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Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Titel: Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
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nicht. Ferenc war mit einer dicken rothaarigen Frau verheiratet und sie hatten ein paar rothaarige, noch dickere Kinder.
    Manche sagten, Ferenc sei so naiv wie ein Kleinkind, aber er war fast zwei Meter groß und bekannt dafür, dass er gewalttätig wurde, wenn man ihn provozierte. Einmal hatte er einem norwegischen Trekker den Arm gebrochen. Ferenc war schon ganz unruhig, so, als halte er Ausschau nach jemandem, den er verprügeln konnte. Die Männer wurden still und blickten auf ihre Füße.
    »Und jetzt hört zu«, fuhr Ibolya fort. »Vor sechs Jahren haben wir ihn gewählt, und wo ist er seitdem überall gewesen?«
    Die Männer überlegten, diskutierten und antworteten dann.
    »Das wären also sechsundzwanzig Reisen in sechs Jahren. Sag, Ferenc, wie oft bist du in den letzten sechs Jahren verreist?«
    Ferenc sah zu den Dachsparren hinauf.
    »Keinmal«, sagte er.
    »Denk genau nach.«
    »Einmal war ich zum Jagen. Dazu bin ich aber nur ins Nachbardorf. Das ist drei Jahre her.«
    »Und die anderen?«
    Keiner antwortete.
    »Der Bürgermeister ist jedes Jahr vier Mal verreist und keiner von uns hatte etwas davon.«
    Ein Mann richtete sich auf. »Das stimmt nicht! Wir haben jetzt die Hundefutterfabrik.«
    Ein anderer wandte ein: »Dort arbeiten nur sechzehn Leute, und das Hundefutter ist unerschwinglich.«
    »Aber die Fabrik hat er zustande bekommen, so wie er es versprochen hatte.«
    »Und jetzt hat er uns die Koreaner gebracht, mit ihrer Fernsehfabrik!«
    Die Männer nickten und begannen hoffnungsfroh zu schwatzen. Nicht einmal Ferencs wütender Blick konnte sie im Zaum halten. Koreanische Fernseher. Hergestellt in ihrem Dorf.
    Ibolya hatte einen Dämpfer bekommen. Die Männer im Dorf, der Töpfer, der Bürgermeister und ihre Kunden brachten sie noch um den Verstand.

V
     
    W arum der Töpfer einen Wasserkrug für Valeria machte, konnte er nicht sagen. Es hatte sich so ergeben. Er konnte auch nicht sagen, warum er nichts für Ibolya angefertigt hatte, mit der er schon seit ein paar Monaten zusammen war. Ihm hatte einfach die Inspiration gefehlt.
    »Ob ich versuche, Eindruck auf diese Frau zu machen?«, dachte er im Stillen. Er wusste es nicht, hielt es aber für möglich.
    Die Gestaltung des Wasserkrugs war zeitaufwendig gewesen. Er war schwarz, mit einer Girlande aus zweieinhalb Zentimeter großen Paprikaschoten, die er einzeln gearbeitet und angebracht hatte. Dazu hatte er jede Schote vorher an der Rückseite mit dem Messer einkerben müssen und dann die Stellen am Krug, an denen er sie haben wollte.
    Als der Krug und die Paprikaschoten fast trocken waren, trug der Töpfer eine kremige Lösung aus nassem geschlämmten Ton auf die aufgerauten Gefäßwände und drückte die eingekerbten Seiten der Paprikaschoten daran. Jede einzelne Schote befestigte er so. Dann bearbeitete er den zähen Ton der Gefäßwand und glättete alle Risse und Unebenheiten. Danach verband er die Paprikastiele mit Fä den aus Ton zu einer Girlande. Er brauchte Stunden dafür. Durch die Paprikaschoten kam die Schönheit des Krugs erst richtig zur Geltung – der Töpfer trat immer wiedereinen Schritt zurück und starrte auf sein Werk. Er legte die Hand auf die kühle Wölbung und streichelte den Krug, liebkoste den Hals mit dem Finger. Er staubte den Hals mit einem feinen Pinsel ab und drückte die Tülle. Dabei dachte er an die Frau, der er den Krug schenken wollte.
    »Wunderbar«, seufzte er im Stillen. »Mag sein, dass ich diese Frau beeindrucken will. Aber ist das so schlimm?«
    Er brachte die letzte Paprikaschote unter der Tülle an. Dann gähnte er und räkelte sich. Der Tag war vorbei und er legte sich schlafen.
    Als der Töpfer am nächsten Morgen aufwachte, ging er sofort zu seinem Krug und prüfte mit dem Finger, ob er auch fest war. Er schlug mit einem Bleistift daran, entfernte ein wenig Staub mit dem Pinsel, sah, dass der Krug trocken war, und stellte ihn in den Brennofen.
    Wenn er den Krug schwärzen wollte, wie er es Valeria versprochen hatte, brauchte er genug Kohle, denn Ruß und Sauerstoffentzug waren dabei das A und O.   Rauch musste den Krug umwirbeln und Asche musste ihn einhüllen. Er zündete das Feuer an und sah zu, wie die Flammen größer wurden. Es dauerte eine Weile, bis sich Rauch entwickelte, doch nach zehn Minuten war der Krug von dichtem schwarzen Rauch umhüllt. Durch die Konvektionsströme wirbelte der rußige Rauch um den Krug. Er sah auf die Uhr. Er würde den Krug ein paar Stunden im Ofen lassen, das

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