute Idee gewesen zu sein, aber hier vor Ort, wurde ihr klar, dass ihnen das Glück schon verdammt Hold sein musste, damit sie mit der einen Patrone Sprengstoff das gewünschte Ergebnis erzielen konnten. Derlei Gedanken streiften sie jedoch nur flüchtig; sie war zu nervös und angespannt, um konkrete Überlegungen anzustellen. Alles, was sie wollte, war, ihren Part zu erledigen und dann so schnell wie möglich zu verschwinden. Sie spürte die Unruhe der anderen, als sie den Sprengstoff anbrachte. Das brachte ihre Hände erst recht zum Zittern.
Die Atmosphäre um sie herum schien elektrisch aufgeladen zu sein, so viel Energie lag jetzt in der in der Luft. Sie alle waren auf das Äußerste gespannt. So nah an der Quelle zu sein, bedeutete der Gefahr direkt ins Auge blicken zu müssen. Die Urods waren irgendwo in der Nähe. Der Faktor Zeit, der momentan noch auf ihrer Seite war, konnte sich jeden Moment gegen sie wenden. Enza zwang sich, ihre Augen nicht abzuwenden. Der Impuls, sich umzusehen, war fast nicht beherrschbar. Sie musste den anderen blind vertrauen. Sich auf ihre Sinne verlassen. So wie sie sich auf sie verließen. Darauf, dass sie das Richtige tat, die beste Entscheidung traf, sie vielleicht rettete, oder ins Verderben stürzte.
Sie platzierte die Patrone, verstreute dann das Mehl drum herum und legte eine lange Kordel, die sie in der Baracke mit Benzin getränkt hatten, daran. Langsam ging sie in Richtung Plateau, die Kordel sorgfältig abrollend. Sie musste sich rückwärts bewegen und Thomas und Viola gingen vor ihr her, um den Weg zu sichern.
Der Regen hatte sich zu einem Brausen erhoben, und so konnten sie auf die Watte verzichten, die sie vorsichtshalber mitgenommen hatten, um das Geräusch der Quelle abzuwehren. Doch nun war es nicht zu hören. Alle anderen Geräusche wurden ebenfalls verschluckt. Doch damit hatten sie vorher gerechnet. Sie hatten genau besprochen, was zu tun war. Immer wieder waren sie den Plan durchgegangen und bis jetzt funktionierte alles wie am Schnürchen.
Sebastian und Miles blieben noch eine Weile stehen, um die Umgebung mit Argusaugen zu mustern, doch es schien alles ruhig zu sein. Viel zu ruhig.
Die beiden verständigten sich mit Blicken. Es war ihnen, als blickten sie in einen Spiegel. In beiden Gesichtern war das gleiche Misstrauen zu lesen. Es war zu einfach. Es durfte nicht so einfach sein.
„ Vielleicht schlafen sie noch?“ raunte Sebastian Miles zu.
„ Kann schon sein. Keine Ahnung. Vielleicht“, entgegnete Miles und beide wussten, dass sie sich selbst etwas einredeten.
Sebastian wurde plötzlich wütend.
„Was heißt hier „kann sein“? Ich dachte, du und Drago, ihr habt sie studiert. Schlafen sie überhaupt? Irgendwie sahen sie nicht danach aus. Was machen sie denn den ganzen Tag? Ich meine, das hier ist die Quelle. Sie müssten doch wittern, dass wir irgendwas vorhaben….“
Er brach ab.
Miles verstand ihn nur zu gut. Auch er war nervös und konnte sich nicht erklären, warum kein Späher in der Nähe war.
„Jetzt schalt mal einen Gang runter! Ich weiß nicht, was sie so treiben. Vielleicht gehen wir zu sehr von unserer menschlichen Logik aus. Wer kann schon wissen, wie die ticken. Beeilen wir uns einfach! Solange sie nicht hier sind, gibt es kein Problem!“
Sebastian wollte etwas erwidern, überlegte es sich dann
Weitere Kostenlose Bücher