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Vampirdämmerung / Roman

Vampirdämmerung / Roman

Titel: Vampirdämmerung / Roman
Autoren: Sharon Ashwood
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Den Frieden unter der übernatürlichen Bevölkerung von Fairview zu sichern konnte reichlich stressig sein, und er nahm seine Arbeit grundsätzlich nicht mit nach Hause, wenn er es irgend vermeiden konnte. Holly war eine besondere Frau und eine mächtige Hexe, aber selbst ihre Belastbarkeit kannte Grenzen. Und Köpfungen oder Zerstückelungen eigneten sich nicht als angenehmes Bettgeflüster.
    Im böigen Wind wurden Abfall und Laub raschelnd durch die Rinnsteine geblasen. Fußgänger gingen in Zweier- oder Dreiergrüppchen zu den Parkhäusern, denn die ersten Abendvorstellungen im Kino waren zu Ende. Mit seinen scharfen Augen konnte Alessandro mühelos die Straßenräuber ausmachen, die in ihren Verstecken lauerten – einer Seitengasse, einem Hauseingang, einem unbeleuchteten Flecken.
    Fast wünschte er sich, einer von ihnen würde ihn attackieren, was natürlich nie geschähe. Nicht einmal der letzte Abschaum war so dämlich, einen Vampir mit Breitschwert anzugreifen. Untot zu sein hatte seine Vorteile. Das Stadtviertel, in dem die übernatürlichen Bürger ihre Geschäfte betrieben, wies sogar eine verblüffend niedrige Verbrechensrate auf. Dennoch hatten einige Zeitungen es anfangs »Spookytown« getauft, und der Name hielt sich hartnäckig. Was nichts daran änderte, dass die Kaufleute dort die Störenfriede kurzerhand auffraßen, und die Polizei beklagte sich selten darüber.
    Der Gedanke an die Polizei brachte Alessandro wieder auf Macmillan – Mac, wie er sich lieber ansprechen ließ. Alessandro und er waren nie Freunde gewesen, aber sie hatten sich einmal gegenseitig respektiert. Der Detective war mit seiner Arbeit bei der Abteilung für übernatürliche Vergehen gnadenlos überfordert gewesen. Aber welcher Mensch war das nicht? Und er hatte sich besser geschlagen als die meisten anderen … Bis Geneva ihn mit ihrem Dämonenschmutz infizierte.
    Und es nagt nach wie vor an ihm. Er kämpft dagegen, doch er wird verlieren.
    Ja, Magie mochte das meiste von dem Dämon in Mac weggesprengt haben. Nur handelte es sich um eine extrem bösartige Infektion. Blieb auch bloß der winzigste Rest intakt, wucherte sie von dort aufs Neue los, breitete sich aus und übernahm den Wirt, der zu einer seelenfressenden Maschine wurde, einem Supermonster. Das war lediglich eine Frage der Zeit.
    Traurig, aber nun ist er eine Bedrohung wie jeder andere. Eine Aufgabe, die erledigt werden will. Arbeit.
    Alessandro hätte seinen rechten Reißzahn für eine schönere Lösung als Schwert oder Kerker gegeben. Dennoch durfte er nicht dastehen und die Hände ringen, während Macmillan beständig böser wurde und die halbe Stadt auffraß. Das war definitiv keine Option.
    Sein Handy klingelte, und er ging ran.
    »Hi«, sagte Holly. Selbst die eine Silbe klang müde.
    »Hi, Liebes«, antwortete er. Sogleich veränderte sich seine Sicht der Welt, als hätte jemand das Diakarussell zum nächsten Bild weitergeklickt.
Benutzt heute noch jemand solche Karussells?
    »Hast du Mac gefunden? Taugte der Tipp aus dem Radio was?«
    Alessandro seufzte. »Ja, ich habe ihn gefunden.«
    »Mist!«, fluchte sie leise. »Hast du …«
    »Nein. Ich habe ihn in die Burg verfrachtet.«
    »Aha.« Das hörte sich ganz klar zwiegespalten an. Holly hatte Mac gemocht. Sie hatte sich sogar einmal mit ihm verabredet.
    Ein längeres Schweigen trat ein. Alessandro ging weiter, doch im Geiste war er bei Holly, malte sich aus, wie sie das Telefon auf diese ihr eigene Art unter ihr Kinn geklemmt hatte. Sie hielt sich in der Küche auf, wie er am Ticken der Wanduhr im Hintergrund erkannte.
    Schließlich sagte sie etwas. »Die Burg. Gütige Hekate, ich weiß nicht, was schlimmer ist: dort zu sein oder … tot.« Da lag kein Anflug von Kritik in ihren Worten. Es war eine mitfühlende Äußerung.
    »Das weiß ich auch nicht. Aber er ist immer noch infiziert.«
    »Göttin!« Wieder machte sie eine längere Pause, um es zu verarbeiten. »Wann kommst du nach Hause?«
    »Jetzt.«
    »Schön. Ich kann Gesellschaft gebrauchen.«
    Ohne weitere Erläuterungen beendete sie das Gespräch. Und auf einmal wirkte die Nacht ungleich leerer. Alessandro beschleunigte seine Schritte. Ihm behagte es nie, Holly allein zu Hause zu wissen, auch wenn sie alles andere als hilflos war. Aber sie bedeutete ihm schlicht zu viel, als dass er sich nicht hätte sorgen können.
    Und es gab reichlich Anlass zur Sorge. Zum einen waren da die Höllenhunde, die ihren Posten am Burgtor zunehmend weniger ernst
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