Valentina 3 - Geheimnisvolle Verführung: Roman (German Edition)
anders sein will, seine Gedanken ausdrücken, seine Zweifel frei äußern will, kümmert sich niemand mehr um einen. Dann steht man allein im Regen.
Tina hofft, dass es Karel gut geht. Sie macht sich Sorgen, warum seine Tournee abgesagt wurde und man ihn mit einem siebenjährigen Reiseverbot belegt hat. Bei ihrem letzten Besuch ist er noch der Liebling der DDR gewesen. Er war begehrt – der Wagen mit Chauffeur, die Feier nach dem Konzert – und wurde gefördert. Hatte der Kontakt zu ihr ihn ermutigt, offener zu sprechen? Sitzt er womöglich sogar im Stasigefängnis? Bei der Vorstellung ist Tina ganz elend zumute. Sie hat nichts von ihm gehört, und sie kann auch nichts über ihn herausfinden. Über die Modelagentur, mit der die Vogue in Berlin zusammengearbeitet hat, hat Tina Lotties Adresse erhalten und ihr geschrieben. Sie hat Lottie gebeten, Sabine nach Karels Adresse zu fragen, aber Lottie schrieb zurück, dass sie keinen Kontakt mehr zu ihrer Cousine habe und sie nicht mehr in Ostberlin besuche. Sie führte die Gründe nicht weiter aus, aber die Nachricht war klar: Sabine und Lottie haben sich entzweit, Lottie kann ihr nicht helfen.
Tina ist im vierten Monat schwanger. Man sieht es noch nicht, aber dennoch ist es Zeit, Karel zu sagen, dass sie ein Kind von ihm erwartet. Als Tina gemerkt hat, dass sie schwanger ist, dachte sie im ersten Moment, es wäre besser, Karel wüsste es nicht. Schließlich hat Phil sie überredet, es Karel zu erzählen. Tina kann nicht fassen, wie wunderbar Phil sich in Bezug auf die Schwangerschaft verhalten hat. Er war bereit, das Kind eines anderen Mannes aufzunehmen und wie sein eigenes großzuziehen. Nicht ein einziges Mal hatte er eine andere Möglichkeit auch nur erwähnt.
Natürlich war Phil im ersten Moment wütend gewesen. Tina hatte es ihm eine Woche, nachdem sie es selbst gemerkt hatte, gestanden. Sie ertrug es nicht länger, die Wahrheit vor ihm zu verbergen. Phil hatte sie mit allen möglichen Schimpfwörtern bedacht: Hure, Schlampe, Miststück. Er war aus der Wohnung gestürmt, und Tina hatte geglaubt, ihn nie mehr wiederzusehen. So schlecht hatte sie sich noch nie in ihrem Leben gefühlt. Sie war ins Bett gekrochen und hatte sich schluchzend unter der Decke zusammengerollt.
Aber Phil war zurückgekommen. Fünf Stunden später. Blass und aufgewühlt setzte er sich an das Bettende und gestand, auch er habe einen Fehler gemacht. Nur einmal. Es war im vorigen Jahr gewesen, als sie schon so lange nicht miteinander geschlafen hatten und er wirklich frustriert gewesen war. Eines Abends hatte er sich mit einer amerikanischen Doktorandin, die zu einem Austausch hier war, betrunken, und eins hatte zum anderen geführt. Er war verzweifelt gewesen, dass er Tina betrogen hatte, und quälte sich seither mit Schuldgefühlen.
»Bist du wütend auf mich, weil ich so ein Heuchler bin?«, fragte er besorgt. Tina hatte ihn fest in die Arme geschlossen.
»Überhaupt nicht, ich bin erleichtert. Dann bin ich nicht die einzige Sünderin!«
Sie lächelte schief und küsste ihn auf die Lippen.
»Wie kann ich dir Vorwürfe machen, nachdem ich dich die ganze Zeit abgewiesen habe? Du hattest Bedürfnisse.«
Er sah sie verlegen an.
»Das hört sich an, als sei ich ziemlich primitiv«, meinte er.
»Wenn es um Sex geht, sind wir alle ziemlich primitiv«, entgegnete sie.
»Nun, zumindest habe ich niemand geschwängert«, stellte er etwas säuerlich fest. »Ich fasse es nicht, Tina, du bist immer so vorsichtig gewesen.«
Sie schlang die Arme um ihre Knie und sah ihn traurig an.
»Ich weiß nicht, wie ich so dumm sein konnte … Es tut mir wirklich leid, Phil.«
Er legte einen Arm um sie.
»Es tut mir auch leid, dass ich dich betrogen habe«, flüsterte er.
Nachdem Phil die ganze Geschichte mit Karel kannte, hatte Tina das Gefühl, dass ihr Geliebter eher Mitleid als Eifersucht für seinen Rivalen empfand.
»Armer Kerl, ganz offensichtlich wusste er nicht, worauf er sich einlässt, als er dir begegnet ist.«
»Wie meinst du das?«
»Du hast wirklich keine Ahnung, welche Wirkung du auf Männer hast, oder?«
»Komm schon, Phil, ich bin doch keine Femme fatale. Ich bin eine ganz normale Frau.«
Er hatte sie zu sich herangezogen, fest die Arme um sie gelegt und sie mit ernsthafter Miene angesehen.
»Tina Rosselli, du bist anders als jede andere Frau, der ich je begegnet bin.«
Er küsste sie auf die Stirn und wirkte einen Augenblick nachdenklich.
»Tina, du solltest ihm sagen, dass
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