Valadas versinkende Gaerten
schwer.
22
MUHDJA.
Noch immer bin ich gelähmt vor Entsetzen.
Ich habe es gehört mit diesen meinen Ohren, dass sie dem Kadi für morgen ausrichten ließ, sie erwarte ihn in ihrem Haus. Und sie meint, mir, also meinem Vater, damit zu helfen!
Ich kenne den Kadi Ibn Al Dakhil von unseren Festen! Er ist ein rotbärtiger, hagerer Alter mit schriller Stimme, der berüchtigt sein soll wegen seiner gnadenlosen Urteile. Ich bin ihm aus dem Weg gegangen, wo ich nur konnte. Was meine Prinzessin als »schlechte erotische Manieren« bezeichnet, ist seine Vorliebe, seine Opfer zu quälen. So entjungferte er die jungen Frauen, die ihm unsere allzu großzügige Herrin überließ, mit dem Elfenbeinknauf seines Stocks, weil es ihm angeblich zuwider war, mit Blut in Berührung zu kommen, und vergewaltigte sie anschließend anal. (Anders brachte er nichts zustande.) Seitdem sie das weiß, hat Valada ihn nicht mehr eingeladen.
Ich machte einen Spottvers auf ihn.
»Vor seinem Urteil kann kein Mensch bestehen,
Und auf der Richtstatt fließt das Blut in Strömen.
Jedoch im Bett kann er das Blut nicht sehen.
Damit die Jungfrau'n aber tüchtig stöhnen,
Schiebt er den Stock in ihre enge Spalte.
Den eignen Stab drückt der perverse Alte
Den Mädchen hinten rein. Was er da findet,
Ob das wohl seine Fackel neu entzündet?«
Halb Cordoba lachte über den Vers. Ob es deswegen seinen Opfern besser ging, bleibt dahingestellt.
Eins aber steht fest: Er hasst mich. Und er wird seinen Hass an meinem Vater auslassen. Valada wird mit ihrem Angebot wohl nicht viel bei ihm erreichen.
Für mich jedoch steht fest – ich kann nicht zulassen, was da geschehen soll. Nie und nimmer.
Kopflos, ohne die geringste Vorsicht, renne ich in den Sklaventrakt.
Ich finde das Mädchen in der Nähe der Backöfen. Gemeinsam mit einer anderen Sklavin hockt sie auf dem Boden und schüttelt die Kornschwinge, um die letzte Spreu von unreinem Getreide zu sondern, bevor es gemahlen wird. Die Luft ist staubig, und auch Nazik ist von Kopf bis Fuß mit Kornstaub gepudert, sodass ihre Schwärze wie mit einem grauen Schleier bedeckt ist bis in die Lippen. Nur ihre Augen leuchten aus der fahlen Maske, als sie zu mir aufsieht.
Ich packe sie am Handgelenk, ziehe sie hoch. Die Kornschwinge rutscht ihr aus der Hand, der Inhalt landet auf dem gestampften Lehm des Fußbodens.
Die andere Frau schreit protestierend auf, und eine dritte kommt dazu, eine Aufseherin.
»Was geschieht hier?«
»Ich muss diese Sklavin vorbereiten auf eine neue Aufgabe«, sage ich, füge hinzu: »Die Herrin schickt mich«, und ich weiß, dass mich das vielleicht Kopf und Kragen kosten wird.
Die Frau zuckt die Achseln, ruft nach einer anderen Arbeiterin, die nun zunächst den Besen schwingt, das verschüttete Getreide wieder zusammenzufegen.
Mich kümmert das nicht. Ich führe die bestaubte Nazik schnell aus dem Gebäude, zwischen Hecken hindurch in den Garten, dann, im kleinen Park, zu dem Teich zwischen Oleanderbüschen, wo wir, Valada und ich und andere Freundinnen, manchmal an heißen Tagen übermütig ins Wasser gestiegen sind, bekleidet, bis unsere nassen Sachen an unseren Körpern klebten wie eine zweite Haut und unsere Neugier und Lüsternheit auf die eine oder die andere weckten. Gemeinsame Spiele, keine Heimlichkeiten . . .
Um diese Stunde ist es hier still, nur ein Pirol flötet seinen durchdringenden Lockruf, sucht sein Weibchen. Ich kann ihn sehen, gelb mit schwarzen Flügeldecken, er hüpft in den Büschen brünstig auf einem Zweig hin und her.
»Wasch dich! Wasch dich schnell!«, sage ich zu Nazik.
Sie sieht mich forschend an, steigt schließlich zögernd ins Wasser, Fuß für Fuß, beginnt, sich den Kornstaub abzuspülen. Es geht mir viel zu langsam. Ich gehe ebenfalls bis zu den Knien in den Teich, schöpfe mit beiden Händen Wasser, übergieße sie damit. Beginne, ihr Gesicht zu reinigen, küsse sie.
Ich bin von Sinnen. Das alles geschieht sozusagen offen, vor jedem sichtbar. Ich flehe zu Allah, dass er Erbarmen hat mit uns und die Augen der Menschen mit seinen gnädigen Händen zuhält.
Nazik hat nicht gefragt, warum wir das tun. Wann fragt sie schon?
Nun ziehe ich sie in meine Zimmer – die nassen Spuren überall! –, beginne eifrig, sie mit Sachen von mir zu bekleiden, Hosen, eine Ghilala, ein Oberkleid mit Ärmeln.
Sie wirkt grotesk in meiner Kleidung, die ihr einerseits zu weit und andererseits zu kurz ist, denn sie ist ja schlanker als ich und
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